Das Dekameron. Джованни Боккаччо

Das Dekameron - Джованни Боккаччо


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nur zu ihr führst, so wirst du schon sehen, wie sie mir gleich um den Hals fallen wird. Darum verlange ich nichts anderes, als was du selber gesagt hast.“ „Gut“, entgegnete Paganino, „so wollen wir gehen.“

      Darauf gingen sie miteinander zu Paganinos Wohnung, und als sie in einen Saal eingetreten waren, ließ Paganino die Frau herbeirufen. Sie kam alsbald angekleidet und geschmückt aus einem anstoßenden Zimmer in den Saal, wo die beiden Männer sich befanden; doch sagte sie zu Herrn Ricciardo weiter nichts, als was sie auch jedem beliebigen Fremden, der mit Paganino nach Hause gekommen wäre, gesagt hätte. Darüber konnte sich denn der Richter, der geglaubt hatte, sie werde ihn mit der größten Freude empfangen, gar nicht genug wundern, und er sprach zu sich selbst: „Leicht möglich, daß die Trauer und der lange Gram, die sich meiner bemächtigt, seit ich sie verloren, mich so entstellt haben, daß sie mich nicht wiedererkennt.“ So sagte er: „Frau, der Fischfang, zu dem ich dich geführt, kommt mich teuer zu stehen; denn nie empfand ich größeren Schmerz als den, welchen ich nach deinem Verluste erdulden mußte. Du aber scheinst mich nicht zu erkennen, so fremd redest du mit mir. Siehst du denn nicht, daß ich dein Herr Ricciardo bin, der hergekommen ist, um dem Edelmann, in dessen Hause wir uns befinden, alles zu bezahlen, was er verlangt, nur um dich wiederzuhaben und mit nach Hause zu nehmen? Er aber gibt dich mir, dank seiner Güte, für das, was ich selbst bestimmen werde.“Bei diesen Worten wandte sich die Dame dem Richter zu, lächelte fast unmerklich und sagte: „Herr, redet Ihr mit mir? Ihr mögt mich wohl mit einer anderen verwechseln, denn was mich betrifft, so erinnere ich mich nicht, Euch jemals gesehen zu haben.“ Darauf sagte Herr Ricciardo: „Bedenke, was du sprichst, und betrachte mich genau. Wenn du dich nur besinnen willst, mußt du ja sehen, daß ich dein Ricciardo von Chinzica bin.“ Die Dame erwiderte: „Verzeiht mir, Herr, Euch so genau zu betrachten möchte sich vielleicht nicht so für mich schicken, wie Ihr zu glauben scheint. Dennoch habe ich Euch hinlänglich betrachtet, um zu wissen, daß ich Euch nie zuvor gesehen.“

      Nun glaubte Herr Ricciardo, sie wolle nur aus Furcht vor Paganino in dessen Gegenwart nicht gestehen, daß sie ihn kenne. Deshalb bat er nach einiger Zeit Paganino um die Erlaubnis, allein in einem Zimmer mit ihr reden zu dürfen. Paganino erklärte sich auch damit einverstanden und stellte als einzige Bedingung, daß Ricciardo sie nicht wider ihren Willen sollte küssen dürfen. Der Frau aber befahl er, mit jenem in ein besonderes Zimmer zu gehen und anzuhören, was er ihr zu sagen hätte, und ihm dann ganz nach ihrem Gefallen zu antworten.

      So gingen denn die Dame und Herr Ricciardo allein in das Zimmer, und als sie sich zusammengesetzt hatten, begann Herr Ricciardo also zu reden: „Ach, mein süßestes Herz, geliebteste Seele, meine einzige Hoffnung, kennst du denn deinen Ricciardo gar nicht wieder, der dich lieber hat als sein Leben? Wie ist das möglich? Habe ich mich denn so sehr verändert? Ach, mein Augapfel, schau mich doch nur ein wenig an!“

      Darüber fing die Dame zu lachen an und sagte, ohne ihn weiterreden zu lassen: „Ihr könntet doch wohl wissen, daß ich kein so schwaches Gedächtnis habe, um Euch nicht als Herrn Ricciardo Chinzica, meinen Ehemann, zu erkennen. Solange ich aber bei Euch war, habt Ihr mich schlecht erkannt. Denn wenn Ihr so verständig wäret, wie Ihr Euch ausgebt, so müßtet Ihr Einsicht genug haben, um zu sehen, daß ich jung, frisch und kräftig bin, und müßtet Euch selbst sagen, was junge Frauen außer Kleidung und Essen sonst noch brauchen, wenn sie es gleich aus Schamhaftigkeit nicht gestehen wollen. Wie wenig Ihr das aber getan habt, wißt Ihr selbst. Wenn Euch die Rechtswissenschaft mehr Vergnügen machte als Eure Frau, so brauchtet Ihr ja keine zu nehmen. Mir seid Ihr aber nie wie ein Richter, sondern wie ein Kalendermacher vorgekommen, so gut kanntet Ihr alle Heiligentage, Feste, Fasten und Vigilien. Das kann ich Euch sagen: wenn Ihr die Arbeiter, die Eure Felder bestellen, so viele Festtage hättet halten lassen, wie der eine gehalten, der mein Gärtchen bearbeiten sollte, so hättet Ihr nie ein Körnchen Getreide geerntet. Nun habe ich diesen Mann getroffen, den mir Gott aus Mitleid mit meiner Jugend zugeführt. Mit ihm bewohne ich dieses Zimmer, in dem man von solchen Festen wie Ihr, der Ihr besser Gott zu dienen wißt als den Frauen, deren unzählige feiert, nicht das mindeste weiß und über dessen Schwellen weder Sonnabend noch Freitag, noch Heiliger Abend, noch Quatember, noch die schrecklich langen Fasten kommen. Hier wird den ganzen Tag gearbeitet und Wolle gezaust, und wieviel wir heute morgen schon vor uns gebracht, seit es zur Frühmesse geläutet, davon könnte ich mitreden. Darum will ich auch bei Paganino bleiben und mit ihm arbeiten, solange ich jung bin. Feste, Ablässe und Fasten hebe ich mir fürs Alter auf. Euch aber rate ich, nach Hause zu reisen, sobald Ihr nur könnt, und ohne mich so viele Feste zu feiern, wie Euch beliebt.“

      Diese Rede betrübte Herrn Ricciardo unsäglich, und als er sah, daß seine Frau ausgeredet hatte, erwiderte er: „Ach, geliebtes Leben, was für Worte habe ich von dir hören müssen! So nimmst du denn gar keine Rücksicht auf die Ehre deiner Eltern und auf deine eigene? So willst du denn lieber eine Todsünde begehen und mit dem Menschen hier wie eine Hure leben, als in Pisa meine Frau sein? Wenn der dich einmal satt haben wird, so wird er dir zu deiner größten Schande die Tür weisen. Ich aber werde dich immerdar liebhaben, und immer wirst du, selbst wider meinen Willen, die Gebieterin meines Hauses sein. Solltest du denn wirklich um einer so unziemlichen und unmäßigen Lust willen deine Ehre und mich, der ich dich mehr als mein Leben liebe, zugleich von dir stoßen wollen? Trost meines Lebens, ich beschwöre dich, sprich nicht mehr davon und komm mit mir nach Hause. Da ich deine Wünsche jetzt kenne, will ich mich ja von nun an auch recht anstrengen. Darum, mein süßestes Herz, ändere deinen Entschluß und komm mit mir. Seit du mir geraubt bist, habe ich ja keinen frohen Augenblick gehabt.“

      Darauf antwortete die Dame: „Um meine Ehre soll sich nur, nun es zu spät ist, niemand mehr kümmern, als ich es selbst tue. Hätten meine Eltern sie lieber im Auge gehabt, als sie mich Euch gegeben! Da sie sich aber damals nicht um meine Ehre gekümmert haben, so denke ich’s auch jetzt nicht um ihre zu tun. Begehe ich jetzt, wie Ihr sagt, eine Todsünde, so werde ich schon gelegentlich einmal eine Leben spendende Sünde begehen. Das überlaßt nur mir. Das aber will ich Euch sagen: hier komme ich mir vor wie Paganinos Frau, während ich in Pisa glauben mußte, Eure Hure zu sein, wenn ich sah, wie unsere Planeten nur nach Mondstellungen und geometrischen Berechnungen zusammenzubringen waren. Paganino, der hat mich hier die ganze Nacht im Arm, er drückt und beißt mich, und wie er mich zurichtet, das laßt Euch vom lieben Gott erzählen. Ihr sagt, Ihr wollt Euch anstrengen. Ja, womit denn? Wollt Ihr ihn mit Schlägen auf die Beine bringen, um nach drei Zügen matt zu sein? Ihr seid ja ordentlich zu Kräften gekommen, weil Ihr mich die ganze Zeit nicht gesehen habt. Geht, geht und strengt Euch an, am Leben zu bleiben. Ich glaube wahrhaftig, Ihr wohnt in dieser Welt nur. zur Miete, so ausgemergelt und jämmerlich seht Ihr aus. Ich will Euch noch mehr sagen: wenn der mich einmal gehen läßt, wozu er, solange ich nur bei ihm bleiben will, noch keine Lust zu haben scheint, so komme ich darum doch nicht zu Euch, aus dem man mit allem Drücken keine Tasse voll Brühe herausbringen könnte. Zu meinem größten Leiden und Unglück bin ich einmal bei Euch gewesen und werde mir in dem Falle schon anderswo mein Unterkommen suchen. Denn ich wiederhole es Euch: hier haben wir keine Vigilien, und darum will ich hier bleiben. Nun macht aber und geht mit Gott, denn wollt Ihr nicht, so fange ich an. zu schreien, Ihr wolltet mich notzüchtigen.“

      Aus dieser Rede erkannte Herr Ricciardo wohl, daß keine Hoffnung für ihn sei, und er sah nun endlich ein, wie töricht er gehandelt, bei seiner Kraftlosigkeit eine junge Frau zu nehmen. So ging er denn traurig und betrübt aus jenem Zimmer, gab dem Paganino noch manches gute Wort, das aber zu nichts führte, und kehrte endlich ohne die Frau und ohne jedweden Erfolg nach Pisa zurück. Hier verfiel er vor Betrübnis in solche Torheit, daß er einem jeden, der ihn in den Straßen von Pisa grüßte oder ihn sonst nach etwas fragte, keine andere Antwort gab als diese: „Das arge Ding will keine Feste.“

      Es dauerte nicht lange, so starb der Richter. Als Paganino das erfuhr, nahm er die Frau, deren Liebe ihm hinlänglich bekannt war, zu seiner rechtmäßigen Gemahlin, und sie arbeiteten beide, ohne sich um Feste, Vigilien oder Fasten zu bekümmern, solange die Beine sie tragen konnten, und machten sich vergnügte Tage.

      Aus diesem Grunde, ihr lieben Damen, bin ich denn auch der Meinung, daß Herr Bernabo in seinem Streit mit Ambrogiuolo das Pferd beim Schwanz aufgezäumt hat.

      Die Erzählung hatte der ganzen Gesellschaft so viel zu lachen gegeben, daß keiner


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