Herr Müller wird zum Vertriebsprofi. Pellegrino Tornetta

Herr Müller wird zum Vertriebsprofi - Pellegrino Tornetta


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wenn ich heute Abend wieder nach Hause komme!“

      Er lachte. „Dann bin ich beruhigt!“

      Ich stellte den Koffer ab und nahm Platz.

      „Reisen Sie gerne?“, fragte ich Herrn Müller, nachdem wir den Kaffee getrunken hatten und er mich ein wenig upgedatet hatte, was sich seit dem letzten Jahr bei ihm im Unternehmen ereignet hatte.

      „Oh ja, und wie. Ich hätte am liebsten mindestens 8 Wochen Urlaub im Jahr! Meine Frau und ich schauen uns gerne neue Orte und Gegenden an.“

      „Da geht es Ihnen wie mir“, sagte ich. „Darf ich den benutzen?“ Ich zeigte auf einen Beistelltisch in meiner Nähe. Herr Müller nickte, ich stand auf, legte den Lederkoffer vorsichtig darauf ab und drehte ihn so zu mir, dass ich gut hineingreifen konnte, Herr Müller aber nicht erkennen konnte, was im Koffer war. Ich nahm einen kleinen Globus heraus.

      „Unser Ziel, die gemeinsame Optimierung Ihres Vertriebs, würde ich Ihnen gern zum Start bildlich vorstellen“, sagte ich und drehte den Globus, sodass die verschiedenen Länder sichtbar wurden. „Unsere Welt hat mehrere Kontinente, viele verschiedene Länder, unterschiedliche geografische Formen. Es gibt Länder mit Bergen und es gibt sehr flache Länder. Es gibt Länder mit viel Wasser und Länder, in denen das Wasser manchmal sehr knapp ist. Wie zum Beispiel im Sommer in meiner Heimat Sizilien.“

      Herr Müller nickte. Ich fuhr fort. „Es gibt heiße Länder und Länder, in denen es kühl oder sogar eisig ist. Die Menschen sehen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich aus, haben andere Kulturen und andere Lebensweisen. Die Welt, in der wir leben, hat die unterschiedlichsten Facetten.“

      „Das macht sie ja auch interessant“, stimmte mir Herr Müller zu.

      „Ganz genau“, erwiderte ich. „Wenn wir das auf unsere Vertriebswelt übertragen, wird es allerdings dadurch auch sehr komplex und wir verlieren wichtige Aufgaben aus dem Auge – weil es so viele verschiedene Aufgaben sind. Darum werden wir beide unser Augenmerk auf 5 verschiedene Länder der Vertriebswelt richten.“

      Herr Müller sah mich fragend an.

      „Es wird gleich deutlicher“, versicherte ich ihm, griff in den Koffer und holte eine Postkarte heraus, die den Dalai-Lama zeigte. Herr Müller versuchte neugierig, einen Blick auf die anderen Dinge zu erhaschen, die sich noch im Koffer befanden: eine Miniatur-Nachbildung des Brandenburger Tors, eine kleine Vespa, eine Karte, auf der die isländische Fußball-Nationalmannschaft abgebildet war, und als Letztes ein Grizzlybär aus gegossenem Plastik, der eine weiß-rote Fahne mit einem Ahornblatt schwenkte. „Auf alle diese Dinge und die dazugehörigen Länder und Themen für Ihre erfolgreiche Vertriebswelt gehen wir in den anderen Coaching-Tagen ein“, sagte ich.

      Ich legte Herrn Müller die Postkarte auf den Tisch, die den Dalai-Lama zeigte. „Aus welchem Land stammt der Dalai-Lama?“, fragte ich. „Aus Tibet“, antwortete Herr Müller.

      „Was könnte der Dalai-Lama mit unserem Thema zu tun haben?“, fragte ich.

      Herr Müller schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht. Vielleicht … Auch ein Mensch wie der Dalai-Lama muss seine Botschaft vermarkten?“

      „Stimmt“, sagte ich. „Doch worauf ich hinauswill, ist: Der Dalai-Lama spricht über Bewusstsein. Und diese Ebene ist eine wichtige Ebene, die oft vernachlässigt wird, wenn im Vertrieb der Schwerpunkt nur auf das reine Verkaufen gelegt wird. Vertrieb ist mehr als nur das Verkaufen von Produkten oder Dienstleistungen. Was genauso wichtig ist, ist die vertriebliche Bewusstseinsebene, auch innere Vertriebswelt genannt“, erklärte ich. „Sie bildet die Basis für alle Ebenen, die folgen. Dieser Ebene widmen wir daher auch unseren ersten Coachingtag. Haben Sie denn Lust auf unsere kleine Weltreise in den 5 Tagen, die wir haben?“, fragte ich ihn.

      Herr Müller lachte. „In 5 Tagen um die Welt – ich bin dabei!“

      „Prima, dann zeige ich Ihnen jetzt die konkreten Inhalte der ersten Ebene, und wir machen eine kurze Selbsteinschätzung. Erinnern Sie sich noch an die Spinne?“ Ich reichte ihm ein Blatt Papier mit einer „Erfolgsfaktoren-Spinne“.

      Wenn Sie, lieber Leser, liebe Leserin, bereits mein Buch „Herr Müller wird zum Führungsprofi“ gelesen haben, dann kommt Ihnen die Spinne bekannt vor. Wir nennen sie beim Thema Führung die „Führungskompetenz-Spinne“. Hier im Vertrieb nennen wir sie die „Vertriebskompetenz-Spinne“. Herr Müller nickte. „Oh ja, ich erinnere mich.“ „Diese sogenannte ‚Spinne‘ ist auch im Vertrieb eines unserer wichtigsten Werkzeuge“, erklärte ich.

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      „Im Moment sind die einzelnen ‚Beine‘ der Spinne noch leer, doch wir werden sie gleich gemeinsam ausfüllen, und zwar heute für die erste Ebene, die Bewusstseinsebene im Vertrieb. In der Mitte des ‚Spinnennetzes‘ – im Schnittpunkt – ist die Null. Die äußere Linie des Kreises repräsentiert die 100 Prozent. Es geht für Sie gleich darum, spontan einzuschätzen: Wo sehen Sie sich in den einzelnen Punkten, wie stark sind Sie hier schon, prozentual, von Ihren Fähigkeiten und Ihrem Wissensstand her?

      Weiterhin lesen wir auch gleich Ihre persönlichen Entwicklungspotenziale in der Spinne ab. Denn wo befinden sich Ihre stärksten Entwicklungspotenziale?“, fragte ich nach.

      „Da, wo die Spanne zwischen 0 und 100 Prozent am größten ist“, antwortete Herr Müller.

      „Ganz genau“, sagte ich. „Und genauso verhält es sich auch hier beim Thema Vertrieb: Wir können an der Spinne genau ablesen, wo wir selbst gerade stehen, worin wir stark sind. Und genauso, wo wir noch Entwicklungspotenzial haben. Die Spinne ist unser Spiegel. Wenn wir in einem Bereich bereits über 30 Prozent von 100 Prozent verfügen, dann sagt uns das: 70 Prozent fehlen noch. Doch wir können es auch so sehen“, erklärte ich, „wenn 100 Prozent 10 konkrete Eigenschaften wären, dann verfügen Sie ja bei 30 Prozent immerhin schon über 3 Eigenschaften in diesem Bereich! Dieser Blickwinkel lenkt unseren Fokus nicht nur auf vermeintliche Defizite, sondern auch auf unsere bereits vorhandenen Qualitäten.“

      „Ja, das gefällt mir gut“, sagte Herr Müller.

      „Prima. Ich habe Ihnen hier für die vertriebliche Bewusstseinsebene bereits 8 Unterpunkte notiert, um die es geht. Diese 8 Punkte sollen es Ihnen ganz leicht machen, die Spinne auszufüllen. Es wird jeweils nur wenige Minuten dauern. Sie lesen bitte die Punkte 1 bis 8 und tragen dann am jeweiligen Strahl die Prozentzahl ein, wie stark Sie sich derzeit in dem Bereich einschätzen. 10 Prozent steht für ‚weniger stark‘, 100 Prozent für ‚sehr stark‘.“

      Herr Müller hatte verstanden, wie ich sah. Er las laut vor:

       8 Erfolgsfaktoren für die vertriebliche Bewusstseinsebene:

      1. Blickwinkel und Einstellung

      2. Zielklarheit

      3. Vertriebstechniken

      4. Fachkompetenz

      5. Vorbereitung

      6. 4-K-Konzept

      7. Motiv und Motivation

      8. Vertriebsstrategie

       „Wie schätzen Sie sich in den 8 Faktoren selbst ein auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent?“

      Herr Müller nahm einen Stift zur Hand und beschriftete die 8 „Beine“ der Spinne im Uhrzeigersinn. Bein 1 entsprach dem Punkt „Einstellung“, Bein 2 dem Punkt „Zielklarheit“ usw.

      Er brauchte nur etwa 10 Minuten zum Ausfüllen und genauso soll es auch sein: Die Spinne spiegelt zunächst unser Bauchgefühl wider. Während man an einzelnen Themen gezielt und in der Tiefe arbeitet, verdichtet sich dieses Bauchgefühl. Und im Anschluss an ein Coaching kann dann eine noch tiefergehende Selbsteinschätzung vorgenommen werden. Doch dieses erste Bauchgefühl ist genauso wichtig. Es zeigt uns, wo wir „gefühlt“ stehen.

      


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