Jan in der Falle. Carlo Andersen

Jan in der Falle - Carlo Andersen


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die Diebe waren, wodurch die Sache noch gefährlicher wurde. Wenn Manuelo eine geladene Waffe bei sich trug, würde er sich nicht scheuen, diese auch zu gebrauchen, wenn er es für nötig hielt.

      Die beiden tauchten jedoch vorläufig nirgends auf.

      Acht Tage nach der Flucht bekam die Polizei den Hinweis auf eine neue Spur. In einem Konsumverein auf Seeland wurde eines Nachts ein Einbruch verübt, wobei ein größerer Betrag an Bargeld entwendet wurde; die Polizei fand bei der Untersuchung Manuelos Fingerabdrücke. Der sonst so schlaue Einbrecher war diesmal unvorsichtig gewesen, und jetzt wußte die Polizei mit Sicherheit, daß er diesen Einbruch auf Seeland verübt hatte. Es war anzunehmen, daß Peder Madsen sich bei ihm befand. Nun konnte auch kaum noch angezweifelt werden, daß Kopenhagen das Ziel der Verbrecher war, und die Polizei der Hauptstadt setzte alle Mittel ein, die beiden zu erwischen. Daß Kriminalkommissar Helmer die Leitung der Fahndung selbst übernahm, war ein Zeichen dafür, wie ernst die Polizei die Sachlage nahm.

      Jan und seine Freunde nahmen sie jetzt ebenfalls ernst, denn natürlich hatten sie die Entwicklung der Dinge in allen Einzelheiten verfolgt. Für Jan bestand ja der Vorteil, daß er durch seinen Vater immer mit den neuesten Nachrichten vertraut war. Als Fräulein Höyer von Manuelos Flucht erfahren hatte, war sie zuerst sehr erschrocken. Aber Erling sagte, daß sie sich jetzt doch beruhigt habe. Natürlich rechnete die Polizei damit, daß Manuelo möglicherweise Fräulein Höyer aufsuchen würde, und Helmer hatte die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

      *

      Die Kajüte ihres Segelboots «Rex» war zum täglichen Treffpunkt für Jan und seine Freunde Erling, Jesper und Carl geworden. Das Boot lag wie gewöhnlich im Hafen von Hellerup, aber wenn sie Zeit hatten, unternahmen die vier Freunde Rundfahrten auf dem Öresund. Jan hatte lächelnd erklärt, daß das Leben seinen normalen Verlauf nehmen sollte ... trotz der beiden entlaufenen Sträflinge.

      «Wenn ich nur diesen Manuelo zwischen meine Fäuste bekommen könnte!» brummte Carl eines Nachmittags, als er mit den Freunden auf der «Rex» saß.

      Jan lächelte. «Manuelo wird kaum den gleichen Wunsch haben, lieber Carl. Du hast ihm damals in Kastrup eine kräftige Abreibung verabfolgt.»

      «Viel mehr hätte er verdient, der Affe!»

      «Ganz richtig!» sagte der kleine Jesper. «Wenn er noch einmal auftaucht, werde ich dich schon unterstützen, Carl.»

      Erling warf seinem kleinen Freund einen mitleidigen Blick zu. «Lieber Krümel, du hast wohl einen Anfall von Größenwahn.»

      «Och, du ...»

      «... dickes Kamel», vollendete Erling den Satz gutmütig. «Du siehst, Krümel, ich weiß schon im voraus, was du sagen willst. Du hast immer eine schnelle Zunge, nur nicht, wenn du in der Physikstunde oder bei der Mathematik aufgerufen wirst.»

      Die anderen lächelten und Jan sagte vermittelnd: «Nun hört schon auf, ihr beiden Kampfhähne! Warum müßt ihr immer streiten? Wollen wir einen kleinen Ausflug machen und die Seepfadfinder in Kastrup besuchen?»

      «Prima!» sagte Carl begeistert. «Da waren wir schon lange nicht mehr. Der Wind ist heute gerade richtig.»

      Eine Viertelstunde später glitt die «Rex» aus dem Hafen und segelte in Richtung Süden.

      Björn stand vor dem Klubhaus, als das Boot anlegte, und er lief gleich hinunter zur Brücke, wo er freudestrahlend seine Freunde empfing.

      «Fein, daß ihr mal zu uns kommt! Es ist lange her, seit wir uns gesehen haben.»

      «Ja, viel zu lange, Björn!» gab Jan lächelnd zu. «Wie geht’s?»

      «Nicht gut!»

      «Was? Warum denn?»

      «Kommt ’rauf zum Klubhaus, dann könnt ihr es selber sehen. Heute nacht haben wir böse Besucher gehabt.»

      «Einbruch?» erwiderte Jan fragend. «In eurem kleinen Klubhaus kann es doch nicht viel zu stehlen geben.»

      «Stimmt genau! Aber es gibt allerlei, das zerstört werden kann. Und das ist geschehen.»

      Im Klubhaus wurden Jan und seine Freunde von den übrigen Seepfadfindern willkommen geheißen, aber alle sahen recht verärgert aus. Während der Nacht war die Tür zum Klubhaus aufgebrochen worden, und die Einbrecher hatten sich im Haus wie die Vandalen aufgeführt. Die meisten Möbel waren zerschlagen worden. Mehrere Segel hatte man zerschnitten und alle Wimpel zerfetzt. Der Anblick war so trostlos, daß Carl vor Wut seine Fäuste ballte.

      «Diese Saukerle», rief er. «Wenn wir sie erwischen, machen wir Mus aus ihnen. Habt ihr jemanden in Verdacht?»

      Björn schüttelte den Kopf. «Nein, aber bösartig müssen die Kerle schon sein, denn man sieht ja, daß hier reine Zerstörungslust am Werk war. Bisher sind wir hier in Kastrup von solchen Leuten verschont geblieben. Anderswo ist aber dergleichen schon vorgekommen, leider.»

      «Kielholen sollte man sie, diese Banditen», meinte Carl.

      Jan sagte nichts; er schaute sich bloß die Vernichtung an. Es war wirklich die bösartigste Zerstörung, die er je gesehen hatte. Sein Vater hatte ihm oft von Menschen erzählt, die schon in jungen Jahren ihren schlechten Charakter dadurch offenbarten, daß sie anderer Leute Eigentum beschmutzten und zerstörten, aber selbst hatte er das noch nie erlebt. Manchmal begann es damit, daß sie Fensterscheiben einschlugen, in Gärten Blumen und Gebüsch zertrampelten oder Wegschilder zerstörten. Meist wurde es mit zunehmendem Alter schlimmer, und dann begnügten sie sich nicht mehr mit kleinen Untaten. Eigentlich mußten solche Menschen mit sich selber sehr unzufrieden sein. Ob sie wohl nachts noch schlafen konnten, wenn ihre «Arbeit» am Tag darin bestanden hatte, das Eigentum ihrer Mitmenschen zu zerstören? Natürlich waren es nie gesunde und intelligente Menschen, die so etwas taten – meist waren sie wohl geistesschwach; aber es war dennoch traurig, daß es so viele davon in Dänemark gab. Jan erinnerte sich an das, was sein Vater ihm einmal gesagt hatte: «In Einzelfällen kann man diese Sorte Menschen wieder zur Vernunft bringen und gute Mitbürger aus ihnen machen. Meist aber geht es leider schlecht aus mit ihnen. Wenn Menschen aus reiner Zerstörungswut oder Böswilligkeit etwas kaputtmachen, dann deutet das auf eine charakterliche Schwäche, die später fast immer Anlaß zu anderen kriminellen Taten gibt.»

      Jan hatte sich diese Worte gut gemerkt. Es gab natürlich auch Schulbuben, die aus reiner Dummheit oder Gedankenlosigkeit diese oder jene Dinge zerstörten ... So dumm waren sie jedoch selten, daß sie nicht bald wieder zur Vernunft kamen, besonders, wenn sie selbst einmal das Opfer solcher Taten wurden. Jan mit seiner gesunden Einstellung den Mitmenschen gegenüber war es unverständlich, wie man so etwas tun konnte.

      Er wandte sich an Björn: «Habt ihr der Polizei den Einbruch gemeldet?»

      «Ja, sogleich! Aber es scheint in solchen Fällen schwer zu sein, den Schuldigen zu finden. Der Kriminalbeamte, der hier war, konnte uns nicht viel Hoffnung machen.»

      «Hm!» machte Jan. «Habt ihr Feinde in der Umgebung?»

      «Ich wüßte nicht, wen. Wir haben nie mit jemanden Unfrieden gehabt, und wir stören ja auch niemanden.»

      Erling warf ein: «Vielleicht gibt es jemand, der neidisch auf euch ist, weil ihr in eigenen Booten herumfahren könnt.»

      «Ja, vielleicht. Aber ich finde ehrlich gesagt nicht, daß dies ein Grund zum Neidischsein ist. Wenn wir frei haben, sind wir auf dem Wasser und schnappen für wenig Geld frische Luft. Ist denn das ein Grund für Neider?»

      «Nein, eigentlich nicht. Damit hast du recht.»

      Jan war auffallend still. Man merkte, daß er überlegte, bis er plötzlich fragte: «Ihr habt den Einbruch wohl der Polizei in Kastrup gemeldet?»

      «Ja, warum?»

      «Ich meine ... naja, es ist bloß ein Gedanke, wahrscheinlich ist es ganz verrückt von mir. Aber ich möchte mit meinem Vater darüber sprechen.»

      «Aber was meinst du?» fragten die Seepfadfinder im Chor. «Sprich dich doch aus!»

      «Erinnert


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