Fearless. Anja Schäfer

Fearless - Anja Schäfer


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war klar, dass der christliche Glaube sich auch Ungerechtigkeit in der Gesellschaft entgegenstellen muss. Im Studium hatte er von Mahatma Gandhi gehört. Ihm gefielen dessen Methoden, mit gewaltfreien Mitteln Veränderungen zu bewirken. Nachdem Rosa Parks verhaftet worden war, beteiligte er sich deshalb an der Idee, dass alle Afro-Amerikaner aus Protest gegen die Verhaftung keine Busse mehr benutzen sollten. Dafür fuhren schwarze Taxi-Fahrer zum Bustarif und viele legten lange Strecken zu Fuß zurück. Wegen seines Engagements wurde Martin massiv bedroht. Eine Bombe traf sein Haus. Er haderte. Sollte er diesen gefährlichen Kampf wirklich führen? Später schrieb er: »In diesem Augenblick erlebte ich Gottes Gegenwart wie nie zuvor. Mir war, als hörte ich eine innere Stimme, die mir Mut zusprach: ›Steh auf für die Gerechtigkeit! Steh auf für die Wahrheit. Und Gott wird immer an deiner Seite sein.‹«

      Die Afro-Amerikaner bestiegen ein Jahr lang keine Busse in Montgomery und die Bus-Unternehmen machten große Verluste. Dann entschied das Oberste Gericht, dass die Gesetze über die getrennten Sitzplätze in Bussen gegen die Verfassung verstießen. Die Aktion war erfolgreich gewesen. Martin Luther King und Rosa Parks gehörten zu den Ersten, die ganz vorne in einem Bus auf Plätzen fahren durften, die früher für Weiße reserviert gewesen waren.

      Doch viele Weiße wollten, dass alles so blieb wie bisher. Es begannen Unruhen. Auf Busse, in denen Schwarze saßen, wurde geschossen. Auf Martins Haus wurde ein zweites Bombenattentat verübt und er bekam Morddrohungen, denn mehr und mehr wurde er als Anführer der Bürgerrechtsbewegung in den USA gesehen. Er konnte packend reden, fand treffende Worte und seine Mahnung, der Einsatz müsse friedlich bleiben, aber zugleich etwas voranbringen, überzeugte viele. Unermüdlich reiste er umher, hielt Reden und organisierte gewaltfreie Aktionen wie Sitzblockaden, Demonstrationen oder Gebetstreffen.

      Nach fünf Jahren in seiner ersten Gemeinde wechselte er als Pastor in die Gemeinde seines Vaters, auch damit ihm mehr Zeit blieb, um sich für die Rechte der Afro-Amerikaner zu engagieren.

      Kurz darauf begannen vier junge College-Studenten eine Umwälzung – indem sie sich setzten. Auf Barhocker in einem Imbiss nämlich, in dem nur Weiße erlaubt waren. Sie bestellten Kaffee, wurden aber nicht bedient, bis der Laden schloss. Also kehrten sie am nächsten Tag zurück und weitere schlossen sich ihnen an. Als Studierende in anderen Städten davon hörten, begannen sie mit ähnlichen Aktionen. Martin kam bei einem solchen Sitzstreik ins Gefängnis, wurde aber nicht wie die anderen nach wenigen Tagen freigelassen, sondern zu vier Monaten Zwangsarbeit verurteilt. Erst als der spätere Präsident John F. Kennedy sich einschaltete, kam Martin frei.

      Eine Stadt war damals besonders für ihren Rassismus bekannt: Birmingham. Martin und seine Mitstreiter beschlossen, ihre gewaltfreien Aktionen in dieser Stadt fortzuführen. Ihnen war wichtig, dass sie gut vorbereitet waren. In Kirchen und bei verschiedenen Treffen wurde gewaltfreies Verhalten eingeübt. Wer zum Beispiel an einer großen Demonstration in Birmingham teilnehmen wollte, sollte »Zehn Geboten« zustimmen, die Martin veröffentlichte. Das erste davon lautete, täglich über Leben und Lehre von Jesus nachzudenken. Andere Gebote riefen dazu auf, aus Liebe zu reden und zu handeln, weil Gott die Liebe ist, und täglich darum zu beten, dass Gott uns benutzt, damit alle Menschen in Freiheit leben können.

      Wieder starteten sie Aktionen, bei denen sich Afro-Amerikaner in Restaurants für Weiße setzten und darum baten, bedient zu werden. Von Weißen geführte Geschäfte boykottierten sie. Zusammen mit anderen Bürgerrechtlern wurde Martin erneut festgenommen.

      Bei den Protesten für die Gleichheit aller Menschen wollten in Birmingham auch Schüler mitmachen. Schließlich ging es auch um ihre Zukunft. Sie übten, sich gewaltfrei zu verhalten, und zogen am 2. Mai 1963 los. Doch gegen die friedliche Demonstration ging die Polizei ihrerseits mit Gewalt vor. Sie setzte Wasserwerfer ein und ließ Hunde auf die Menschen los. Fast tausend Schüler wurden sogar verhaftet! Doch gleichzeitig verhandelte die Regierung mit den Bürgerrechtlern und schließlich wurden einige Fortschritte beschlossen, zum Beispiel, dass Restaurants für alle öffnen mussten. Einen Tag danach explodierten Bomben vor dem Motel, in dem Martin übernachtete. »Wir werden weiter demonstrieren und singen und beten«, sagte Martin in der Predigt am folgenden Sonntag. »Alle Menschen sind Brüder, alle Amerikaner sind eine Nation – schwarz oder weiß.«

      In diesem Sommer wurde in fast zweihundert Städten demonstriert. Dem größten Marsch in Washington schlossen sich 250 000 Menschen an, Millionen verfolgten ihn im Fernsehen. Martin Luther King hielt die letzte von vielen Reden an diesem Tag und »I have a dream« wurde zu einer der berühmtesten Reden der Geschichte: »Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird«, sagte er darin und schloss mit den Worten eines alten Liedes: »Endlich frei, endlich frei; Gott dem Allmächtigen sei Dank, wir sind endlich frei.«

      Im Jahr darauf bekam Martin den Friedensnobelpreis, vor allem weil seine Bewegung immer friedliche Aktionen startete und Gewalt strikt ablehnte. Andere Gruppierungen wie die Black-Power-Bewegung widersprachen Martin und wollten auch mit anderen Mitteln kämpfen. Immer stärker engagierte sich Martin auch gegen Armut und sprach sich gegen den Vietnamkrieg aus, den die USA gerade führten.

      Anfang 1968 schien Martin schon zu ahnen, dass er nicht mehr lange leben würde. Anders als sonst schenkte er Coretta vor seiner Reise künstliche Blumen, die nicht verwelken würden, und er rief seine Mutter von unterwegs an, was er sonst nie tat. Am 4. April 1968 war Martin in Memphis, um dort an einer Demonstration teilzunehmen und sich für die Rechte der Afro-Amerikaner einzusetzen. Als er abends auf den Balkon seines Hotelzimmers trat, waren zwei Schüsse zu hören. Martin Luther King starb mit gerade einmal neununddreißig Jahren. Sein friedlicher Kampf hat viele inspiriert. Ein Feiertag erinnert in den USA an jedem dritten Montag im Januar an diesen mutigen Pastor und Bürgerrechtler.

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      SARAH BRENDEL

      *1976

      SARAH STELLTE SICH VIELE FRAGEN. Sie war sechzehn und dachte oft über ihr Leben nach. Sie überlegte: Warum lebe ich, wenn ich doch wieder sterbe? Welche Bedeutung hat mein Leben? Ihre Eltern lasen in der Bibel, aber auf Sarah wirkte sie eher wie ein altes Geschichtsbuch: richtig, aber trocken. Bis sie eines Abends darin etwas über Jesus las und plötzlich dachte: ›Das ist doch Wahnsinn! Da ist ein Mann, der sich Sohn Gottes nennt – und der hat der Welt immer nur Gutes getan: Er hat Kranken geholfen, da steht sogar, dass er Tote auferweckt hat. Und dann wird er von genau diesen Menschen ans Kreuz gebracht und getötet!‹

      Sarah war total berührt von diesem Jesus und sie traf eine Entscheidung: Sie betete und sagte ihm, dass sie mit ihm leben wollte. Es begann etwas Neues für sie und dieses Neue machte sie so glücklich, dass sie anderen davon erzählen wollte. Und noch etwas Entscheidendes geschah: In ihrem trubeligen Zuhause mit sechs Schwestern und vielen Gästen entdeckte Sarah die Musik als einen Ruheort. In ihrem Zimmer brachte sie sich selbst das Gitarrespielen bei und komponierte Melodien zu ihren Tagebucheinträgen.

      Mit ihrer Mutter besuchte sie manchmal das Frauengefängnis im Ort, um den Frauen dort zuzuhören und ihnen zur Seite zu stehen. Irgendwann lud ein Pfarrer sie ein, im Männergefängnis ein kleines Konzert zu geben. Als Sarah das Gebäude mit den Gittern und dem Stacheldraht betrat, war sie aufgeregt. Es herrschte eine düstere und bedrückende Stimmung. Doch als sie ihre Melodien spielte, sah sie die ersten Männer lächeln und spürte die ganze Atmosphäre heller werden. Sie staunte: ›Wow, Musik ist eine Herzenssprache, die Menschen berühren kann!‹ Dieses Gefängniskonzert spornte sie an, weiter Musik zu machen. Sie schrieb Lieder, nahm CDs auf und spielte Konzerte, manchmal zweihundertfünfzig im Jahr. Sie war sogar die erste deutsche christliche Künstlerin, die einen Plattenvertrag in den USA bekam.

      Unterwegs auf Tour traf sie immer wieder Musiker, die ausgebrannt waren, die sich nach einem Zuhause sehnten


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