Mein Speck kommt von eurem Dreck!. Imre Kusztrich
Medikamente wie Antibiotika, Umweltgifte, chemisch wirkende Fremdstoffe in der Nahrung hemmen vermutlich günstiger wirkende Mikroben und fördern die Ausbreitung von böseren Mitbewohnern. Die Zusammensetzung startet im Augenblick der Geburt. Ob per Kaiserschnitt oder durch den Geburtskanal bedeutet bereits die erste Weichenstellung. In jedem menschlichen Verdauungssystem bildet sich ein ganz individuelles Darm-Mikrobiom, unverwechselbar wie ein Fingerabdruck. Jede einzelne falsche Mischung wird auf eigene Weise zum Risiko, an einem der gefürchteten chronischen und nicht-übertragbaren Leiden zu erkranken, an Fettleibigkeit, Diabetes, Depression, Rheuma, Multiple Sklerose, Darmentzündung und viele mehr.
Umgekehrt verändern Krankheiten die Leistung der Krankheitsabwehr zum Schlechteren, auch an weit entfernten anderen Organen, und beeinflussen ebenfalls die Zusammensetzung der Darmbakterien.
Die Wissenschaft sucht nach den bösen Darmbewohnern und will sie zu Gunsten der besseren zurückdrängen. Schlechte Ernährung hat eine große Rolle. Das zeigen Veränderungen der Darmflora und eine damit verbundene Häufigkeit spezieller Krankheiten durch Umstellung traditioneller Kost auf westliche Ernährungsgewohnheiten. Beispielsweise wenn asiatische Bevölkerungsgruppen auswandern, etwa zu Verwandten im amerikanischen Hawaii.
Forschungsergebnisse lassen hoffen, dass durch eine intelligente Nahrungswahl das Darm-Mikrobiom von außen moduliert werden kann. Aus der Darmflora als Ursache von Erkrankung soll eine Quelle der Gesundheit werden. In diesem Zusammenhang werden Probiotika und Präbiotika am häufigsten genannt.
Das bringt uns zu dem Stichwort 3D-Drucker. Die damit verbundene Technologie besteht aus dem schichtartigen Aufbau aus flüssigen oder festen Werkstoffen. Einzelne Lagen haben die Dicke eines Hundertstel Millimeters und ergeben am Ende ein konkretes Erzeugnis. Auch unser Darm-Mikrobiom entsteht wie aus einem biologischen 3D-Drucker. Unsichtbar, unmerklich, unaufhörlich. Nicht allein aus jedem einzelnen Bissen, aus jedem Schluck. Viele Dutzende, wenn nicht Hunderte weitere Einflüsse wirken mit. Vermutlich besonders prägend sind die ersten Lebensjahre. Das Ergebnis ist nahezu unumkehrbar! Die Bakterien entwickeln im Laufe der Zeit eine Art Gedächtnis, eine Beharrlichkeit, von der sie sich später nicht so einfach durch ein paar Becher Naturjoghurt abbringen lassen.
Mut machen Erkenntnisse der Anti-Aging-Medizin oder Präventionsmedizin zur Rolle sekundärer Pflanzenstoffe. Viele unserer Mikronährstoffe dienen im Königreich der Natur als chemische Abwehrstoffe gegen Fressfeinde und andere Gefahren und haben nach Verzehr auch für uns Menschen einen hohen Stellenwert. Besondere Unterstützung leisten sie gegen viele Faktoren, die unser Gewicht ansteigen lassen, unabhängig von den Kalorien.
Die Anti-Übergewichtseffekte von Tomate, Karotte, Mais & Co.
Reden wir von Carotinoiden.
Gelbrote Farbstoffe der Pflanzen entstehen in den Ölen und Fetten. Wenn in diesem Zusammenhang jetzt gleich von Karotte, Paprika und Tomate die Rede ist, werden Sie es vielleicht nicht glauben. Öle? Fette? Aber es ist schon so. Eine 60 Gramm schwere Karotte enthält etwa ein Tausendstel ihres Gewichts als Pigmentstoff in Form von Fettsäuren, 0,06 Gramm. Solche Winzigkeiten genügen, um in der grünen Apotheke der Natur Wirkungen zu erzielen.
Zu den bekanntesten fetthaltigen Farbstoffen in der Natur zählen die Carotinoide. Pflanzen inklusive Algen erzeugen an die 750 Versionen davon und 40 bis 50 kommen in unseren Früchten und in Gemüse mit gelborangeroter Farbe vor. Von den Mikronährstoffen Carotinoide ist für uns ein halbes Dutzend am interessantesten, wozu Carotin, Lycopin, Lutein und Zeaxanthin zählen. Alle diese Pigmentstoffe stoppen in Pflanzen sehr wirksam gezielte Entzündungen, nachdem durch sie Bakterien, Viren und Pilze entschärft worden sind. Außerdem fungieren sie als Antioxidanzien.
Genau das Gleiche spielt sich durch Carotinoide nach Verzehr auch in unserem Körper ab. Im menschlichen Organismus beenden diese und weitere anti-entzündliche Mikronährstoffe unter bestimmten Voraussetzungen chronische Entzündungsprozesse des Immunsystems.
Sinnvoll ist ein Blick auf die Zelle und auch hinein. Sie ist in jedem Organismus die kleinste komplette Lebenseinheit. Für die menschliche Zelle bedeutet das in erstere Linie: der Zellkern mit den Erbanlagen, die Kraftwerke zur Erzeugung der speziellen Energieform ATB und die schützenden Zellwände. An den Außenwänden besitzt die Zelle unterschiedliche Andockstationen für Hormone und weitere Substanzen. Entweder empfangen sie Informationen und leiten sie in das Zellinnere weiter. Oder sie lassen den Botenstoff selbst passieren. Rezeptoren zählen zu den wichtigsten Werkzeugen der Kommunikation. Sie sind Knotenpunkte für Mikronährstoffe und leider auch für strukturell ähnliche Schadstoffe.
Durch Maßnahmen gegen inflammatorischen und auch gegen oxidativen Stress können ausgewählte Pflanzensubstanzen der Entstehung vieler Krankheiten vorbeugen, nämlich Arteriosklerose, Krebs, Alzheimer, Parkinson, Grauer Star, Parkinson, Rheuma und sogar Krebs. Seit erst ein, zwei Jahrzehnten ist der Wissenschaft bewusst, dass Carotinoide mit den für sie typischen Eigenschaften auch einen Anti-Übergewichtseffekt bewirken.
Die Zusammenhänge sind erforscht. Wenn ein Organismus von chronischen Entzündungen verschont wird oder wenn sie durch Carotinoide eingedämmt werden, wirkt auch das Hormon Insulin besser. Und der Austausch über die aktuelle Lage zwischen Fettgeweben und Gehirn funktioniert ungestört. Das macht die Entstehung einer Zuckerkrankheit weniger wahrscheinlich. Diabetes, Dicksein und Depression bilden gemeinsam eine dreifache Bedrohung für den Stoffwechsel.
Außer diesen Vorteilen werden einige Carotinoide im Körper zu dem lebensnotwendigen Vitamin A umgewandelt.
Das alles müsste genügen, so dass wir uns täglich bewusst für Karotten und für mit vergleichbaren Mikronährstoffen ausgestattete Tomaten, Paprika, Mais, Kohl, Spinat, Kürbis, Bohnen, Orangen, Nektarinen, Wassermelonen, Avocado und Eigelb und mehr entscheiden! Sie alle sind reich an Carotinoiden. Dazu kommt es im Alltag von Millionen Menschen aber nicht, weil in allen entscheidenden Schichten der Konzerne und Eliten zu wenig Interesse besteht, über solche Potenziale zu informieren und die Gesellschaft zu mehr Gesundheit zu leiten.
Schon gar nicht interessiert daran ist die Nahrungsmittelindustrie. Sie tritt nicht gerade als Freund von Karotten, Tomaten und Mais in Erscheinung.
Aber auch die Gesundheitspolitik bleibt unbeachtet ihres Auftrags, für das Wohl der Bevölkerung zu sorgen, untätig, obwohl schon im Jahr 2006 eine Nachricht im „British Journal of Nutrition“ einen Zusammenhang von Übergewicht und einem Mangel an Carotinoiden aufdeckte: Je niedriger der Spiegel dieser pflanzlichen Farbstoffe im Blut sinkt, desto höher steigt der Body Mass-Index [1].
Eine mitreißende Aufklärung von Übergewichtigen wäre übrigens doppelt notwendig gewesen. Ein Mangel wird nämlich umso wahrscheinlicher und größer, wenn Frauen und Männer aus Angst um ihr Gewicht fetthaltige Lebensmittel verbannen. Denn die Carotinoide können Entzündungen und Zerstörung durch freie Sauerstoffradikale besser entgegenwirken bei gleichzeitig verzehrtem Fett. Sie wandern nämlich in Fett ein und verbinden sich damit, während die meisten übrigen Nährstoffe sich in Wasser auflösen. Deshalb ist eine extrem fettarme Kost für Übergewichtige kontraproduktiv.
Der kluge Körper häuft die mit den Fetten kooperierenden Mikronährstoffe logischerweise genau dort an, wo er auch Fett in großen Mengen bereithält: in den Fettgeweben und in der Leber. Auch deshalb hätte der typische Mangel an Carotinoiden bei Übergewicht längst als wichtiger Hinweis begriffen werden müssen. Fettgewebe sind der bedeutendste Speicherplatz für diese überaus wichtigen Carotinoide aus Tomaten, Mais & Co. Umgekehrt ist bei einem derartigen Mangel jede einzelne Fettzelle der entscheidende Tatort in der Entwicklung von Fettleibigkeit.
Eine Gruppe von Biologen in Marseille, Frankreich, hat am 11. Juli 2019 die Versäumnisse der Vergangenheit durch eine äußerst aufschlussreiche Veröffentlichung mit der Überschrift „Anti-Übergewicht Effekt von Carotinoiden: Direkter Einfluss auf Fettgewebe und vom Fettgewebe ausgehende Wirkungen“ wettgemacht [2]. Die wichtigsten Aussagen: Fettgewebe informieren über ihren Zustand mit der Freisetzung von etwa 50 stark chemisch wirkenden Hormonen und Wachstumsfaktoren das Gehirn. Gleichzeitig