PLATON SIEHT CHEMTRAILS. Kristjan Knall

PLATON SIEHT CHEMTRAILS - Kristjan Knall


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habe ich als ›platonischen Dialog‹ urheberrechtlich schützen lassen. Meine Frage: Was willst du? Komm endlich zum Punkt. Nicht alle können faulenzen, es philosophiert sich nicht von alleine!«

      »Du meinst wohl, die Knaben verfolgen sich nicht von alleine … Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinen Reichtümern hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.«

      Ich hebe entschlossen den Finger: »Schönheit bietet eine natürliche Überlegenheit.«

      »Aber gut, was wäre, wenn ich mit dir wetten wollen würde.«

      »Um was?«

      »Um die Ehre.«

      »Also um alles.«

      »Exakt. Meine Philosophie, die Welt ist ein Chaos, gegen deine, die Welt ist ein Regelwerk.«

      »Und wie, wenn man fragen darf, willst du das entscheiden? Seit Sokrates von der Politik hinweggerafft wurde, verkriechen sich die Philosophen. Oder willst du gar den Pöbel entscheiden lassen? Warum nicht gleich auch Frauen, Kinder und Ziegen?«

      »Frauen sind bei uns willkommen und unterschätze nicht die Ziegen. Nein, ich garantiere dir eine Möglichkeit. Wenn du dir deiner Sache sicher bist, dann schlag ein. Der Bessere wird siegen.«

      Er streckt die Hand aus. Ich weiß, dass er ein Schlauberger ist.4 Sicherlich, meine Philosophie ist erhabener. Selbst wenn er einen Beweis führen wollte, würde er sich nur blamieren. Ich ahne noch nicht, dass ich von ihm das größte Geschenk und die größte Strafe erhalten werde. Denn von uns beiden bin immer noch ich der größte Klugscheißer. Ich gebe ihm die Hand.

      »Abgemacht.«

      »Nun, Platon …« Er macht eine unerträglich lange Kunstpause. Eine Ziege schaut vorbei, verliert aber ob ihrer überlegenen Intelligenz schnell das Interesse. »Ich kann zeitreisen.«

Teil I: Spott

      Linke Verschwörungen: Safe Space

      »Those who make conversations impossible,

      make escalation inevitable.«

       Stefan Molyneux

      Ein Anhalter stellte einmal fest: In den Einöden eines total aus der Mode gekommenen Ausläufers der Galaxis leuchtet unbeachtet eine kleine gelbe Sonne. Um sie kreist in einer Entfernung von ungefähr einhundertvierundfünfzig Millionen Meilen ein absolut unbedeutender, blaugrüner Planet, dessen vom Affen abstammenden Bioformen so erstaunlich primitiv sind, dass sie Märchen noch immer für eine unwahrscheinlich tolle Erfindung halten.

      Ich trete aus einer alten Fabrik, die jetzt anscheinend nur noch Rauchwolken, Unsinn und Schreie produziert, das Ende einer Ära. Ein fernes Echo des Wahnsinns. Gerade noch einmal davon gekommen. Von Leuten, die dort gelandet sind, weil Denken eben nicht ihr Steckenpferd ist. Die nach Hilfe schreien, weil sie von der Gesellschaft vergessen wurden. Schade, aber die sterben auch irgendwann weg. Und mit der Freiheit kauft man eben auch das Böse. Es muss immer ein paar Verrückte geben, damit man sich abgrenzen kann und sich so wunderschön normal fühlen.

      Diese Zeit kotzt mich an. Das mächtigste Land der Welt wird von einem offensichtlich Wahnsinnigen regiert, das alte Europa schliert wie vor 1914 in den nationalistischen Regress und die Umstellung auf erneuerbare Energien und Automatisierung der Arbeit lässt die überflüssig gewordenen Eliten in trauter Zweisamkeit mit dem Neosklaventum wie angeschossene Bären um sich beißen. Aber alles in allem könnte es schlimmer sein. Das Mittelalter war übel, der Dreißigjährige Krieg. Das Dritte Reich. Selbst in Ländern wie Ägypten war der Lebensstandard noch nie so hoch wie heute. Eigentlich müssten dort alle auf den Straßen tanzen. Aber Glück ist eben immer eine Sache des Vergleichs und diese Zeit ist auf jeden Fall viel ungleicher und rückständiger, als sie es nötig hätte. Eine Diktatur der Willkür.

      Ich glaube zwar nicht, dass die Verrückten aus der Fabrik mich einholen, aber ich reihe mich dort ein, wo sie als letztes nachsehen würden: in einer Demonstration. Lachende Sonnenplakate, trommelnde, junge Leute mit Rastazöpfen, eine Frau verteilt kostenlos Wasser aus einem Bollerwagen. Hier laufen die Hochschüler, die Idealisten, die Zukunft. Das, was man gemeinhin Linke nennt. Das, wo die Verschwörungstheorien die schlechtesten Chancen haben sollten. Menschen sind am ehrlichsten, solange ihr Sein noch nicht das Bewusstsein bestimmt. Studenten, die noch nicht in einen Beruf gepresst sind, wollen die Welt so logisch und gerecht wie möglich. Auch schon, damit sie nicht selbst durch die Maschen fallen. Nach zwanzig Jahren im Beruf würde sogar ein SS-Offizier argumentieren und dass er eigentlich nur das Beste wollte. Eichmann hat schließlich auch nur seinen Job gemacht. Die Menschen teilen sich nicht in ehrenhafte Davids und böse Goliaths. Jeder ist überzeugt, das Richtige zu tun. Erich Mielke sagte: Ich liebe euch doch alle.

      Dazu kommt noch die verdammte Projektion: Wenn jemand ein Glas Wasser trinkt und wir sehen zu, feuern bei uns dieselben Neuronen, wie wenn wir es selbst trinken würden. Unser Gehirn ist auf Empathie getrimmt und dessen nicht so sympathischer, aber dafür hyperaktiver Bruder ist die Projektion. Wir denken, dass das, was wir denken und tun, bei anderen ebenso ist. Nur leider ist das in den seltensten Fällen so. Andere Leute denken allen möglichen Scheiß.

      Mein Blick schweift über die Plakate. Grundeinkommen, Förderung für die Wissenschaft, erneuerbare Energien. Forderungen, die schon seit zwanzig Jahren Realität sein sollten. Und dazwischen dann wieder Homöopathiebefürworter. Heilpraktiker. Anstatt das einzig Richtige zu tun, nämlich mit den Schildern auf sie einzuprügeln, werden sie toleriert und vergiften so das ganze Anliegen.

      Mir reicht es jetzt. Ich bin lange genug weggerannt.

      »FÜR – DIE – ANERKENNUNG – NATÜRLICHER – MEDIZIN!«, schreit eine kurzhaarige, leicht Untersetzte. Hinreichend androgyne Kleidung, um niemanden zu sehr vor den Kopf zu stoßen, Achselhaare als Ausdruck politischer Freiheit.

      »Wie Arsenkur?«

      Die Gruppe sieht verstört herüber. Wahrscheinlich wird gleich der Ordner gerufen, um die Demokratur in den gewünschten Regeln wiederherzustellen.

      »Lass den doch, der ist senil«, höre ich sie tuscheln.

      »Nicht zu senil, um Blödsinn zu erkennen, wenn ich ihn höre!«

      »Ach ja? Was weißt du schon über Medizin?«, fragt sie.

      »Du, Sarkasmus, im Ernst? Eine ganze Menge, aber darum geht es nicht. Ich weiß noch mehr über Verschwörungstheorien und deine Naturmedizin ist eine.«

      »Verschwörungstheorien sind was für Rechte!«

      »Ad hominem, bravo. Die Erstsemester applaudieren. Die Verunglimpfung der Gruppe.« Ich werde warm. Wohlig steigt ein Brei aus Hass und Wut in mir auf. »Wie wäre es, wenn ich sagen würde, Verschwörungstheorien sind nur was für Frauen? Da ist zwar wissenschaftlich nichts dran, klingt aber gut, oder?«5

      Sie holt Luft.

      »Verschwörungstheorien, Miss Kitty, sind eben nicht nur am Rand, sondern in der Mitte der Gesellschaft. Und warum auch nicht, wenn sich damit Geld verdienen lässt? Wer will schon Mediziner werden? Du etwa? Jahrelang studieren, zentnerweise Fakten ins Hirn dreschen und dann auch noch eine riesige Verantwortung über Leben und Tod am Ende eines Sechsunddreißig-Stunden-Tages haben? Und vorgeworfen bekommen, man würde von der Juden-Chemo-Mafia kontrolliert werden? Bist du Medizinerin?«

      »Heilpraktikerin!«

      »Beim Zeus, wieso nicht einfach Heilpraktikerin werden? Das schafft man in ein, zwei Jahren und alles, was man sich merkt, ist so logisch, wie Märchen eben sind. Im Zweifelsfall tendiert alles zu Natur, Ausgeglichenheit und ganz viel reden und sich lieb haben. An sich kein Problem, aber der Staat finanziert Homöopathie und Heilpraktiker mit Millionen Euro im Jahr.6 Ihr seid genau die Leute, die bis zur Unkenntlichkeit potenzierte Hundescheiße als Medikament verkaufen. Ihr seid keine Hypokriten, ihr seid Hippiekriten.«7

      »Was, so ein Quatsch! Du tust mir leid, echt.«

      »Mensch, schade, dass ich nicht in deiner In-Group


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