Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

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Anflug von abgrundtiefem Hass, der sich gegen Admiral Michalew richtete. Dieser verdammte Dreckskerl zerstörte die Karriere einer Offizierin, die nichts falsch gemacht hatte, außer ihrer Ehre entsprechend zu handeln. »Aber jetzt sind Sie hier.«

      »Nun bin ich hier.« Ishida wandte ihren Blick Jayden zu. »Sie können sich zweifellos vorstellen, wie überrascht ich davon war. Admiral Sjöberg wollte Michalew wohl ordentlich eins auswischen.« Sie lachte auf. »Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen.« Schlagartig wurde sie wieder ernst. »Doch jetzt sind auch Sie eines seiner Ziele. Er wird Sie loswerden wollen, um einen Captain seines Vertrauens auf den Posten zu hieven.«

      Stille.

      Forschend blickte Ishida ihm in die Augen.

      »Danke für Ihre Offenheit, I.O. Wir stehen diesen Kampf gemeinsam durch. Immerhin«, er deutete auf den Glaskasten in der Ecke seines Bereitschaftsraums, in dem ein goldener Orden hing, »bin ich ein Held, der sogar mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet wurde. Da sollte Admiral Michalew doch kein Problem darstellen. Zu irgendetwas muss das Ding doch gut sein.«

      Ishida atmete erleichtert auf. »Danke, Sir.«

      Damit erhob sie sich und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

      Als das Schott hinter ihr einrastete, schloss Jayden für einen Augenblick müde die Augen.

      Admiral Michalew war einer der schlimmsten Kriegstreiber, nein, er war der schlimmste Kriegstreiber der Admiralität. Wenn er es sich zum Ziel machte, Jayden zu demontieren, um Ishida zu vernichten, stand es wirklich schlecht. Allerdings hatte Jayden ihm durch den Kampf im Elnath-System in die Hände gespielt. In der Admiralität würde es nach ihrer Rückkehr hoch hergehen.

      Und dabei fange ich gerade damit an, mich an diesen Bereitschaftsraum zu gewöhnen. Wer kam nur auf diese hässliche Wandfarbe?

      In wenigen Tagen erreichten sie die Erde. Dann würde sich zeigen, ob sein Kommando noch eine Zukunft hatte.

      *

      »Nehmen Sie Platz, Captain.« Admiral Sjöberg bedeutete ihm, sich zu setzen. »Ich habe Ihren Bericht mittlerweile gelesen. Bedauerlicherweise bin ich da nicht der Einzige. Sie haben ein ganz schönes Beben ausgelöst.«

      Jayden schlug die Beine übereinander und sah den Admiral gelassen an. Er hatte das Richtige getan. »Es war nicht meine Absicht, mit meiner ersten Mission derart ins Rampenlicht zu rücken.«

      »Das glaube ich gern.« Sjöberg lachte auf. »Aber das haben Sie allerorts geschafft. Glücklicherweise hat alles ein gutes Ende genommen. Die Hardliner, die ja sowieso gegen die Parliden sind, haben Sie heute ausnahmsweise auf Ihrer Seite. Immerhin konnten sie einen feindlichen Akt der Parliden abwehren und ein Artefakt erbeuten. Jetzt liegt es an den Politikern, die Wogen zu glätten. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden.«

      »Der erste Schuss wurde nicht von mir abgegeben, Sir.«

      »Das weiß ich, Captain. Und zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass es keinen neuen Krieg geben wird. Die Parliden haben für ihren Angriff bitter bezahlt.« Sjöberg atmete schwer aus. »Momentan steht die Mehrheit der Admiralität geschlossen hinter Ihnen. Genau wie die Öffentlichkeit. Sie sind noch immer ein Held. Aber nehmen Sie sich in Acht: Admiral Michalew ist auf Sie aufmerksam geworden. Er mag gegen die Parliden sein, doch er hat ein tiefgehendes Interesse an ihrer I.O.«

      »Sie hat es mir erzählt.«

      Überrascht weiteten sich Sjöbergs Augen. »Dann hält sie zweifellos eine Menge von Ihnen. Sie hat nur mit einer Handvoll Menschen über die Hintergründe gesprochen.«

      Jayden nickte. »Es ist eine verdammte Schweinerei, dass Michalew mit dieser Sache davongekommen ist.«

      »Und es zeigt, wie viele Freunde er in der Politik und der Admiralität noch immer hat. Unterschätzen Sie ihn nicht. Er ist ein gewiefter Taktiker und weiß genau, was er will.«

      »Und was will er?«

      Sjöberg winkte ab. »Lassen wir dieses Thema für heute. Es gibt Wichtigeres. Ein Team aus Spezialisten wird das Fraktal in den nächsten Tagen bergen. Es wird zur Wissenschaftsakademie auf dem Mars gebracht. Genauer, in eine stillgelegte Station im Niemandsland.«

      Immerhin nahmen sie seinen Bericht also ernst. Das Niemandsland – das ewige Mahnmal der Freeman-Diktatur – würde wohl niemals wieder besiedelt werden. »Fanden die Wissenschaftler schon weitere Hinweise?«

      Sjöberg verneinte. »Etwas Ähnliches findet sich in keiner Datenbank. Was immer es auch ist, es wird noch einige Zeit dauern, bis wir mehr darüber wissen. Aber es ist dem Zugriff der Parliden entzogen, das ist das Wichtigste.«

      »Das sehe ich auch so, Sir.«

      »Dann kehren Sie jetzt auf die HYPERION zurück, Captain. Die Werftcrew von Jupiter-2 wird sicher noch einige Wochen benötigen, bis die Schäden beseitigt sind.«

      »Zeit genug, den Stapel an Papierkram abzuarbeiten.«

      »Und das sind doch die wahren Herausforderungen.« Sjöberg lachte auf. »Aber ich bin sicher, Sie meistern auch das.«

      Jayden nickte seinem Vorgesetzten zum Abschied zu, dann verließ er dessen Büro. Als das Schott hinter ihm einrastete, atmete er erleichtert auf. Das war doch deutlich besser gelaufen als vermutet.

      *

      »Ob das eine gute Idee war?« Admiral Pendergast trat an das weite Fenster des Büros. Von hier aus konnte sie die Ausläufer der Landungspods sehen, die aus der Mitte von SOL-22 zu allen Seiten hin entsprangen. »Sie können Cross nicht ewig beschützen, Björn.«

      Admiral Sjöberg erhob sich und trat zu ihr. »Nicht ewig, aber sicher noch ein Weilchen. Michalew wird es nicht wagen, ihn direkt anzugreifen. Noch nicht.«

      »Nein, da haben Sie vermutlich recht. Cross rettete immerhin eine ganze Kolonie. Und nun besiegte er drei Parlidenschiffe und brachte uns dieses Ding. Zum jetzigen Zeitpunkt ist er unangreifbar. Was vermutlich hauptsächlich daran liegt, dass Sie all seine Erfolge an die Presse weiterleiten. Nein, versuchen Sie erst gar nicht, es abzustreiten. Wir beherrschen dieses Spiel beide einfach zu gut. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass Cross die Seiten wechseln könnte?«

      Sjöberg lachte. »Welche Seiten? Cross ist ein Captain. Denken Sie doch zurück an jene Zeit auf der Brücke eines Schiffes, Captain. Dort draußen ist Politik völlig bedeutungslos.«

      »So war es vielleicht einmal.« Sie schüttelte den Kopf, wodurch ihr brauner Pferdeschwanz hin und her wippte. »Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Die Welt ist kompliziert geworden. Wenn Michalew eine Zielscheibe auf Cross’ Stirn malt, hat der doch selbst durch unser Protegieren keine Chance.«

      »Unsere?«

      Santana ignorierte Sjöbergs Einwurf. »Aber wenn unser Wunderknabe auf Michalews Seite wechselt, wird er aufsteigen wie ein Komet.«

      Sie wusste selbst nicht so genau, was sie eigentlich von Captain Cross halten sollte. Er besaß Mut und Idealismus. Beides Dinge, die in der heutigen Zeit viel zu wenigen Offizieren zu eigen waren. Doch würde ihm das auf Dauer nützen? Schon andere seiner Art waren gescheitert an der harten Realität der Space Navy, die von politischem Kalkül und Karrieristen dominiert wurde.

      Noriko Ishida war das Paradebeispiel. Michalew hatte sie zerstört. Und der einzige Fehler, den sie begangen hatte, war für Recht und Ehre einzutreten. Und was konnte man gegen Michalew schon tun? Er hatte einfach zu viel Einfluss.

      Sie machte sich nichts vor. Auch auf der HYPERION saßen genug von Michalews Leuten – das war gar nicht zu vermeiden. Und diese würden jeden Fehler, der gemacht wurde, an den Admiral weiterleiten.

      Doch eines war sicher: Santana hatte sich in Captain Jayden Cross geirrt. Er war weder Karrierist noch


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