Colours of Life 3: Nebelschwarz. Anna Lane

Colours of Life 3: Nebelschwarz - Anna Lane


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Teil von ihr allein mir gehört. Ihre Gedanken. Die Klarheit ihres Wesens. Die Version von ihr, die niemand je zu sehen gekriegt hat. Und nie jemand mehr zu sehen kriegt. Auch wenn sie zurückkommen sollte.

      Cameron

      Ich lasse das Messer nicht sinken. Nicht heute. Ich lerne aus meinen Fehlern. Zwar heilt die Narbe der letzten Stunden bereits, aber ich kann den Ärger noch in meinem Fleisch fühlen.

      »Muss ich es noch einmal sagen?« Mein Knurren ist finster. »Die Waffe auf den Boden. Sofort.«

      Der Typ hört nicht auf mich. Er starrt noch immer hinter mich, die braunen Augen entweder auf Neptune oder auf Helena gerichtet. Ich könnte ihm die Klinge mit einem einzigen Wurf in den Schädel jagen.

      »Alter, tu, was er sagt, wenn du kein Messer in einem deiner Augen stecken haben willst.« Neptune räuspert sich, um das Kratzen aus seiner Stimme zu vertreiben. »Wär doch schade drum.«

      Endlich sieht der Typ mich an. Abschätzig zieht er die linke Augenbraue in die Höhe, dann hält er die Pistole in die Höhe, eher er sie langsam auf den Boden liegt. Während er sich nach vorne beugt, blitzt etwas Silbernes an seinem Gürtel auf, beinahe von seinem Mantel verborgen.

      »Was willst du?« Meine Schultern bleiben weiter angespannt, während er lässig die Arme verschränkt.

      »Können wir das hier drinnen regeln oder muss ich im Flur stehenbleiben?« Seine Stimme ist nachlässig, beinahe genervt. »Sorry wegen der Tür.«

      Neptune tritt neben mich. Seine Haltung spiegelt genau die des Fremden. »Sorry? Hat er echt sorry gesagt?«

      Die Frage erntet nur Schulterzucken. »Hättet ihr mich reingelassen, wenn ich geklopft hätte?«

      Ich wechsle einen kurzen Blick mit Neptune. Was zur Hölle will er hier?, hallt es in meinem Kopf wieder.

      »War klar.« Ohne auf eine Erlaubnis zu warten, tritt der Kerl ein und schließt unsere Wohnungstüre, in der jetzt statt einem Schloss ein Loch klafft. Als wäre er hier zu Hause, schlüpft er aus seinem Mantel und wirft ihn über einen der Haken an der Wand.

      Ich hatte recht. In seinem Gürtel stecken zwei scharfe Messer, die er mit einem entschuldigenden Grinsen in meine Richtung auf den Boden fallen lässt und dann mit der Ferse seiner dunklen Lederschuhe nach hinten zur Tür kickt.

      »Seht ihr, unbewaffnet.« Er breitet kurz die Arme aus, ehe er sie wieder zu den Seiten fallen lässt.

      »Oh, das würde ich nicht behaupten«, murmelt Neptune neben mir.

      Ein Wunder, dass er dem Typen nicht gleich den schwarzen Rollkragenpullover vom Körper reißt.

      »Was soll das?« Ich lecke mir über die Lippen. Was verdammt geht hier vor sich? Ist der Kerl vom Militär? Wenn ja, wäre er sicher nicht allein aufgekreuzt. Mit Scharfschützen, vielleicht? Blitzschnell werfe ich einen Blick über die Schulter. Die Fenster sind noch immer mit Zeitungspapier zugeklebt. Keine Chance also.

      »Ich habe euch gesucht.« Er kratzt sich am Hinterkopf.

      »Euch?« Neptune klingt beinahe enttäuscht.

      »Ja, euch alle.« Sein Blick findet Helena, die sich mit verschränkten Armen neben mich gestellt hat. »Fast alle.«

      Meine Faust verkrampft sich um das Messer. »Was willst du?« Irgendetwas an dieser Situation gefällt mir nicht.

      »Können wir uns endlich setzen? Ich habe fast drei Tage nicht geschlafen.«

      Was zur …?

      Bevor ich überhaupt realisiere, was mein Körper gerade tut, schnellt mein Arm nach vorne und reißt den Kerl an der Schulter zurück gegen die Wand. Mein Unterarm kracht gegen seinen Hals.

      Ich spüre, wie ich diesem Kerl die Luft aus dem Brustkorb drücke, als ich mich näher zu ihm lehne. »Scheiße, lass die Spielchen!« Mein Kiefer arbeitet.

      »Nimm das Messer weg!«, mischt sich Neptune aus dem Hintergrund ein, aber sonst hält er sich zurück. Kluger Bursche.

      »Du hast schon mal besser ausgesehen, Cam.«

      »Woher kennst du meinen Namen?« Ich verlagere mein Gewicht weiter gegen seinen Hals. »Wer bist du?«

      »Cam, hör auf, sofort!«

      »Halt dich zurück, Helena«, herrsche ich sie über meine Schulter hinweg an, ohne den Blick abzuwenden.

      »Ich bin Pack.« Der Typ atmet mühsam ein. »Hör mal, wir können uns prügeln.« Schon langsam kriegt sein Gesicht eine ungesunde Farbe, doch er wehrt sich nicht. »Oder wir reden über Crys. Aber nur, wenn du mir vorher nicht die Kehle eindrückst.«

      ***

      Es fällt mir schwer, ruhig zu bleiben. Ihn nicht anzuschnauzen, damit er schneller sein verdammtes Glas Whiskey leertrinkt. Ich bin schon bei dem zweiten, und das Brennen in meiner Kehle, das so angenehm anders schmerzt als die Wut in mir, besänftigt einen Teil meiner Unruhe. Aber eben nur einen Teil davon. Der Rest ist dabei, unter den losen Fäden meiner Geduld mit einem Streichholz zu zündeln. Es ist nur eine Frage von Sekunden, bis das ganze Ding in Flammen aufgeht. Und ich gleich mit.

      Helena wirft mir einen besorgten Blick zu, während sie sich und Neptune ein Glas Wasser einschenkt.

      Ich habe als Einziger nicht am Esstisch platzgenommen, den Helena vorher von meinen Blutspritzern befreien musste, sondern lehne an der Küchenzeile. Schon nach ein paar Minuten tun meine Finger weh, weil ich sie so fest in die Kante des Holzes grabe. Wieso zur Hölle spricht Pack nicht? War sein Kommentar mit Crys nur ein Vorwand, damit ich ihn nicht auseinanderreiße?

      »Hast du Informationen oder soll ich dich lieber gleich rauswerfen?« Eigentlich sollte das eben bedrohlich klingen, doch die Heiserkeit meiner Stimme verdirbt den Effekt. Die Nächte, die ich draußen auf der Straße verbringe, um dem Mädchen nachzujagen, das ich liebe, rauben mir die Nerven. Ich hätte dringend mal wieder einen Haarschnitt nötig. Und eine heiße Dusche. Aber wie soll ich mich verdammt nochmal entspannen, wenn ich nicht weiß, wo Crys ist? Oder was mit ihr geschehen ist? Und wieso mein Bruder plötzlich aufgetaucht ist? Liam … Riley? Mir dreht sich der Magen um.

      »Gott, Pack, sag bitte, was du zu sagen hast, bevor er noch die Küche in Einzelteile zerlegt«, grummelt Helena mit einem Nicken zu meinen weißen Fingerknöcheln.

      Ich lasse los und verschränke stattdessen die Arme vor meiner Brust.

      Mit einem tiefen Atemzug setzt er das Glas an die Lippen und kippt sich den Rest des billigen Fusels hinunter, den Helena aus einem der hintersten Ecken des Küchenschranks gekramt hat.

      »Es gibt zwei Versionen, wieso ich hier bin. Die offizielle und die nicht ganz so offizielle. Mit welcher soll ich anfangen?«

      »Egal, was du tust, fang einfach an«, zischt ihn Helena mit zusammengekniffenen Augen an. So wie sie immer zwischen Neptune und Pack hin und her sieht, entgeht auch ihr nicht, dass ihr Schützling eindeutig Interesse an dem Eindringling hat.

      »Ich bin hier, um Sebastian ausfindig zu machen. Seine Eltern haben mich engagiert.«

      »Was?« Neptune reißt die Augen auf. »Mom? Dad? Sie haben-« Er bricht abrupt ab.

      »Irgendwie musste ich euch doch finden. Die Hinweise, die ich hatte, waren nicht ausreichend, um euch zu lokalisieren. Bis deine Eltern dann mit deinem Anruf an die Öffentlichkeit gegangen sind.« Er nickt Neptune zu.

      »Mit seinem Anruf?« Ich starre Neptune an. Mein Blick muss brennend heiß sein, denn der Ex-Rockstar windet sich in dem Stuhl wie ein Insekt unter einer Lupe.

      »Hör mal …«, fängt er an, während er sich die Ärmel seines roten Pullovers über die Finger zieht und die Lippen zu einem winzigen Strich zusammenpresst.

      »Ich habe ihm das Handy gegeben«, unterbricht Helena ihn.

      War klar. Ich kann mich nicht davon abhalten, genervt aufzustöhnen. »Weiter.«

      »Es


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