"Ich habe neun Leben gelebt". Joseph Melzer


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Westend Verlag

       Ebook Edition

      Joseph Melzer

      Ich habe neun Leben gelebt

      Ein jüdisches Leben im 20. Jahrhundert

      Bearbeitet von Abraham Melzer und Jürgen Jung

Westend Verlag

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       www.westendverlag.de

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

      Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      ISBN 978-3-86489-803-7

      © Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2021

      Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

      Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich

      Inhalt

       Prolog

       I 1907–1918

       Eine unruhige Zeit

       Galizien

       Schabbat

       Pessach

       Auf der Flucht

       II 1918–1933

       Berlin

       In der Landwirtschaft

       Zurück in Berlin

       Die Judenfrage

       III 1933–1936

       Unterwegs

       Im Heiligen Land

       Jerusalem

       Zu Besuch in Berlin

       IV 1936–1939

       Paris

       Warschau

       Endlose Verhöre

       V 1939–1941

       Sibirien

       VI 1942–1945

       Samarkand

       VII 1946–1948

       DP-Lager Admont

       VIII 1948–1958

       Israel

       IX 1958–1984

       Zurück in Deutschland

       Die Geburt des März-Verlags

       Mein Sohn übernimmt den Verlag

       Die Affäre Arrabal

       Wieder Antiquar

       Krebs

       Epilog

      Sehen wir uns nicht mehr auf dieser Welt,

       So sehen wir uns doch in Bitterfeld!«

       – Ludwig Bechstein, Zauberverblendung

      Prolog

      Wenn man eine Biografie schreibt, wie ich es jetzt vorhabe, dann sollte man ganz bei der Wahrheit bleiben. Andernfalls sollte man lieber Romane schreiben, wenn man unbedingt schreiben will und schreiben kann. Ich wollte schreiben, aber konnte nicht und zögerte damit, weil ich nicht begabt genug dafür bin. Ich ließ andere schreiben, wurde Buchhändler und später auch noch Verleger. Ich war stolz darauf, Bücher in die Hand zu nehmen, auf denen mein Name gedruckt war, obwohl ich sie nicht selbst geschrieben hatte.

      Mein Freund Manès Sperber, mein Bruder im Geiste, der in meiner Nachbarschaft aufwuchs, schickte mir seine Lebenserinnerungen, die unter dem Titel Die Wasserträger Gottes im Europaverlag erschienen sind. Beim Lesen musste ich mich immer wieder an meine Kindheit in Galizien erinnern, und ich beschloss, auch meine Lebensgeschichte niederzuschreiben. Ich habe hin und wieder Zitate aus Sperbers Erinnerungen übernommen, wo er mir aus dem Herzen spricht und ich es nicht besser schreiben könnte. Ich bin sicher, dass Sperber das nicht nur erlaubt, sondern auch begrüßt hätte, denn wenn wir uns trafen und Erinnerungen austauschten, mussten wir immer wieder feststellen, dass wir beide oft dasselbe erlebten.

      Jetzt sitze ich in meiner Wohnung und schreibe Erinnerungen auf, soweit ich mich erinnern kann. Um nichts zu verdrehen und vor allem um nicht selbst Opfer von Übertreibung oder Unterlassung zu werden, werde ich mich um Sachlichkeit und um eine zusammenhängende Darstellung bemühen, auch wenn es mir manchmal schwerfällt. Einiges ist im Laufe der Zeit verdrängt worden, anderes verloren gegangen, und an vieles will ich mich gar nicht mehr erinnern. Und außerdem ertappe ich mich immer wieder dabei, unangenehme, peinliche Erlebnisse retuschieren und weglassen zu wollen. Das hilft mir aber nicht. Alles soll raus, auch wenn mich der Text da und dort erröten lässt. Dabei gibt es keinen Grund, sich zu schämen. Ich habe mein Leben lang ehrlich gekämpft, für meine Ideale, für meine


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