Allgemeine Epileptologie. Группа авторов

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      image Option Epilepsie-Reha image

      Patienten mit erstem epileptischem Anfall haben ein relevantes Risiko einer nachteiligen sozialen Entwicklung. Bestehen berufliche Schwierigkeiten (drohender Arbeitsplatzverlust, fehlende berufliche Eignung, z. B. bei einem LKW-Fahrer), sollte die Indikation zu einer speziellen medizinischen Rehabilitation für Anfallskranke geprüft werden, insbesondere bei

      • ausgeprägten emotionalen Belastungen (z. B. anfallsbezogenen Ängsten, Stigmatisierungserleben)

      • Klagen über kognitive Einbußen

      • bleibenden Zweifeln des Patienten an der Diagnose

      • hohem Informationsbedürfnis

      Die entsprechenden Leitlinien der Deutschen Rentenversicherung beschränken medizinische Rehabilitation explizit nicht auf Patienten mit chronifiziertem oder therapieschwierigem Epilepsieverlauf (Deutsche Rentenversicherung 2010).

      1.4 Weiterführende ambulante neurologische Betreuung

      Ist die Entscheidung zur antikonvulsiven Pharmakotherapie gefallen, beginnt eine langfristige Behandlungsbeziehung zwischen ambulant tätigem Neurologen und dem Betroffenen. Drei große Themenfelder prägen die in der Regel initial halbjährlichen, später weiter auseinanderliegenden Kontakte:

      Monitoring der Verträglichkeit

      Monitoring der Wirksamkeit

      Da das Ausbleiben von Anfällen der einzige Parameter ist, der die Wirksamkeit einer antiepileptischen Therapie widerspiegelt, ist die möglichst zuverlässige Erfassung von Anfällen von zentraler Bedeutung. Viele Patienten registrieren symptomarme Anfälle mit Bewusstseinsstörung (z. B. Absencen, fokale Anfälle mit Automatismen) selber nicht, seltener auch tonisch-klonische Anfälle nicht (Hoppe et al. 2007b). Daher muss eigen- und fremdanamnestisch gezielt auch nach indirekten Anfallshinweisen (z. B. Zungenbiss-Verletzung, Einnässen, anderweitig nicht erklärbare Abgeschlagenheit) gefahndet werden. In Einzelfällen kann man auch mit dem Patienten verabreden, nach einem mutmaßlichen Anfall ein postiktuales EEG ableiten zu lassen und/oder nach 24–48 Stunden einen CK-Wert bestimmen zu lassen (Brigo et al. 2015). Gelegentlich wird auch in einem routinemäßig durchgeführten EEG ein Anfall aufgezeichnet, den der Patient und seine Angehörigen bislang nicht wahrgenommen oder fehlgedeutet haben.

      Adhärenz

      image Sicherung der Adhärenz: gerade bei langen Verläufen ohne Anfall eine besondere Herausforderung image

      1.5 Zusammenfassung

      • Nach einem ersten Anfall ist zunächst der Ausschluss oder Nachweis (und ggf. spezifische Behandlung) einer akut-symptomatischen Ursache vordringlich. Wenn es sich um einen unprovozierten Anfall handelt, ist die Abschätzung der individuellen Prognose wichtig, nicht so sehr, ob die Diagnose »Epilepsie« lautet oder nicht.

      • Die Rezidivwahrscheinlichkeit wird erhöht durch

      – mehr als einen vorangehenden Anfall

      – epilepsietypische Aktivität im EEG

      – potenziell epileptogene Hirnläsion in der Bildgebung

      – Auftreten des Anfalles aus dem Schlaf

      • Die Entscheidung für oder gegen eine antiepileptische Therapie wird gemeinsam mit dem Patienten unter Berücksichtigung seines persönlichen Rezidivrisikos und seiner persönlichen Präferenz getroffen.

      • Die Auswahl des Antiepileptikums innerhalb der für fokale oder generalisierte Anfälle empfehlenswerten Substanzen ist nachrangig.

      • Entscheidend für die Adhärenz des Patienten ist ein tragfähiges Therapiebündnis, das durch Verlaufsuntersuchungen erneuert und gesichert wird.

      Rezidivrisiko

      Akut-symptomatischer vs. unprovozierter Anfall: unterschiedliche Wiederholungsrisiken

      Ein erster epileptischer Anfall zum Zeitpunkt einer als Ursache plausiblen, klar identifizierbaren systemischen gesundheitlichen Störung (z. B. Intoxikation) oder im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer akuten cerebralen Schädigung (i. d. R. innerhalb von sieben Tagen; z. B. intracerebrale Blutung) wird »akut-symptomatisch« genannt (obsoleter Begriff: »Gelegenheitsanfall«) (Beghi et al. 2010). Ein akut-symptomatischer Anfall hat ein viel geringeres Wiederholungsrisiko als ein unprovozierter Anfall (Berg und Shinnar 1991; Hesdorffer et al. 2009, image Abb. 3A).

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