Das Dekameron. Джованни Боккаччо

Das Dekameron - Джованни Боккаччо


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widrige Winde, von denen ein jeder so übermäßig ungestüm war, daß das Schiff, auf dem sich die junge Fürstin mit den Matrosen befand, wild umhergeworfen und von den letzteren mehrmals aufgegeben wurde. Da diese jedoch in der Schiffahrt große Geschicklichkeit besaßen und alle Kraft und Kunst aufboten, gelang es ihnen im Kampf mit dem tobenden Meer, das Schiff zwei Tage lang zu erhalten.

      Als indes bei Anbruch der dritten Nacht seit Beginn des Sturmes dieser nicht etwa nachließ, sondern immer stärker ward, wußten die Schiffer nicht mehr, wo sie sich befanden, konnten auch, weil der Himmel von dichten Wolken bedeckt und wie von dunkler Nacht verfinstert war, weder nach den Regeln der Schiffahrt noch durch Beobachtungen ihre Lage bestimmen. Darüber wurden sie, in der Nähe von Majorca, gewahr, daß ihr Schiff auseinanderzugehen begann. In dieser Lage, die jede Möglichkeit der Rettung ausschloß, dachte ein jeder an sich selbst und nicht an den andern. So sprangen die Schiffseigner in das Boot, das sie schnell aufs Meer hinabgelassen hatten, denn sie waren entschlossen, sich lieber diesem als dem auseinanderbrechenden Schiff anzuvertrauen. Ungestüm folgten ihnen die übrigen Männer nach, die im Schiff waren, obgleich die zuerst Eingestiegenen sie mit den Messern in der Hand daran hindern wollten. Während sie aber wähnten, nur so dem Tode entgehen zu können, wurden sie um so schneller seine Beute; denn weil bei dem widrigen Wetter das Boot nicht so viele Menschen tragen konnte, ging es unter, und alle, die in ihm gewesen waren, kamen um.

      Inzwischen wurde das Schiff, auf dem niemand außer der Dame und ihren Frauen geblieben war, die von der Wut des Sturms und der eigenen Furcht betäubt wie Tote darauf umherlagen, von dem ungestümen Wind getrieben und in schneller Fahrt an die Küste der Insel Majorca verschlagen. Das geschah mit einem so gewaltigen Stoß, daß das Schiff etwa einen Steinwurf vom Ufer entfernt im Sand steckenblieb und, wie sehr auch die Nacht über die Fluten es umtobten, sich nicht mehr von der Stelle rühren konnte. Als endlich der helle Tag angebrochen war und der Sturm ein wenig nachgelassen hatte, hob die junge Dame, die sich dem Tode nahe fühlte, den Kopf und rief, so schwach wie sie war, bald nach dem einen, bald nach dem andern von ihrer Dienerschaft. Doch sie rief vergebens, denn die Gerufenen waren allzu fern, um ihre Stimme zu hören. Als sie auf ihre Rufe keine Antwort erhielt und keinen der Ihrigen erblickte, erschrak sie gewaltig und wurde von großer Furcht überfallen. Doch richtete sie sich so weit auf, wie es ihre Kräfte zuließen, und sah die Frauen ihrer Begleitung und die übrigen Weiber alle am Boden liegen. Nach langem, vergeblichem Ansprechen rüttelte sie die eine nach der andern, fand aber nur wenige unter ihnen noch am Leben, denn die meisten waren vor Magenbeschwerden und Angst bereits gestorben. Dieser Anblick erschreckte die Dame nur noch mehr. Da sie sich jedoch so ganz allein sah und weder wußte noch erraten konnte‘ wo sie sei, ermunterte sie, guten Rats bedürftig, die am Leben Gebliebenen so lange, bis sie sich aufrichteten. Als aber auch diese ihr nicht zu sagen wußten, wo die Männer hingeraten waren, und als sie entdeckte, daß das Schiff auf den Strand gelaufen und voll Wasser war, fing sie zusammen mit ihnen bitterlich zu weinen an. Und schon war die dritte Nachmittagsstunde vorüber, ohne daß sie am Ufer oder sonst in der Nähe jemand gewahr geworden wären, dessen Mitleid und Beistand sie hätten anrufen können.

      Um jene Stunde aber kam ein Edelmann mit Namen Pericone von Visalgo auf dem Rückweg von einer seiner Besitzungen mit mehreren seiner Leute zu Pferde zufällig dort vorüber. Sobald dieser das Schiff erblickte, erriet er sogleich, was geschehen war, und befahl einem seiner Diener, daß er so schnell wie möglich das Wrack besteigen solle, um ihm dann zu berichten, wie es sich damit verhalte. Es gelang dem Diener, aller Schwierigkeiten unerachtet, dem Befehle seines Herrn nachzukommen, und er fand die junge Dame mit der wenigen Begleitung, die ihr geblieben war, unter dem Schnabel des Schiffes ganz furchtsam verborgen. Sobald die Frauen ihn erblickten, flehten sie ihn weinend um Mitleid an und suchten, als sie sahen, daß er sie ebensowenig verstand wie sie ihn, ihm ihr Unglück durch Zeichen begreiflich zu machen. Der Diener merkte sich alles, so gut er konnte, und erzählte dann dem Pericone‘ was er auf dem Schiffe gesehen hatte. Dieser ließ sogleich die Frauen und die kostbarsten Dinge, die sich auf dem Wrack befanden und erreicht werden konnten, an Land bringen und ging mit ihnen auf sein Schloß, wo er sie durch Speise und durch Ruhe erquickte. Aus den kostbaren Geräten erriet er, daß die Dame, die er gefunden, von gar vornehmer Herkunft sein müsse. Auch erkannte er dies bald aus der Ehrerbietung, welche die andern ihr allein bewiesen. Zudem schienen ihm, der Blässe und des Übelbefindens ungeachtet, welche die Unbilden des Meeres hervorgebracht, die Formen ihres Leibes von großer Schönheit zu sein, weshalb er augenblicklich bei sich beschloß, sie zur Frau zu nehmen, wenn sie noch keinen Gatten haben sollte, oder ihre Freundschaft zu gewinnen, wenn er sie nicht zur Frau haben könnte.

      Pericone war ein Mann von kräftigem Aussehen und gewaltigem Gliederbau. Als er die Dame einige Tage lang auf das beste hatte bewirten lassen und sie sich wieder vollkommen erholt hatte, fand er sie noch um vieles schöner, als er vermutet, und gab sich deshalb alle Mühe, sie durch Liebkosungen und zärtliches Benehmen zu bewegen, daß sie ihm ohne Widerstreben zu Willen wäre. Er war von ihrer Schönheit leidenschaftlich entflammt, obgleich sie zu seinem großen Bedauern weder ihn, noch er sie Verstehen konnte, doch blieben alle seine Versuche ganz vergeblich. Je mehr sie indes seine Vertraulichkeiten von sich wies, desto höher loderte Pericones Glut. Als die junge Dame dies gewahr wurde und nach einigen Tagen aus den Sitten der Menschen schon erraten hatte, daß sie Christen seien, leuchtete ihr ein, daß sie mit der Zeit durch Güte oder Gewalt den verliebten Anforderungen Pericones werde nachgeben müssen und daß ihr unter diesen Umständen, selbst wenn sie sich hätte verständlich machen können, nichts daran liegen konnte, gekannt zu werden. Demzufolge beschloß sie, mit festem Mut ihrem widerwärtigen Schicksal entgegenzutreten, und befahl ihren Begleiterinnen, deren ihr nur drei geblieben waren, niemand jemals zu offenbaren, wer sie seien; es wäre denn, daß sich ihnen dadurch sichere Rettung böte. Außerdem ermunterte sie dieselben auf das nachdrücklichste, ihre Keuschheit zu bewahren, und versicherte, daß sie selbst entschlossen sei, sich niemand als ihrem Gemahl hinzugeben. Die Mädchen lobten ihren Entschluß und versprachen, den Befehlen nach Kräften zu gehorchen.

      Pericone aber entbrannte täglich um so mehr, je näher er sich dem geliebten Gegenstand sah und je mehr ihm alle Gunst verweigert wurde, so daß er endlich, als alle seine Aufmerksamkeiten vergeblich blieben, sich entschloß, Schlauheit und Trug anzuwenden, um erst im äußersten Fall seine Zuflucht zur Gewalt zu nehmen. Nun hatte er einige Male gemerkt, daß die junge Dame, die dem Verbot ihrer Religion zufolge des Weines ungewohnt war, an diesem besonderen Gefallen fand, und er hoffte deshalb, sie durch den Wein, den Diener der Venus, zu fangen. Zu diesem Ende stellte er sich, als ob ihn ihre Ungefügigkeit nicht störe, und ordnete eines Tages ein kostbares und festliches Abendessen an, zu dem die Dame auch wirklich erschien. Die Tafel war in jeder Weise glänzend bestellt; Pericone aber hatte demjenigen, welcher der Dame aufwartete, den Befehl gegeben, ihr mehrerlei Weine zusammenzumischen, und dieser vollzog den erhaltenen Auftrag auf das beste. Die Dame, die keinen Argwohn hegte und von dem Wohlgeschmack des Getränks verleitet ward, genoß davon mehr, als ihrer Ehrbarkeit gut tat. Der Wein machte sie mit der Zeit so lustig, daß sie all ihr vergangenes Ungemach vergaß, und als sie einige Mädchen nach der Weise von Majorca tanzen sah, fing sie selbst nach alexandrinischem Brauch zu tanzen an. Als Pericone das bemerkte, glaubte er sich dem Ziele seiner Wünsche nahe. Indem er fortwährend neue Speisen und Getränke auftischen ließ, dehnte er das Mahl bis weit in die Nacht hinein aus. Endlich entfernten sich die Gäste, und Pericone ging allein mit der Dame in deren Gemach, wo sie, vom Weine mehr aufgeregt als von der Sittsamkeit im Zaume gehalten, sich in Pericones Gegenwart ohne Scham und Scheu, als ob er eine ihrer Frauen wäre, entkleidete und zu Bett legte. Dieser zögerte nicht, ihr zu folgen, löschte alle Lichter aus, legte sich dann eilig auf der andern Seite neben ihr nieder, umfing sie mit seinen Armen und begann, ohne Widerstand von ihrer Seite, die Früchte der Liebe zu pflücken. Als Alatiel, die zuvor nicht gewußt hatte, mit was für einem Horn die Männer stoßen, das einmal empfunden, tat es ihr fast leid, sich gegen Pericones Bitten so lange gesträubt zu haben, und in Zukunft lud sie sich, ohne weitere Aufforderungen abzuwarten, oftmals selbst, zwar nicht mit Worten, denn mit denen konnte sie sich nicht verständigen, wohl aber durch die Tat zu so süßen Nächten ein.

      Doch es genügte dem Schicksal noch nicht, sie von der Braut eines Königs zur Bettgenossin eines Burgherrn gemacht zu haben, und ihre und Pericones Freuden wurden durch eine grausamere Leidenschaft unterbrochen. Pericone hatte nämlich einen


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