Dem dunklen Rächer verfallen. Inka Loreen Minden
durch die Hintertür.
***
Cole schwebte regelrecht nach Soho zurück, wobei er sich ein paar der leckeren Kekse gönnte, die meisten jedoch für Annie aufhob. So leise er konnte, öffnete er von außen das Schloss der Kellertür – dazu benutzte er einen langen, dicken Nagel, den er durch einen Spalt schob –, betrat den winzigen Raum und verriegelte die Tür von innen mit einem dicken Balken.
Im Dunkeln stellte er die Schale sowie den Beutel ab, wusch sich schnell und schlüpfte unter die Laken. Seine Schwester schlief tief und fest, ansonsten würde sie ihn murmelnd fragen, wo er sich herumgetrieben hatte. Gerade hätte sie nicht bemerkt, wenn ein Einbrecher das windige Schloss aufgebrochen hätte, da nützte ihr das Messer unter dem Kopfkissen auch nichts. Sie schob nur selten den schweren Riegel vor die Tür, aus Angst, Cole würde nicht hereinkommen können.
Er machte sich immer Sorgen um sie und befürchtete, dass sie eines Tages nicht mehr hier sein könnte oder ihr etwas passiert war, wenn er zurückkam. Er sollte sie nachts nicht allein lassen, doch manchmal ging es leider nicht anders, wenn er entweder irgendwo für die Agentur als Bediensteter arbeitete oder im Schutz der Dunkelheit die Dinge stahl, die sie zum Leben brauchten.
Heute brachte er nur Kekse mit, denn Cole hatte diesmal nur etwas für sich ganz allein gestohlen: Küsse von dem heißesten Lord in ganz England und noch ein wenig mehr. Rochford zu spüren und ihm Lust zu verschaffen, hatte ihn überwältigt. Es war ein solch berauschendes Erlebnis gewesen, dass er sogar seinen leeren Magen vergessen hatte.
Mich hat eben ein anderer Hunger übermannt, dachte er schmunzelnd und roch an Rochfords Hemd. Am liebsten wollte er es nie wieder ausziehen.
Wie sich Cole bereits gedacht hatte, beschäftigte der Lord keinen Kammerdiener, aus Angst, seine wahre Natur würde ans Licht kommen. Rochford war vorsichtig. Doch genau dieser Umstand könnte ihre Chance sein!
Sich vorzustellen, in Rochfords Haus zu wohnen, Tür an Tür mit ihm zu leben und nachts in sein Bett zu kriechen, brachte sein Herz dazu, wild zu klopfen.
Er wünschte, er würde mit Annie über alles reden und seine Freude in die Welt hinausrufen können! Cole konnte ihr jedoch weder etwas über den dunklen Rächer erzählen – sie hätte sonst noch mehr Angst um ihn, schließlich war der Rächer dafür bekannt, Dieben das Handwerk zu legen –, noch konnte er ihr etwas von seiner Begegnung mit Rochford berichten.
Als er langsam in den Schlaf glitt, stellte er sich vor, Rochfords große, warme Hände auf sich zu spüren. Cole hatte sich bei ihm sicher gefühlt. Geborgen. Außerdem dachte er wieder an seine Idee, den Kammerdiener des Lords zu spielen. Doch was würde dann aus Annie werden? Er konnte sie schließlich nicht allein hier zurücklassen! Es war egoistisch von ihm, überhaupt daran zu denken. Außerdem würde Rochford nie zustimmen. Das Leben war nun einmal kein wunderschöner Traum.
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