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(im Beispiel Einsatz von Lacosamid bei vermuteter Auslösung des Status durch den Lacosamid-Spiegelabfall).
Abb. 2.1: MRT zu Fall 1: Axiale diffusionsgewichtete Aufnahmen mit kortikalem Ödem links parietal (Dank an Friedrich Wörmann).
Fallbeispiel 2.2
Ein 45-jähriger Mann mit einer fokalen Epilepsie unklarer Ursache seit der frühen Kindheit und einer Lernbehinderung wurde nicht ansprechbar sitzend im Supermarkt aufgefunden. Der Rettungsdienst brachte ihn in unsere Klinik.
Wir sahen einen Patienten mit geöffneten Augen und Bewegungsunruhe der Hände. Er zeigte keine Sprachproduktion und reagierte nicht auf Ansprache. EEG: (
Unter laufendem EEG erhielt er fraktioniert 6 mg Lorazepam i. v. Das EEG-Muster wandelte sich zu einer frontal betonten, generalisierten rhythmischen Verlangsamung im Theta-Bereich (
Der Patient klarte auf, zeigte adäquate Sprachproduktion und reagierte adäquat. Er wurde auf seinen Wunsch hin nach Hause, d. h. in ein Wohnheim in Bethel, entlassen.
Dieses Beispiel zeigt einen Patienten mit einem nichtkonvulsiven Status epilepticus (NCSE) bei einer bekannten Epilepsie. Anamnestisch waren zahlreiche ähnliche Episoden bereits bei ihm bekannt. Der Status war mit i. v.-Injektionen von Lorazepam gut behandelbar.
Abb. 2.2: EEG zu Fall 2.2, bipolare Längsreihen (A) Bifrontale rhythmische Verlangsamung im Deltabereich mit eingelagerten Sharp-waves als EEG-Korrelat eines NCSE.
(B) Weiterhin Statusmuster (jetzt generalisierte rhythmische Theta-Verlangsamung) nach der i.v. Injektion von 3 mg Lorazepam.
(C) Keine wesentliche Änderung nach 6 mg Lorazepam i.v.
(D) Klinische und elektrophysiologische Remission ca. 2 min. nach Abschluss der Injektion (Gesamtmenge 6 mg Lorazepam). Der Patient wacht auf und will aufstehen (Artefakte).
Das Wichtigste im Überblick
Beim Status epilepticus handelt es sich um einen prolongierten epileptischen Anfall von über fünf Minuten Dauer bzw. rezidivierende Anfälle ohne zwischenzeitliche vollständige Restitution zum vorbestehenden neurologischen Befund. Für den NCSE gelten längere Zeitangaben, und zwar zehn Minuten für den fokalen Status mit Bewusstseinsstörung, 10–15 Minuten für den Absencenstatus.
Die Behandlung des tonisch-klonischen Status epilepticus muss unverzüglich eingeleitet werden. Sie orientiert sich stufenadaptiert an vier klinisch definierten Phasen.
Stufe 1: In der Initialphase (oft prähospital) ist die möglichst rasche Gabe von Benzodiazepinen ausreichend hochdosiert entscheidend.
Stufe 2: In der Phase des etablierten Status erfolgt eine antiepileptische intravenöse Schnellaufsättigung.
Stufe 3: Beim refraktären Status ist die Einleitung einer Narkosebehandlung unter EEG-Monitoring erforderlich. Medikamente erster Wahl sind dafür Midazolam und Propofol.
Stufe 4: In der Phase des superrefraktären Status können prinzipiell alle enteral und parenteral verfügbaren AED eingesetzt werden. Es gibt keine evidenzbasierten Empfehlungen.
Wenn Anfälle nach Behandlung in Stufe 2 nicht sistieren, ist die Diagnose zu überprüfen und ein Status psychogener nichtepileptischer Anfälle zu erwägen.
Entscheidend für die rasche und erfolgreiche Statusbehandlung ist die Etablierung eines einheitlichen klinikinternen Behandlungsalgorithmus.
2.1 Diagnose
Die Diagnosestellung erfolgt zunächst nach klinischen Gesichtspunkten. Da das klinische Bild aber oft, besonders bei subtilem Status epilepticus, beim Absencenstatus und bei einem fokalen Status mit Bewusstseinsstörung, nicht eindeutig ist, ist die EEG-Ableitung, idealerweise mit einer Videoaufnahme, heranzuziehen. Hier kann sich ein typisches EEG-Muster zeigen, z. B. generalisierte 3 Hz Spike-Wave-Komplexe beim Absencenstatus. Das EEG-Muster kann aber auch enzephalopathischen Mustern ähneln und damit unspezifisch sein. Insbesondere in diesen Fällen kommt es auf die komplementäre Bewertung von klinischem Bild und EEG an. Bei einem Aura-Status kann das EEG komplett unauffällig sein. Lateralisierte periodische Entladungen (LPD, früher als periodische lateralisierte epileptiforme Entladungen, PLED bezeichnet) sind für sich genommen, also ohne korrespondierendes klinisches Bild, unspezifisch. Zu den »Salzburg-Kriterien« für den nichtkonvulsiven Status epilepticus siehe Kasten 2.1 (Beniczky et al. 2013).
Kasten 2.1: Salzburg-Kriterien des NCSE (adaptiert nach Beniczky et al. 2013)
Patienten ohne bekannte epileptische Enzephalopathie
• Epilepsietypische Potentiale > 2,5 Hz oder
• Epilepsietypische Potentiale ≤ 2,5 Hz oder rhythmische Delta- bzw. Theta-Aktivität (> 0,5 Hz) UND eins der Folgenden:
• EEG und klinische Besserung nach i. v. Antiepileptika oder
• subtile klinische iktuale Phänomene oder
• typische Evolution
Patienten mit bekannter epileptischer Enzephalopathie
• Zunahme in Ausprägung oder Frequenz im Vergleich zur Baseline, gekoppelt mit beobachtbarer klinischer Veränderung
• Besserung der Klinik und des EEG nach i. v. Antiepileptika
EEG-Verbesserung ohne klinische Besserung oder eine Fluktuation ohne eine definitive Evolution sollte zur Diagnose eines möglichen NCSE führen.
Subtiler Status epilepticus
Dieser ist gekennzeichnet durch eine Bewusstseinseinschränkung mit nur sehr milden motorischen Phänomenen. Hier ist die EEG-Ableitung unverzichtbar. Die Erkennung des subtilen Status ist wichtig, weil die Prognose schlechter ist als beim konvulsiven Status epilepticus (CSE) (Treiman et al. 1998). Es muss besonders darauf geachtet werden, ob nach der klinisch erkennbaren Besserung eines CSE das Geschehen in einen subtilen Status übergeht, der dann entsprechend zu behandeln ist.
Epilepsia partialis continua (EPC)
Es handelt sich um eine seltene Form eines fokalen Status epilepticus mit vaskulären, immunvermittelten, neoplastischen oder metabolisch-toxischen Ursachen. Sie ist definiert als spontanes regelmäßiges oder unregelmäßiges klonisches Muskelzucken, das einen begrenzten Teil des Körpers betrifft, manchmal verschärft durch Aktion oder sensorische Reize; die Dauer beträgt mindestens