Das Dekameron. Джованни Боккаччо

Das Dekameron - Джованни Боккаччо


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heute morgen konnte ich nicht alles Holz hereinschaffen, das ich hatte schlagen lassen, und möchte nun mit Eurer Erlaubnis in den Wald gehen, um das übrige zu holen.“ In der Meinung, der Mönch wisse nicht, daß er von ihm belauscht worden sei, war der Abt zufrieden, daß es so kam, beurlaubte jenen willig und nahm den Schlüssel, um den Fehltritt, den der Mönch begangen hatte, genau zu erforschen.

      Sobald er sich allein sah, fing er zu überlegen an, ob er in Gegenwart aller Mönche die Zelle des Gefallenen öffnen und ihnen so das Verbrechen kundtun sollte, damit sie nicht etwa nachher, wenn er den Mönch bestrafte, sich über ihn beschweren könnten, oder ob er sich lieber vorher von dem Frauenzimmer den Hergang des Handels erzählen lassen sollte. Und weil er bedachte, es könnte am Ende die Frau oder die Tochter eines Mannes sein, dem er die Schande, sie vor allen Mönchen bloßzustellen, nicht gern angetan haben möchte, entschloß er sich, erst zu sehen, wer es sei, und dann das Weitere zu überlegen. So ging er denn in aller Stille nach der Zelle, öffnete die Tür, trat ein und schloß hinter sich wieder zu. Als das Mädchen den Abt eintreten sah, wurde es fast ohnmächtig und fing vor Scham und Furcht zu weinen an. Der hochwürdige Herr aber fühlte beim Anblick des Mädchens, das er hübsch und jung fand, so alt er auch war, die fleischlichen Gelüste nicht minder lebhaft, als sein junger Mönch sie empfunden hatte. „Wahrhaftig“, sprach er zu sich selbst, „warum sollte ich mir nicht ein Vergnügen gönnen, wenn ich es haben kann? Ärger und Verdruß sind, wie ich meine, immer vorrätig, wenn man danach verlangt. Die hübsche Dirne hier ist im Kloster, ohne daß ein Mensch es weiß. Kann ich’s dahin bringen, daß sie mir zu Willen ist, so weiß ich nicht, warum ich’s lassen sollte. Wer wird es denn erfahren? Gewiß niemand. Und — heimliche Sünde büßt man geschwinde. Solche Gelegenheit gibt es nicht leicht wieder, und ich denke, es ist weise, das Glück wahrzunehmen, das unser Herrgott einem zuschickt.“

      Unter diesen Gedanken hatte er den Entschluß, mit dem et gekommen war, völlig umgestoßen, machte sich nun an das Mädchen heran, begann ihm freundlich zuzureden und bat es, nicht mehr zu weinen. So gab ein Wort das andere, und endlich kam es dazu, daß er sein Verlangen geradezu gestand. Das Mädchen war weder von Diamant noch von Stahl und gab den Wünschen des Abtes schnell genug nach. Dieser umarmte und küßte es einige Male und legte sich dann auf das Bett unseres Mönchs. War es mit Rücksicht auf die hohe Würde, die schwer auf ihm lastete, und auf das zarte Alter des Mädchens, oder fürchtete er vielleicht, ihm durch das Gewicht seines Körpers beschwerlich zu fallen, genug, er legte sich nicht auf die Dirne, sondern ließ sie auf sich liegen und ergötzte sich solchergestalt mit ihr eine lange Weile.

      Der Mönch, der sich so gestellt hatte, als ob er in den Wald ginge, hatte sich inzwischen im Schlafsaal versteckt und schöpfte im festen Vertrauen auf das Gelingen seines Anschlags neuen Mut, sobald er den Abt ohne Begleitung seine Zelle betreten sah. Als dieser gar die Tür hinter sich abschloß, zweifelte er nicht mehr und schlich sich still aus seinem Versteck zu einer Ritze, durch die er alles sah und hörte, was der Abt sagte und tat. Nachdem nun der Abt sich seiner Meinung nach genug mit der Dirne unterhalten hatte, schloß er sie wieder ein und kehrte in sein Gemach zurück.

      Nach einiger Zeit hörte er den jungen Mönch, und in der Meinung, dieser sei inzwischen aus dem Walde zurückgekommen, war er willens, ihn aufs nachdrücklichste zur Rede zu stellen und ins Gefängnis zu sperren, um alsdann die gewonnene Beute allein zu besitzen. So ließ er ihn denn rufen, schalt ihn mit strengen Worten und erzürntem Gesicht und kündigte ihm seine Einkerkerung an. Der Mönch indes antwortete ihm auf der Stelle: „Hochwürdiger Herr, ich bin noch nicht lange genug im Orden des heiligen Benedikt, um dessen Eigentümlichkeiten alle zu kennen. In der Tat habt Ihr mich darin noch nicht unterwiesen, daß die Mönche sich ebenso wie Fasten und Nachtwachen auch die Weiber aufbürden müssen. Da Ihr es mir aber nun gezeigt habt, verspreche ich Euch, wenn Ihr mir diesmal vergebt, nie wieder zu fehlen, sondern immer zu tun, wie ich Euch habe tun sehen.“

      Der Abt, der ein verständiger Mann war, erkannte schnell, daß jener sich nicht nur besser als er auf die Sache verstanden, sondern auch alles, was er getan, beobachtet habe. Darum scheute er sich, im Bewußtsein des gleichen Vergehens, dem Mönche etwas anzutun, das doch der eine wie der andere verdient hatte. Er vergab ihm also und befahl ihm Stillschweigen über alles, was er gesehen. Dann aber schafften sie die Dirne vorsichtig aus dem Kloster, in welches die beiden sie vermutlich oft zurückgeholt haben.

      FÜNFTE GESCHICHTE

      Die Markgräfin von Montferrat weist die törichte Liebe des Königs von Frankreich durch ein Hühnergericht und ein paar hübsche Worte zurück.

      Die Mädchen, die dem Dioneo zuhörten, schämten sich anfangs ein wenig ob seiner Erzählung, wie die sittsame Röte bekundete, die ihre Wangen überflog. Allmählich indes blickten sie bei steigender Aufmerksamkeit einander mit heimlichem Lächeln verstohlen an und unterdrückten kaum ein lautes Gelächter. Als die Geschichte zu Ende war, ließen sie ihn durch neckenden Tadel und Spott empfinden, daß solche Geschichten vor Damen zu erzählen ungeziemend sei. Dann aber gebot die Königin, zu Fiammetta gewandt, die neben Dioneo im Grase saß, dieser, in der Reihe fortzufahren. Fiammetta begann lächelnd und anmutig:

      Nicht allein weil Geschichten mich ergötzen, welche, wie die zuletzt erzählten, die Wirkung schneller und treffender Antworten schildern, sondern auch in der Überzeugung, daß es für Männer ebenso löblich ist, nur Frauen zu minnen, die höheren Standes sind als sie selbst, wie für Frauen verständig, die Liebe zu einem höherstehenden Mann von ihrem Herzen fernzuhalten, kommt es mir, da mich die Reihe des Erzählens trifft, in den Sinn, euch durch ein Beispiel zu zeigen, wie eine adelige Dame durch Wort und Tat sich vor solcher Gefahr zu schützen und den Mann, der sie gefährdete, umzustimmen wußte.

      Der Markgraf von Montferrat, ein kühner und ritterlicher Mann und Bannerherr der Kirche, war mit einem der Kreuzzüge übers Meer ins Morgenland gefahren. Als nun am Hofe König Philipps des Einäugigen, der eben damals im Begriff stand, Frankreich zu verlassen, um sich jenem Kreuzzuge anzuschließen, von seiner Tapferkeit die Rede war, äußerte ein Ritter, es sei doch unter der Sonne kein schöneres Paar zu finden als der Markgraf und seine Dame. Denn wie er unter allen Rittern seiner adeligen Tugenden halber gerühmt werde, so sei die Dame vor allen Frauen schön und sittsam. Auf den König machten diese Worte solchen Eindruck, daß er, ohne je die Dame gesehen zu haben, sie sogleich inbrünstig zu lieben begann und beschloß, sich nirgendwo anders als in Genua zu der erwähnten Überfahrt einzuschiffen, um auf der Landreise nach jenem Hafen schicklichen Vorwand zu einem Besuch bei der Markgräfin zu haben, wobei er hoffte, daß es ihm vielleicht in Abwesenheit ihres Gemahls gelingen werde, zum Ziel seiner Wünsche zu kommen.

      Wie er sich’s vorgenommen, setzte er’s auch ins Werk. Er schickte sein ganzes Gefolge voraus und machte sich im Geleit einiger Edelleute allein auf den Weg. Als er sich dem Gebiet des Markgrafen näherte, ließ er der Dame einen Tag zuvor ansagen, daß sie ihn am andern Mittag zum Essen erwarten möge. Die Dame, die klug war und einen schärferen Blick besaß als die meisten andern, erwiderte, daß es ihr eine besonders hohe Gnade sein werde und sie ihn im voraus willkommen heiße. Dann aber sann sie nach, was es bedeuten solle, daß ein so mächtiger König sie in der Abwesenheit ihres Mannes besuchen käme, und sie irrte sich nicht, indem sie den Grund eines solchen Besuchs in dem Ruf erkannte, den ihre Schönheit genoß. Nichtsdestoweniger war sie, ihren feinen Sitten gemäß, entschlossen, ihn ehrenvoll aufzunehmen. Sie ließ diejenigen unter ihren Edelleuten rufen, die nicht mit ihrem Gemahl gezogen waren, und hieß sie, nachdem sie mit ihnen Rat gepflogen hatte, alle notwendigen Anordnungen treffen. Nur die Besorgung des Mahls und der Gerichte behielt sie sich vor. Zu diesem Ende ließ sie in der Eile alle Hennen zusammenbringen, die in der Umgebung zu finden waren, und wies ihre Köche an, nur aus diesen verschiedene Gerichte für die königliche Tafel vorzubereiten.

      Am bestimmten Tage kam der König, und die Dame empfing ihn auf das festlichste und ehrenvollste. So hoch die Meinung war, die er nach den Worten des Ritters von ihr gefaßt hatte, in Wirklichkeit schien ihm die Dame noch um vieles schöner, anmutiger und sittsamer, und in Wohlgefallen und Bewunderung wuchs seine Leidenschaft für sie im selben Maße, in dem er die gehegten Erwartungen übertroffen sah. Nachdem er einige Zeit in reichgeschmückten Gemächern, wie sie zum Empfang eines so mächtigen Königs sich ziemen, geruht, setzten


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