Der Arzt vom Tegernsee Staffel 4 – Arztroman. Laura Martens

Der Arzt vom Tegernsee Staffel 4 – Arztroman - Laura Martens


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sein, daß sie gezwungen gewesen ist, die Wahrheit zu bekennen. Wenn…«

      »Melanie ist keine Hochstaplerin. Sie hat nicht ein einziges Mal behauptet, Geld zu haben. Und eines weiß ich, sie besitzt mehr Benehmen und Anstand, als man von vielen unserer finanzkräftigen Gäste behaupten kann.«

      »Wenn Sie Anstand besitzen würde, wäre sie nicht unter falschen Fahnen gesegelt.«

      »Ich habe keine Lust, mich mit dir zu streiten, Vater«, sagte Jörg. »Wie es aussieht, kann ich dich sowieso nicht überzeugen. Außerdem solltest du nicht voraussetzen, daß Mutter deiner Meinung ist. Sie mag nämlich Melanie.«

      »Das hat damit nichts zu tun, Jörg. Ich weiß, daß wir dir in den letzten beiden Jahren ziemlich zugesetzt haben, weil du keine Anstalten gemacht hast, dich nach einer Frau umzusehen, das bedeutet jedoch nicht, daß du dich nun Hals über Kopf in ein Abenteuer stürzen mußt, dessen Folgen du nicht absehen kannst.«

      »Ich weiß sehr gut, was ich tu’, verlaß dich darauf«, widersprach der junge Mann. »Außerdem ist es einzig und allein meine Entscheidung, wen ich eines Tages heiraten werde.« Er sah seinem Vater voll ins Gesicht. »Was hättest du gesagt oder getan, wenn dein Vater versucht hätte, dich von Mutter zu trennen? Ich nehme an, du hättest deine Sachen gepackt und wärst gegangen. Für jemanden mit deiner Ausbildung hätten alle guten Hotels der Welt offengestanden.«

      »Das ist anzunehmen«, meinte Gerhard Thomson unsicher.

      »Nun, auch mir würden sie offenstehen«, erklärte Jörg. »Bitte, denk darüber nach.« Er setzte sich in seinen Wagen. »Ich bin in etwa zwei Stunden zurück.« Entschlossen drehte er den Zündschlüssel herum und gab Gas. »Wiedersehen!« Obwohl ihm im Moment nicht der Sinn danach stand, besonders freundlich zu seinem Vater zu sein, hob er die Hand und winkte. Er wollte es nicht zu einem Bruch kommen lassen. Sie hatten niemals einen ernsthaften Streit gehabt und sich bisher stets aufeinander verlassen können.

      »Wiedersehen«, antwortete Gerhard Thomson resignierend und hob ebenfalls die Hand. Wie gebannt blieb er stehen, um dem Sportwagen seines Sohnes nachzublicken. Er spürte, daß sie an einem Scheideweg angekommen waren. Bisher hatte sich Jörg stets nach seinen Wünschen gerichtet, und ihm war das als selbstverständlich erschienen. Doch er hatte sich all die Jahre nur etwas vorgemacht. Er konnte von seinem Sohn nicht verlangen, ohne nach rechts oder links zu schauen die Straße zu gehen, die er für ihn gebaut hatte. – Aber mußte es ausgerechnet jetzt sein, daß Jörg rebellierte?

      Langsam drehte er sich um und kehrte ins Hotel zurück. »Du bist ein Snob«, hatte seine Frau erst am Morgen gesagt, als er mit ihr über Melanie Berger gesprochen hatte. Er hatte diese Bezeichnung weit von sich gewiesen. Ihm ging es einzig und allein darum, daß Jörg eine Frau heiratete, die zu ihm paßte und auf die er sich verlassen konnte.

      Melanie Berger hatte er von Anfang an nicht recht getraut, und wie sich herausgestellt hatte, nicht zu unrecht. Sie war unter falschen Voraussetzungen in sein Hotel gekommen, und er ließ es sich nicht nehmen, daß sie vorgehabt hatte, sich einen reichen Mann zu angeln. Und wie es aussah, hatte sie sogar damit Erfolg gehabt.

      Andererseits kannte sein Sohn diese Frau noch keine drei Wochen. Junge Männer verliebten sich rasch. Mit ein bißchen Glück erwies sich Jörgs Liebe zu Melanie Berger als Strohfeuer und würde schnell verlöschen.

      Dem Hotelier wurde bewußt, daß er mit seinem Verhalten genau das Gegenteil von dem erreichte, was er wollte. Er mußte seinen Widerstand gegen Melanie aufgeben, wenn er ihr nicht seinen Sohn regelrecht in die Arme treiben wollte. Er beschloß, in Zukunft kein Wort mehr gegen die junge Frau zu sagen.

      *

      Dr. Eric Baumann befreite Franzl von seinem Halsband und hängte es an den dafür vorgesehenen Haken neben der Flurgarderobe. Herr und Hund hatten einen ausgiebigen Spaziergang gemacht. Die Küchentür stand einen Spalt breit offen. Der Arzt öffnete sie ganz. »Dein Kuchen duftet einfach wundervoll, Katharina«, sagte er. »Uns läuft das Wasser im Munde zusammen.«

      Seine Haushälterin lächelte geschmeichelt. »Trotzdem gibt es kein Stückchen, bevor wir nicht mit deinem Gast draußen auf der Terrasse sitzen«, erklärte sie.

      Franzl stieß einen tiefen Seufzer aus, drehte sich um, marschierte mit zwischen die Beine geklemmter Rute zu seinem Korb und ließ sich mit einem lauten Plumps hineinfallen.

      »Sieht aus, als hättest du ihn gekränkt«, bemerkte der Arzt.

      »Das macht nichts.« Katharina schaltete die Kaffeemaschine ein. »Hoffentlich ist dein Doktor Hellwert pünktlich.«

      Eric trat ans Fenster. »Sieht aus, als wäre er es«, meinte er und wies nach draußen. Ein alter Ford hatte vor dem Haus gehalten. Martin Hellwert, gekleidet in Cordhosen und ein lose darüberhängendes Hemd, stieg aus. Er hatte sich sogar rasiert.

      Kaum hatte Eric die Haustür geöffnet, drängte sich Franzl auch schon an ihm vorbei. Kläffend baute er sich vor dem Besucher auf.

      »Ich habe keine Angst vor dir«, sagte Dr. Hellwert. Er nahm einen Kauknochen vom Beifahrersitz seines Wagens. »Was hältst du davon?«

      Franzl dachte nicht daran, sich bestechen zu lassen, obwohl der Kauknochen genau die richtige Größe für ihn hatte. Er hielt im Kläffen inne und drehte sich zu seinem Herrchen um.

      »Ich freue mich, daß du gekommen bist, Martin.« Eric reichte seinem Kollegen die Hand.

      »Ich wollte dich nicht enttäuschen«, sagte Martin Hellwert. »Nimmst du jetzt den Knochen?« Er hielt ihm Franzl erneut hin. »Ich sehe doch, wie gern du ihn hättest.«

      »Na, nimm ihn schon«, forderte Eric.

      Bereits im nächsten Augenblick schnappte sich Franzl den Knochen und verschwand mit ihm im hinteren Teil des Gartens.

      »Versteckt er ihn?« fragte Martin.

      »Nein, er sucht sich nur ein ungestörtes Plätzchen, um ihn zu verspeisen.« Eric führte seinen Kollegen ins Haus. »Danke, daß du an Franzl gedacht hast.«

      »Ich mag Hunde. Wie sagt man so schön, sie wären die besseren Menschen.«

      »So würde ich das nicht sehen.«

      »Kommt immer darauf an, was man erlebt hat.« Martin Hellwert wandte sich Katharina Wittenberg zu, die in diesem Moment aus der Küche kam, um den Gast zu begrüßen. »Sie müssen die Dame sein, deren Kochkunst Eric neulich über alle Maßen gelobt hat.«

      Katharina errötete bis zu den Haarwurzeln. »Nun, ich gebe mir Mühe«, sagte sie.

      »Große Mühe«, verbesserte

      Eric sie. »Katharina würde jedem Hotel Ehre machen.«

      »Hören Sie nicht auf ihn, Doktor Hellwert«, sagte die Haushälterin. »Sie kennen ja Eric. Er muß immer übertreiben.«

      Bald darauf saßen sie am Terrassentisch bei Kaffee und Kuchen. Sie sprachen über frühere Zeiten. Eric erzählte von seinem zweijährigen Aufenthalt in Kenia und daß es ihm nicht leichtgefallen war, nach dem Tod seines Vaters dort alles aufzugeben und die Praxis in Tegernsee zu übernehmen.

      »Inzwischen weiß ich, daß ich das Richtige getan habe«, meinte er. »Ich gehöre hierher. In Kenia wäre ich auch in zehn Jahren noch ein Gast gewesen.«

      Katharina brachte neuen Kaffee, dann zog sie sich zurück. Sie spürte, daß Dr. Hellwert allein mit Eric sprechen wollte. Außerdem hatte sie noch einiges für das Abendessen vorzubereiten, und sie wollte auch einen Heimatfilm anschauen, der im Fernsehen lief.

      »Wir haben die ganze Zeit von mir gesprochen«, sagte Eric, als sie allein waren. Er schenkte für seinen Gast Kaffee ein.

      Franzl kam und rollte sich unter dem Tisch zusammen. Es war ein besonders kräftiger Kauknochen gewesen, und es hatte ihn einige Mühe gekostet, ihn aufzufressen. Jetzt brauchte er erst einmal etwas Ruhe.

      »Was gibt es schon von einer gescheiterten Existenz zu reden?« fragte Martin bitter. »Ich hatte eine Familie, eine schöne Praxis


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