Das Dekameron. Джованни Боккаччо

Das Dekameron - Джованни Боккаччо


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seines Unternehmens erkannte. Nichtsdestoweniger schloß er Bekanntschaft mit einem armen Weibe, das häufig in jenes Haus zu kommen pflegte und bei Bernabos Frau besonders wohlgelitten war. Da sich die Alte zu keinem weiteren Dienste verstehen wollte, bestach er sie endlich dahingehend, daß sie ihn in einer Kiste, die er künstlich zu seinen Zwecken eingerichtet, nicht allein in das Haus, sondern in das Schlafzimmer der Frau selbst tragen ließ. Die Alte mußte nämlich vorgeben, sie wolle über Land reisen, und jener die Kiste für einige Tage zum Aufbewahren empfehlen.

      Als die Kiste in dem Zimmer stehengeblieben und die Nacht gekommen war, öffnete Ambrogiuolo zu einer Stunde, wo er vermuten konnte, daß die Frau schlief, das Behältnis durch den Druck einiger Federn und betrat leise das Gemach, das von einer Lampe erhellt wurde. Nun betrachtete er die Form des Raumes, die Malereien, welche ihn schmückten, und was sonst darin bezeichnend schien, aufs genaueste und prägte alles seinem Gedächtnis ein. Darauf näherte er sich dem Bett, und da er bemerkte, daß die Frau und das kleine Töchterlein, das neben ihr lag, fest schlief, deckte er sie völlig auf und sah, daß sie nackt ebenso schön zu nennen war wie bekleidet. Doch wußte er an ihrem Körper kein anderes Zeichen zu entdecken, das er ihrem Gatten anführen konnte, als ein Mal unter der linken Brust, um das ein paar goldgelbe Härchen standen. Sobald er dies gesehen, deckte er sie leise wieder zu, so großes Verlangen sich auch beim Anblick ihres schönen Körpers in ihm regte, sein Leben daran zu wagen und sich zu ihr zu legen. Da er aber gehört hatte, daß sie in solchen Dingen so übermäßig streng und ungefügig sei, wollte er es doch nicht darauf ankommen lassen. So verweilte er den größten Teil der Nacht nach seiner Bequemlichkeit in dem Zimmer, nahm sich aus einem Schreine noch eine Tasche, ein Staatskleid und ein paar Ringe und Gürtel, tat dies alles in seine Kiste und verschloß diese, nachdem er sich selbst hineinbegeben hatte, ganz wie zuvor. Dasselbe wiederholte er in der folgenden Nacht, ohne daß die Frau das mindeste bemerkt hatte.

      Am dritten Tage kam das arme Weib nach der getroffenen Verabredung wieder, um ihre Kiste abzuholen, und trug sie dorthin zurück, woher sie diese gebracht hatte. Ambrogiuolo aber stieg sogleich heraus, belohnte das Weib seinem Versprechen gemäß und kehrte mit den genommenen Sachen noch vor Ablauf der bestimmten Frist nach Paris zurück. Hier rief er die Kaufleute zusammen, die bei dem Streit und der abgeschlossenen Wette zugegen gewesen waren, und erklärte in Bernabos Gegenwart, er habe die Summe, um welche sie damals gewettet, gewonnen und ausgeführt, was er zu tun sich gerühmt habe. Zum Beweis beschrieb er das Gemach und die Malereien in demselben und zeigte dann auch die Sachen vor, die er mitgebracht und von denen er behauptete, daß sie ihm dieselben geschenkt habe. Bernabo gestand, daß das Zimmer wirklich so aussähe, wie es jener beschrieben, auch erkannte er jene Sachen als die seiner Frau; doch meinte er, Ambrogiuolo könnte leicht von einem Dienstboten des Hauses die Beschreibung des Zimmers und auf gleichem Wege auch die Sachen erhalten haben. Deshalb erachte er sich durch das Vorgebrachte, wenn jener nicht noch anderes hinzufüge, keineswegs für besiegt. Ambrogiuolo sagte darauf: „Wahrlich, du solltest dich damit begnügen; weil du aber verlangst, ich soll noch mehr sagen, so will ich es tun. Ich sage dir denn, daß Frau Ginevra, deine Gattin, unter ihrer linken Brust ein kleines Mal hat, um das wohl sechs goldgelbe Härchen herumstehen.“ Als Bernabo das hörte, war es ihm wie ein Messerstich durch das Herz, und die plötzliche Blässe seines Gesichts bekundete auch ohne Worte die Wahrheit dessen, was Ambrogiuolo gesagt hatte. Nach einer Weile sagte er: „Ihr Herren, was Ambrogiuolo berichtet, ist wahr. So hat er denn gewonnen und mag sich, wann es ihm beliebt, die Zahlung abholen.“

      Wirklich wurde Ambrogiuolo schon am folgenden Tag vollständig bezahlt. Bernabo aber verließ Paris und zog voll bösen Blutes gegen seine Frau nach Genua. Als er in die Nähe der Stadt gekommen war, wollte er nicht hineingehen, sondern blieb wohl zwanzig Meilen davor auf einer Besitzung, die ihm gehörte, und sandte einen Diener mit zwei. Pferden und einem Briefe an seine Frau, in welchem er schrieb, er sei zurückgekehrt und sie solle ihm mit jenem entgegenkommen. Dem Diener aber erteilte er heimlich Befehl, die Frau ohne Erbarmen zu ermorden, sobald er mit ihr einen geeigneten Platz erreiche, und dann zu ihm zurückzukehren.

      Als der Diener in Genua angelangt war, den Brief abgegeben und seine Aufträge ausgerichtet hatte, empfing ihn die Frau mit herzlicher Freude. Am andern Morgen stieg sie mit ihm zu Pferde und verfolgte den Weg nach jener Besitzung, bis sie unter mancherlei Gesprächen, die sie während des Reitens führten, in ein tiefes, einsames Tal gelangten, das Bäume und hohe Felswände rings umschlossen. Das schien dem Diener der gelegene Ort, um den Befehl seines Herrn ungefährdet ausführen zu können. Er zog sein Messer, faßte die Frau am Arm und sagte: „Madonna, empfehlt dem Herrgott Eure Seele, denn hier müßt Ihr sterben und dürft nicht mehr von der Stelle.“Als die Frau das Messer sah und die Worte des Dieners vernahm, rief sie voll Entsetzen: „Um Gottes willen, Gnade! Ehe du mich umbringst, sage mir, was ich getan habe, daß du mich morden willst?“ „Madonna“, entgegnete der Diener, „mir habt Ihr nichts zuleide getan. Worin Ihr aber Euren Gemahl beleidigt habt, davon weiß ich nicht mehr, als daß er mir befohlen hat, Euch auf diesem Wege ohne alles Erbarmen zu töten, und wenn ich es nicht täte, hat er gedroht, mich aufhängen zu lassen. Ihr wißt wohl, wieviel ich ihm verdanke und daß ich mich nicht weigern darf, zu tun, was er befiehlt. Weiß Gott, es ist mir leid um Euch; aber was soll ich tun?“ Darauf antwortete die Frau unter Tränen: „Ach, um Gottes willen, Gnade! Werde doch nicht um eines anderen willen an mir, die ich dir nie etwas zuleide getan, zum Mörder. Gott, der alles weiß, ist mein Zeuge, daß ich nichts begangen habe, um dessentwillen ich von meinem Manne solche Strafe verdient hätte. Aber lassen wir das. Du kannst dich, wenn du willst, um Gott, um deinen Herrn und um mich zugleich verdient machen; nimm hier meine Kleider und schenke mir dafür nur deine Jacke und deinen Mantel. Kehre mit den Kleidern zu meinem und deinem Herrn zurück und sage, du hättest mich umgebracht. Ich schwöre dir bei meinem Leben, das ich von dir als Geschenk erwarte, daß ich verschwinden und in ein anderes Land gehen will, und weder er noch du sollen in diesen Gegenden je das mindeste von mir hören.“

      Der Diener, der sie ohnehin nicht gern töten wollte, ließ sich leicht zum Mitleid bewegen. Er nahm ihre Kleider, gab ihr seine alte Jacke und seinen Mantel, ließ ihr das wenige Geld, das er bei sich hatte, und nachdem er sie gebeten, jene Gegenden zu meiden, ließ er sie zu Fuß in jenem Tal zurück. Dann eilte er zu seinem Herrn und sagte ihm, er habe seinen Befehl nicht nur vollzogen, sondern auch mehrere Wölfe über den Leichnam herfallen sehen. Einige Zeit darauf kam Bernabo wieder nach Genua. Man erfuhr, was er getan, und tadelte ihn allgemein.

      Inzwischen war die Frau einsam und trostlos zurückgeblieben und bei einbrechender Nacht, nachdem sie sich, so gut es sich tun ließ, unkenntlich gemacht hatte, in einer benachbarten Bauernhütte eingekehrt. Hier bekam sie von einer Alten, was sie brauchte, um die Jacke für ihren Körperbau passend zu machen. Aus ihrem Hemd nähte sie sich Hosen, schnitt sich die Haare ab und gab sich überhaupt das Aussehen eines Matrosen. In dieser Gestalt ging sie dem Meere zu. Da traf sie von ungefähr einen spanischen Edelmann, der Herr Encararch genannt ward und sein ihm gehörendes, in geringer Entfernung, bei Alba, vor Anker liegendes Schiff verlassen hatte, um sich an einer Quelle zu erfrischen. Mit diesem begann sie ein Gespräch, verdingte sich bei ihm als Diener und bestieg das Schiff, wo sie sich Sicurano von Finale nennen ließ. Der Edelmann versah sie nun mit neuen, besseren Kleidern. Sie aber wußte ihm in allem so gut aufzuwarten, daß der neue Diener ihm über die Maßen lieb wurde.

      Nicht lange darauf schiffte der Spanier mit einer Warenladung nach Alexandrien und nahm unter anderem mehrere seltene Falken mit, die er dem Sultan zum Geschenk machte. Darauf lud ihn der Sultan einige Male zu Tisch, wurde, weil Sicurano immer mit bediente, auf dessen geschicktes Benehmen aufmerksam und fand daran solchen Gefallen, daß er ihn sich von dem Spanier erbat, was dieser, so leid es ihm tat, nicht abschlagen konnte. Sicurano gewann in kurzer Zeit durch sein gutes Betragen die Gunst und Liebe des Sultans nicht minder, als er zuvor die des Spaniers besessen hatte.

      Darüber kam die Zeit heran, wo sich, wie alljährlich, zu Akkon eine große Anzahl christlicher und sarazenischer Kaufleute zu einer Art Messe versammeln sollte. Zu diesem Markt pflegte der Sultan, unter dessen Oberhoheit Akkon stand, außer mehreren anderen Beamten zur Sicherheit der Kaufleute und ihrer Waren stets einen seiner Großen und eine Anzahl Bewaffneter zu senden. Als nun diesmal die Zeit gekommen war, beschloß er, den Sicurano, der die Sprache bereits vollkommen beherrschte, mit diesem Amt zu betrauen, und wirklich führte


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