Das kleine 1 x 1 der Oralchirurgie. Группа авторов
nach Entnahme aus der Verpackung die Form der Spule beizubehalten (Abb. 2-80 und 2-81). Das Nähen wird dadurch nicht gerade erleichtert, insbesondere bei den ersten Nähten, bei denen der Faden meist noch 40 Zentimeter lang ist. In diesen Fällen empfiehlt es sich, mit sterilen Handschuhen die Nadel zwischen Daumen und Zeigefinger der einen Hand zu halten und den Faden durch Daumen und Zeigefinger der anderen Hand einmal hindurchzuziehen (Video 2-8). Durch das Strecken des Fadens verschwindet die Form der Spule fast vollständig und das Nähen wird deutlich erleichtert.
Abb. 2-80 und 2-81 Nach Entnahme des Fadens aus der Verpackung.
Video 2-8 Strecken des chirurgischen Fadens nach der Entnahme aus der Verpackung.
Literatur
1.Reichart PA et al.: Curriculum Zahnärztliche Chirurgie. Band 1. Berlin: Quintessenz, 2001.
2.Schweizerische Zahnärztegesellschaft SSO: Qualitätsleitlinien: Praxishygiene (2015). https://www.sso.ch/zahnaerzte/qualitaetsleitlinien.html (letzter Zugriff 04.06.2020).
3.World Health Organization (WHO): Surgical Handrubbing Technique, NewSurgicalA3 (2009).
Nahttechniken in der Oralchirurgie
Viele oralchirurgische Eingriffe enden mit einer Nahtversorgung – primär, um einen mobilisierten und replatzierten Mukoperiostlappen möglichst in seiner Originalposition zu fixieren; sekundär aber auch, um gegebenenfalls die Wundfläche von Alveolen zu verkleinern oder eine Alveolen- oder Defektauffüllung mittels Naht zu stabilisieren; und nicht zuletzt auch, um gegebenenfalls einen stabilen plastischen Verschluss von Alveolen oder eröffneten Kieferhöhlen zu ermöglichen6,7.
Führen und Einstechen der Nadel
Die Nadel wird mit dem Nadelhalter im Bereich des Nadelkörpers gefasst (nicht an der Nadelspitze, nicht im Bereich der Armierungszone; s. Kap. 2: Nahtinstrumente und Nahtmaterialien) und mit einer Drehbewegung durch die eine Seite des Wundrandes hindurchgeführt bzw. hindurchgedreht. Der Einstich sollte je nach Situation und Gingiva-Biotyp etwa 2 mm vom Wundrand her erfolgen. Kann die Nadel an dieser Stelle nicht in einem Zug durch beide Wundränder hindurchgeführt werden, wird sie zunächst erneut mit einer Dreh-/Rotationsbewegung aus dem Weichgewebe herausgezogen und danach durch den zweiten Teil des Wundrandes geführt. Reine Zugbewegungen an der Nadel sind zu vermeiden, da sie zum Ausreißen der Wundränder, aber auch zum Abreißen des Fadens direkt an der Nadel führen können.
Bevor man mit dem Knoten beginnt, sollte der Faden soweit hindurchgezogen werden, dass noch etwa 4 cm überstehen, um beim Abschneiden Material zu sparen.
Der chirurgische Knoten
Jede Naht endet mit einem chirurgischen Knoten. Dieser soll verhindern, dass sich die Naht während der Tragezeit von allein öffnet und somit aus einer angestrebten primären Wundheilung eine sekundäre Wundheilung werden könnte. Da Wunden in der Mundhöhle ständigen mechanischen Druck- und Zugbelastungen unterliegen (Kauen, Trinken, Sprechen, Schlucken) und Wunden im Gegensatz zur Dermis nicht ruhiggestellt werden können, muss ein chirurgischer Knoten in der Oralchirurgie über etwa eine Woche bis zur Nahtentfernung stabil bleiben.
Verschiedene Knotentechniken sind für oralchirurgische Eingriffe beschrieben. Über alle Stufen zahnärztlicher Berufserfahrung hinweg hat sich jedoch nur eine bewährt, die aus drei aufeinander folgenden Knoten besteht.
Der erste Knoten ist bei eher dickem (3-0 oder 4-0) und multifilem Nahtmaterial ein Doppelknoten (Abb. 3-1), bei eher dünnem (5-0 oder 6-0) und monofilem Nahtmaterial ein Dreifachknoten (Abb. 3-2). Beim Zuziehen dieses ersten Knotens werden die Wundränder adaptiert und in Kontakt zueinander gebracht. Für den nächsten Knoten muss man danach den Faden etwas lockerlassen. Hierbei dürfen sich die gerade adaptierten Wundränder nicht wieder voneinander entfernen. Bei dickem multifilem Nahtmaterial ist die Friktion eines Doppelknotens durch die raue Fadenoberfläche genügend groß, um dies zu verhindern. Bei dünnem monofilem Nahtmaterial jedoch ist ein Dreifachknoten erforderlich, um die gleiche Friktion des glatten Fadens zu erreichen und auf diese Weise einer spontanen Dehiszenz der Wundränder vorzubeugen.
Abb. 3-1 Bei multifilem Nahtmaterial ist der erste Knoten ein Doppelknoten (aus: Rasperini5).
Abb. 3-2 Bei monofilem Nahtmaterial ist der erste Knoten ein Dreifachknoten (aus: Rasperini5).
Der zweite Knoten ist, unabhängig vom verwendeten Nahtmaterial, ein Einfachknoten, der in die Gegenrichtung des ersten Knotens geschlungen wird. Seine Aufgabe ist es, möglicherweise doch etwas voneinander entfernte Wundränder (re)adaptieren zu können, ohne die Naht von vorne beginnen zu müssen.
Der dritte und letzte Knoten ist, ebenfalls unabhängig vom verwendeten Nahtmaterial, erneut ein Einfachknoten, der noch einmal in die Gegenrichtung (beziehungsweise in die Richtung des ersten Knotens) geschlungen wird. Seine Aufgabe ist zu verhindern, dass die ersten beiden Knoten während der Tragezeit aufgehen könnten.
Das Abschneiden des Fadens nach dem Knoten
Nach Beendigung des Knotens muss die Operationsassistenz den Faden abschneiden. Die verbleibende Länge des überstehenden Nahtmaterials sollte genau so sein, dass sich der Knoten innerhalb seiner Tragezeit von alleine nicht öffnet, die Fadenenden jedoch den Patienten nicht stören. Bei multifilem Nahtmaterial sollte dieser Überstand 3 bis 4 mm betragen, bei monofilem Nahtmaterial 7 bis 8 mm. Zu kurz abgeschnittenes monofiles Nahtmaterial pikst in die umgebende Schleimhaut, ähnlich wie Bartstoppeln. Zu lang abgeschnittenes multifiles Nahtmaterial stört wie ein in die Mundhöhle hängender Wollfaden: Der Patient spielt die ganze Zeit mit der Zunge daran herum.
Damit die Operationsassistenz den Faden immer und zuverlässig mit nur einem Scherenschnitt abschneiden kann, sollte der Operateur nach dem Zuziehen des letzten Knotens die beiden Fadenenden einmal durch Übereinanderschlagen