Der Schuss aus dem Schatten. Hans Heidsieck

Der Schuss aus dem Schatten - Hans Heidsieck


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bürge ich. Rufen wir ihn doch gleich einmal an.“

      „Das wäre sehr liebenswürdig.“

      Schon hat der Justizrat das Tischtelefon zur Hand genommen, gibt seinem Vorsteher den Auftrag, ihn mit dem betreffenden Büro zu verbinden.

      Nach einer Minute ist Herr Sogalla am Apparat.

      „Herr Justizrat — Sie wünschen?“

      „Habe fabelhafte Sache für Sie, Herr Sogalla. Professor Köster —“

      „Ah — Kösters Schuss auf den Schatten! Ich weiss schon — ich weiss schon!“

      „Sie wissen?“

      „Nun ja — aus der Morgenzeitung.“

      „Ah — die habe ich noch gar nicht gelesen. Aber Herr Köster junior ist eben bei mir — ich habe Sie ihm empfohlen.“

      „Gut — in einer halben Stunde werde ich mich in der Villa von Köster melden.“

      „Ich danke Ihnen.“

      „Gar keine Ursache. Empfehle mich, Herr Justizrat!“

      „Haben Sie gehört? Haben Sie gehört?“ fragt Brangheimer seinen Besucher, „ach nein — richtig — — Sie konnten ja gar nicht hören. Also: die Sache steht bereits in der Morgenzeitung. In einer halben Stunde will Herr Sogalla in Ihrer Villa sein.“

      „Haben Sie die Zeitung da, Herr Justizrat?“

      „Sie wird inzwischen gekommen sein. Warten Sie!“ Der alte Herr eilt zur Türe, öffnet ein wenig und ruft hinaus: „Johanna! Die Zeitung, bitte!“

      Sie wird gebracht. Gleich auf der Stirnseite liest man in grossen Lettern:

      „Der Schuss auf den Schatten“,

      darunter, ein wenig kleiner:

      „Professor Köster erschiesst seinen Widersacher!“

      „Zeigen Sie — — zeigen Sie!“ bettelt Alfred. Mit fiebernden Augen liest er:

      „Ein mysteriöses Verbrechen ist in der vergangenen Nacht geschehen. Um zwei Uhr hörte man Hilferufe in der Nähe der Villa des bekannten Raketenforschers Professor Köster. Ein Wächter der Nachtbewachungsgesellschaft fand einen Herrn mit einem Brustschuss auf dem Bürgersteig liegen, den man, noch lebend, mit einem zufällig vorbeikommenden Auto zum Krankenhaus brachte.

      Hier wurde festgestellt, dass es sich um den Physiker Doktor Kranz handelte.

      Inzwischen gelang es der Polizei festzustellen, dass aus der Villa von Köster geschossen wurde. Man nahm den Professor fest, obwohl er behauptete, nur auf einen Schatten gezielt zu haben, der plötzlich draussen auf seiner Veranda aufgetaucht sei. Diese Behauptung klingt wenig glaubhaft, zumal in Fachkreisen bekannt ist, dass gerade der Physiker Doktor Kranz in der Wissenschaft zu den heftigsten Gegnern des alten, ein wenig sonderlichen Professors zählte. Erst kürzlich erschien ein schroffer Artikel Kösters, der Doktor Kranz auf das heftigste angriff.

      Immerhin wollen wir uns weiterer Vermutungen hier enthalten, bevor die Gerichte gesprochen haben. Jedenfalls darf man auf eine sensationelle Verhandlung gefasst sein.“

      Alfred schleudert das Blatt auf den Tisch.

      „Empörend! Einfach infam!“ murmelt er vor sich hin. „volle Entstellung der Tatsachen! Wartet nur — Bande!“

      „Beruhigen Sie sich, lieber Freund — die Presse ist häufig nur einseitig unterrichtet. Tun Sie nur Ihre Pflicht und forschen Sie weiter, — das andere ergibt sich von selbst.“

      Alfred zerknüllt seine Handschuhe zwischen den Fingern. „Glauben Sie etwa an eine Schuld meines Vaters?“ fragt er mit bebender Stimme.

      „Nein — ganz im Gegenteil. Doch der Schein spricht dagegen. Ich werde mein Möglichstes tun, um auch meinerseits eine baldige Klärung herbeizuführen.“

      „Ich danke Ihnen — — das gibt mir Mut. Nun will ich eilen, um Herrn Sogalla zu Hause nicht zu verfehlen.“

      „Ja — — eilen Sie! Alles Gute, mein junger Freund!“

      6. Kapitel

      Wenn Herr Sogalla nicht schielte und keine Halbglatze hätte und nicht gar so klein und dick und rundlich wäre, — dann wäre er ein hübscher Mensch.

      Mit einem undefinierbaren Augenzwinkern steht er vor Alfred Köster. Man befindet sich in einem altmodischen Salon der Villa. Alfred hat ihm in kurzen Worten bereits die Vorgänge auseinandergesetzt.

      „Noch einige Fragen, bitte!“ sagt Herr Sogalla.

      „Fragen Sie immerzu!“

      „Was halten Sie selbst von dem Schatten?“

      Alfred betrachtet interessiert seine Fingernägel.

      „Ich? Hm, — wahrscheinlich war es ein Einbrecher,“

      „Sie glauben also, dass jemand da war?“

      „Gewiss.“

      „— — dass es keine Halluzination Ihres Vaters war?“

      „Aber ich bitte — — Herr Doktor Thoma hat ja auch Spuren gefunden.“

      „— — die ich aufnehmen werde. Es steht also fest: ein Schatten ist dagewesen. — Wie alt ist Ihr Vater?“

      „Zwei- oder dreiundsechzig.“

      „Er ist sehr vermögend?“

      „Ja — allerdings.“

      „Lebt nicht mehr mit Ihrer Frau Mutter zusammen?!“

      „Woher wissen Sie das?“

      „Genug, dass ich das weiss. Ihre Frau Mutter bewohnt eine Villa in Innsbruck. Sie befinden sich zeitweise dort, zeitweise hier bei dem Vater.“

      „Ich staune — Herr Sogalla — —!“

      „Eine Schwester von Ihnen befindet sich in einem Pensionat in Lausanne.“

      „Richtig!“

      „Ihr Vater ist ein etwas eigenartiger Forscher, der sich mit den Problemen der Raumschiffahrt schon seit Jahrzehnten beschäftigt. Sie lächeln bisweilen über seine Phantastereien — bewundern aber im Grunde doch seine optimistische Energie, die er sich bis ins hohe Alter bewahrt hat.“

      „Ganz recht — ganz recht — aber — woher wissen Sie denn das alles — —?“

      „Als Detektiv muss ich vieles wissen. Eine internationale Verbrecherbande, die im Auftrage eines anderen Forschers handelt, wird sich bemühen, die wichtigsten Papiere Ihres Vaters in die Hand zu bekommen.“

      „Was? — Wieso? — — — Ich verstehe nicht —!“

      Sogalla lächelt, ein wenig zynisch. „Sie verstehen mich nicht. Richtig — kann ich auch nicht verlangen. Es handelt sich lediglich um Hypothesen, — — aber es wäre doch eine Möglichkeit.“

      „O ja — sehr romantisch — — romanhaft — — — Sie müssen doch aber Gründe haben — — — —“

      „Lassen wir diese Dinge jetzt, Herr Köster. Ich will an die Arbeit gehen. Zunächst muss ich einmal mit Doktor Thoma zusammen kommen. Dann knüpfe ich meine Fäden.“

      „Hören Sie, Herr Sogalla — — ich möchte mich an den Forschungen gerne beteiligen.“

      „Hm — ob Sie nicht mehr verschlimmern als gutmachen werden?“

      „Ich bitte Sie, Herr Sogalla!“ Alfred quält sich ein höfliches Lächeln ab.

      „Lassen wir das bis später, Herr Köster!“ eifert der Detektiv und streicht sich über die Glatze, „zunächst mache ich alleine die Vorarbeiten. Mir ist schon manche Klärung gelungen. Durch mein eigenartiges


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