Chefarzt Dr. Norden Box 8 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Chefarzt Dr. Norden Box 8 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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brennend.

      Trotzdem wunderte sich Daniel über diese Bitte.

      »Deine Fähigkeiten in allen Ehren. Aber denkst du wirklich, Dieter Fuchs spricht ausgerechnet mit dir über seine Befindlichkeiten? Immerhin bist du die Frau seines Erzfeindes.« Er zwinkerte Fee zu.

      »Dann hast du also nichts dagegen, wenn ich mein Glück einmal versuche?«

      »Natürlich nicht. Solange du nicht zu enttäuscht bist, wenn er dich abblitzen lässt.«

      »Das lass mal meine Sorge sein.« Felicitas hielt ihren Mann am Kittel fest, drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Im nächsten Moment war sie um die Ecke verschwunden. Nur die Schritte, die schnell leiser wurden, bewiesen Daniel, dass er nicht geträumt hatte.

      Gleichwohl dachte Dieter Fuchs an einen Traum, als Frau Dr. Norden an seinem Bett auftauchte.

      »Was wollen Sie denn hier?« Er runzelte die Stirn. »Falls Sie noch weitere Untersuchungen durchführen wollen, können Sie gleich wieder gehen. Und überhaupt ist es eine Frechheit, dass mich dieser Weigand in diese Abteilung abgeschoben hat. Ich bin doch nicht geisteskrank.«

      Beim Anblick des Verwaltungsdirektors erschrak Fee. Schwammig und blass, wie er war, hatte er noch nie besonders gesund ausgesehen. Neu waren die dunklen Ringe unter den Augen. Zeugen schlafloser Nächte? Oder doch einer Nierenerkrankung? Und was war mit dem Zucken des rechten Augenlids?

      »Falls es Sie beruhigt: Keiner unserer Patienten hier ist geisteskrank.« Was für eine unmögliche Bezeichnung! »Sie befinden sich hier in der psychiatrischen Abteilung unserer Klinik, die sich auf die Behandlung psychischer Störungen und psychosomatischer Erkrankungen spezialisiert hat.«

      »Egal, wie Sie es nennen«, schnaubte Fuchs. »Es ist eine bodenlose Frechheit, mich so zu behandeln.«

      »Bitte beruhigen Sie sich. Heutzutage sind psychische Erkrankungen kein Stigma mehr. Ganz im Gegenteil sind sie genauso ernst zu nehmen wie körperliche Krankheiten.«

      Fuchs saß aufrecht im Bett und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper.

      »Das sagen Sie doch nur, damit Sie keinen Ärger bekommen.«

      Nur mit Mühe gelang es Felicitas, ein Lächeln zu unterdrücken. Die Zeiten, in denen sie sich vor dem Verwaltungsdirektor gefürchtet hatte, waren lange vorbei. Aber das musste sie ihm nicht unter die Nase reiben. Nicht ausgerechnet jetzt.

      »Herr Fuchs, ich bin nicht hier, um mit Ihnen zu streiten. Ich möchte Ihnen helfen.«

      »Vielen Dank. Da nehme ich lieber meine Tabletten.« Er griff nach der Fernbedienung. Leise surrend fuhr das Kopfteil des Bettes herunter. Unten angekommen, drehte er sich um und zog die Bettdecke über die Schulter. Deutlicher konnte er seine Ablehnung nicht zum Ausdruck bringen.

      Im ersten Moment war Fee versucht, auf dem Absatz kehrtzumachen und das Zimmer zu verlassen. Arbeit hatte sie schließlich genug. Darüber hinaus wussten ihre kleinen Patienten ihre Bemühungen mehr zu schätzen als dieser Stoffel. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass sie aus freien Stücken hier stand. Sie dachte an die Worte ihres Mannes. Reckte trotzig das Kinn vor.

      »Was soll das, Herr Fuchs?«, fragte sie und gab sich keine Mühe mehr, freundlich zu klingen. »Warum sträuben Sie sich so gegen Hilfe? Haben Sie keinen Spaß mehr am Leben? Wollten Sie sich etwas antun?«

      »Unsinn!«, schnaubte er. »Ich brauche Ihre Hilfe nicht. Ich habe meine Tabletten.«

      »Wenn alles in Ordnung ist, dann brauchen Sie die doch auch nicht, oder?«

      »In Ordnung! In Orndung!«, äffte Dieter Fuchs die Ärztin nach. Der Gefühlsausbruch kam überraschend. »Nichts ist mehr in Ordnung. Seit meine Tochter aufgetaucht ist und hier alles durcheinanderbringt, klappt nichts mehr. Ich verrechne mich ständig. Kann nicht mehr schlafen. Mich nicht konzentrieren. Und dann dieses Herzrasen. Diese Angst vor jedem neuen Fehler. Schrecklich.«

      »Deshalb nehmen Sie Tabletten?«

      »Ja.« Dieter nickte.

      Fee betrachtete seinen Rücken.

      »Sind Sie sich dessen bewusst, dass Sie mit diesen Beruhigungsmitteln alles nur noch schlimmer machen?«

      Die Bettdecke raschelte. Dieter Fuchs kämpfte sich auf die andere Seite.

      »Und was sollte ich Ihrer Ansicht nach denn sonst gegen all das tun?«, blaffte er sie an.

      »Lassen Sie sich von mir helfen.«

      Dr. Fee Norden wertete es als Erfolg, dass Dieter Fuchs ihr nicht sofort widersprach.

      »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, knurrte er endlich. »Sonst werde ich Sie überhaupt nicht mehr los.«

      *

      »Wow!« Als Dr. Weigand seine Verlobte das nächste Mal zu Gesicht bekam, blieb ihm die Spucke weg. »Du weißt aber schon, dass du zur Facharztprüfung gehst und nicht zum Vorstellungsgespräch bei einem Millionenunternehmen.«

      Sophie drehte sich um ihre eigene Achse. Das Etuikleid war schlicht geschnitten. Hellblau wie ihre Augen und knielang, wie es sich gehörte. Mit kleinem V-Ausschnitt. Die seitliche Raffung war das einzige auffällige Detail und sorgte doch für den besonderen Kick.

      »Heißt das, dass ich dir gefalle?«

      »Du siehst umwerfend aus.«

      »Das ist schlecht. Wenn die Prüfer umfallen, können sie nicht mehr über mein Können richten.«

      Matthias zog Sophie an sich.

      »Wenn du Glück hast, ist eine Prüferin dabei.« Er wollte sie an sich drücken.

      Zwei Hände vor seiner Brust hinderten ihn daran.

      »Berühren verboten. Es darf nicht verknittern.« Auf flachen Sohlen ging Sophie hinüber zur Garderobe, nahm dem Blazer vom Haken und hängte sich die Tasche über die Schulter. »Bist du soweit?«

      »Moment.« Matthias zog den Pieper vom Gürtel und schaltete ihn aus. »Deine Prüfung ist Notfall genug. Noch mehr Aufregung verkrafte ich heute nicht.« Er nahm Sophie an der Hand und zog sie mit sich.

      Auf dem Weg durch die Flure der­ Behnisch-Klinik hallten ihnen Glückwünsche entgegen. Alle Kollegen schienen zu wissen, was Dr. Sophie Petzold an diesem Nachmittag erwartete.

      »Alles hier oben gespeichert?«, fragte ihr Leidensgenosse Benjamin Gruber und tippte sich an die Stirn.

      »Ich hoffe.« Sophie sah ihn an. »Wann ist es eigentlich bei dir soweit?«

      »Ich habe noch ein bisschen Galgenfrist. Aber merk dir alles gut, damit du mir hinterher Tipps geben kannst.«

      »Dein Fachgebiet ist psychosomatische Medizin. Schon vergessen?«

      Sie zwinkerte Benjamin zu.

      »Ich meinte so allgemeiner Natur.«

      In der Lobby trennten sich ihre Wege. Matthias war froh darum. Nicht, dass er den Assistenzarzt nicht mochte. Aber es gab Situationen, in denen er gut und gern auf Smalltalk verzichten konnte.

      Sie überquerten den Platz vor der Klinik. Mit einem Hupton schnappten die Schlösser des Wagens auf. Matthias hielt seiner Verlobten die Tür auf. Wenig später waren sie auf dem Weg durch die Stadt.

      »Prüfer sind keine Monster. Keiner wird es darauf anlegen, dich durchfallen zu lassen«, erklärte er.

      »Ich werde nicht durchfallen.«

      Matthias starrte durch die Windschutzscheibe.

      »Meine Güte, so eine Schlafmütze da vorn!« Er schlug mit der Hand auf das Lenkrad. »Hast du deinen Führerschein im Lotto gewonnen?«

      Sophie musterte ihn sichtlich irritiert. »Was ist denn mit dir los, Matse? Du bist doch sonst nicht so ungeduldig.«

      »Wir sind auf dem Weg zu deiner Facharztprüfung. Schon vergessen?« Er atmete ein paar Mal tief ein


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