Das kleine 1 x 1 der Oralchirurgie. Группа авторов
minimieren, endet die Entlastungsinzision im mesialen oder distalen Drittel des Gingivarandes eines Zahnes und nie median beziehungsweise am tiefsten Punkt des Gingivarandes oder gar interdental durch die Papille. Ist im Rahmen eines parodontalchirurgischen Eingriffs ein apikaler oder koronaler Verschiebelappen geplant, so kann die vertikale Entlastunginzision auch c-förmig gestaltet werden, mit dem Vorteil, dass der Lappen später einfacher und vor allem spannungsfrei adaptiert werden kann. Im Allgemeinen besteht der große Vorteil einer vertikalen Entlastungsinzision gegenüber der horizontalen darin, dass die Ausweitung des operativen Zugangs lokal begrenzt ist.
Abb. 4-14 Nach Einzeichnung der intrasulkulären Inzision ausgehend vom distalen Drittel des Zahnes 11 bis zum distalen Drittel des Zahnes 22 mit vertikaler Entlastungsinzision (apikal Regio 21 sind Narbenzüge von einer vergangenen mukosalen Inzision erkennbar, Zustand nach Wurzelspitzenresektion).
Abb. 4-15 Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens und Defektdarstellung für die bevorstehende Revision der retrograden Wurzelkanalfüllung inklusive Nachresektion der Wurzelspitze 21 (derselbe Patient wie in Abb. 4-14).
Inzisionen im ästhetischen Bereich
Gerade im ästhetischen Bereich bei Patienten mit hoher Lachlinie sind Rezessionen und unschöne Narbenzüge an der Gingiva, die auf eine falsche Schnittführung zurückzuführen sind, unverzeihlich. Heute existiert jedoch eine gewisse Vorhersagbarkeit, welche Schnittführung welches postoperative Rezessionsrisiko birgt. Die intrasulkuläre Inzision (Abb. 4-16) zeigt nach einem Jahr eine durchschnittliche Rezession von 0,42 mm, die paramarginale Inzision (Abb. 4-17) lediglich 0,05 mm. Bei der Papillenbasisinzision (Abb. 4-18) konnten innerhalb eines Jahres keine Rezessionen beobachtet werden3. Im Allgemeinen sind Veränderungen am Parodont durch die Schnittführung vor allem im ersten Jahr zu erwarten, danach verhält sich die parodontale Situation über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren stabil4. Auch wenn nach paramarginaler Inzision seltener und diskretere Rezessionen auftreten, hinterlässt diese Schnittführung häufig unschöne Narben, die beim Lachen exponiert werden können. Daher ist im ästhetischen Bereich die Papillenbasisinzision zu bevorzugen.
Abb. 4-16 Intrasulkuläre Primärinzision mit vertikaler Entlastung bei einem Dreieckslappen.
Abb. 4-17 Paramarginale Primärinzision mit vertikaler Entlastung bei einem Dreieckslappen.
Abb. 4-18 Papillenbasisinzision als Primärinzision mit vertikaler Entlastung bei einem Dreieckslappen.
Neben der Schnittführung spielen aber auch der Druck bei der Lappenmobilisation durch das Raspatorium auf den marginalen Knochen, die Expositionszeit des Knochens (45 bis 90 Minuten) sowie die Dehydration des Lappens eine maßgebende Rolle1,2.
Abszessinzisionen
Submuköse Abszesse durch akute Exazerbation einer Infektion müssen im Rahmen der Notfallbehandlung inzidiert und drainiert werden. Lokalisation und Richtungsverlauf der Inzision müssen hierbei gut überlegt werden, sodass nach Abklingen der akuten Infektion an der Inzisionsstelle noch weitere oralchirurgische Eingriffe mit Lappenbildung möglich sind. Daher sind horizontale Inzisionen an der künftigen Lappenbasis zu vermeiden, da diese die Lappenvaskularisation negativ beeinflussen.
Primär sollten vestibuläre submuköse Abszesse im Oberkiefer eher über eine vertikale Inzision im Bereich der künftigen Schnittführung eines Lappens und palatinal über eine intrasulkuläre Inzision eröffnet werden (Abb. 4-19 und 4-20). Befindet sich die Inzisionsstelle nicht unmittelbar am Abszess, muss stumpf ein Zugang mit dem Raspatorium unter stetigem Knochenkontakt bis zum Abszess hin präpariert und dieser gespreizt werden. Allerdings sind palatinale Abszesse häufiger median gelegen und durch die Wölbung des Palatum durum für eine stumpfe Präparation schlecht zugänglich, sodass in diesen Fällen (para-)marginale Inzisionen oder solche am Punctum maximum zulässig sind (Abb. 4-21). Dabei muss der Verlauf der Arteria palatina berücksichtigt werden. Zur Not kann die künftige Inzisionsstelle mit einer Kanüle punktiert werden, um eine mögliche Überkreuzung der Inzision mit der Arteria palatina auszuschließen.
Abb. 4-19 Submuköser Abszess (hier blau markiert) ausgehend vom Zahn 22 mit Einzeichnung der vertikalen Inzision im Bereich der künftigen Schnittführung bei Lappenbildung.
Abb. 4-20 Einzeichnung der intrasulkulären Abszessinzision bei einem palatinal befindlichen submukösen Abszess (hier blau markiert) ausgehend vom Zahn 28.
Abb. 4-21 In Ausnahmefällen kann ein schlecht zugänglicher Abszess im palatinalen Bereich (hier blau markiert) durch eine marginale Inzision oder am Punctum maximum unter Berücksichtigung der Arteria palatina eröffnet werden.
Im Unterkiefer sind generell intrasulkuläre Inzisionen zu bevorzugen, um Blutgefäße und Nerven im Bereich des Foramen mentale sowie des Mundbodens, ebenso wie die mimische Muskulatur am Mentum zu schonen (Abb. 4-22). Auch hier wird der Abszess letztlich durch eine stumpfe Präparation mit dem Raspatorium via intrasulkuläre Inzision eröffnet (Abb. 4-22).
Abb. 4-22 Paramandibulärer Abszess (hier blau markiert) ausgehend vom Zahn 36 mit Einzeichnung der intrasulkulären Inzision.
Nach Eröffnung und Spreizung des Abszesses wird das Innere mit einem Antiseptikum gespült, bis ein klarer Rückfluss sichtbar ist. Im Anschluss erfolgt die Insertion einer Drainage. Hierbei können Silikonröhrchen mit einer Naht fixiert oder jodoformhaltige/vaselinierte Baumwollstreifen inseriert werden, um einen