Jan siegt zweimal. Carlo Andersen

Jan siegt zweimal - Carlo Andersen


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du denn schon wieder müde?»

      «Schon wieder?» fragte Erling verwundert.

      «Man hat den Eindruck, daß dein Leben in der Hauptsache aus Essen und Schlafen besteht.»

      «Leider nicht», erwiderte Erling. «Dafür sorgst du ja schon, denn in deiner Gesellschaft fehlt es nie an Abwechslung. Man muß sich geradezu wundern, wenn man trotzdem wenigstens hin und wieder einmal ein paar ruhige Minuten zum Schlafen findet.»

      «Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben», erwiderte Jan seelenruhig. «Die Ferien sind noch nicht zu Ende.»

      «Was sagst du?» Erling fuhr hoch. Erschrocken starrte er seinen Freund an. «Nein, Jan! Du willst doch nicht etwa andeuten, es ginge schon wieder los? Meinst du etwas Bestimmtes?»

      «Reg dich nicht nutzlos auf, Dicker!» erwiderte Jan nüchtern. «Ich bin kein Prophet.»

      «Nein, das bist du nicht.» Erling seufzte. «Aber trotzdem ... Ach, warum mußte mir das Schicksal bloß einen Freund bescheren, der sich dauernd in die tollsten Abenteuer stürzt und dafür sorgt, daß man nie dazu kommt, sein Leben in Ruhe und Frieden zu genießen.»

      «Sonst noch was, Dicker?»

      «Eine ganze Menge! Wenn man einmal auf dein Sündenregister zu sprechen kommt, findet man kein Ende. Wunderst du dich, wenn einem dabei die Nerven schließlich zum Teufel gehen?»

      Jan lachte, und Jesper fiel kräftig ein.

      Erling ließ sich wieder ins Gras sinken und gähnte abermals. Für den Augenblick sah es ja schließlich so aus, als würde der Rest der Sommerferien friedlich verlaufen. Es war aber auch wirklich höchste Zeit ...

      Plötzlich rief Herr Helmer vom Hause her: «Jan, du wirst am Telefon verlangt.»

      «Am Telefon? Danke, Onkel, ich komme!» erwiderte Jan.

      Er sprang auf und lief zum Haus hinüber. Wer mochte das sein? fragte er sich verwundert. Nun, es würde sich ja sogleich zeigen.

      Erling blickte ihm mißvergnügt nach und murmelte: «Warum Jan es bloß immer so eilig hat? Man wird ganz erschöpft vom bloßen Zuschauen. Findest du das nicht auch, Krümel?»

      «Keineswegs», meinte Jesper: «Aber ich finde es fürchterlich angreifend, dir zuzuschauen, Dikker. Übrigens kommt mir eben ein guter Gedanke.»

      «Ein guter Gedanke?» wiederholte Erling spöttisch. «Ist das möglich? Aber schieß los!»

      «Es ist wirklich ein guter Gedanke», beteuerte Jesper.

      «Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn. Also?»

      «Ich schlage vor, für dich einen Rollstuhl zu bauen. Dann könnten Jan und ich dich ins Schlepptau nehmen, wenn wir eine Radtour machen. Was meinst du dazu?»

      «Genial! Einfach genial!» rief Erling begeistert. «Ich staune, Krümel. Bisher hast du ja nicht gerade viele gute Gedanken ausgebrütet, aber diesmal ist es dir gelungen, ins Schwarze zu treffen, und das will wirklich etwas heißen.»

      Natürlich blieb Jesper ihm die Antwort nicht schuldig, und bald war das übliche Wortgeplänkel, das den beiden Freunden fast so notwendig geworden war wie das tägliche Brot, im vollen Gange.

      Sie hörten erst auf, sich zu necken, als Jan zurückkam und sich wieder zu ihnen setzte.

      «Es war der Leiter des Fußballklubs von Sönderby», erklärte er seinen gespannt lauschenden Freunden. «Er will duchaus, daß ich mitspiele, wenn sie in acht Tagen gegen Framlev antreten.»

      «Gegen Framlev?» wiederholte Erling, der plötzlich alle Müdigkeit abgeschüttelt hatte. «Das ist ja der Erbfeind von Sönderby! Die Hiesigen haben die Framlever noch nie geschlagen.»

      Jan nickte. «Das ist es ja gerade», stimmte er zu. «Und es ist sehr wichtig, daß Sönderby diesmal siegt.»

      «Weshalb denn?»

      «Die Gemeindeverwaltung hat den Sönderbyern ihren Fußballplatz umsonst zur Verfügung gestellt, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, daß der Platz mit allem Drum und Dran bis zum Ende des Jahres ordentlich instandgesetzt wird. Das kostet ungefähr fünftausend Kronen, und soviel Geld besitzt der Verein nicht. Richtiger gesagt, er hat überhaupt kein Kapital.»

      «Und weiter?»

      «Nun kommt das Merkwürdige», sagte Jan lächelnd. «Zehn Bürger der Gemeinde – darunter Onkel Christian – haben versprochen, dem Verein je fünfhundert Kronen zu stiften, wenn der Fußballklub Sönderby diesmal seinen alten ‚Erbfeind’ Framlev besiegt. Die Sönderbyer Bürger ärgern sich nämlich darüber, daß ihr Fußballklub immer gegen Framlev verliert. Deshalb wollen sie ihre Leute wohl etwas anspornen.»

      «Und was wird, wenn die Sönderbyer wieder verlieren?» fragte Erling gespannt. «Nimmt ihnen die Gemeinde dann den Platz wieder weg?»

      «Das ist leider anzunehmen», erwiderte Jan. «Man hat dem Gemeinderat nämlich kürzlich ein sehr günstiges Angebot für das Grundstück gemacht. Das lockt die Leute. Und weißt du, wer das getan hat?»

      «Keine Ahnung.»

      «Der neue Besitzer von Birkehöj.»

      «So. Und wer ist das?» erkundigte sich Erling.

      «Nanu», rief Jan. «Hast du vergessen, was wir bei dem Einbruch in der Hafnia-Werft in Kopenhagen erlebten? Der Hauptschuldige war doch Direktor Kaj Schmidt, dem damals der schöne Hof Birkehöj gehörte.»b

      «Aha, jetzt fällt es mir ein», sagte Erling. Schmidt wurde ja von der Polizei auf Birkehöj verhaftet, und später hieß es, der Hof sei in den Besitz eines gewissen Poul Dahl übergegangen, von dem niemand etwas Genaueres wußte, der aber ein Freund Schmidts sein sollte.»

      «Stimmt! Und dieser Dahl sitzt jetzt auf dem Hof», erklärte Jan.

      «Weshalb hat der denn ein Interesse daran, den Fußballplatz von der Gemeinde zu erwerben?»

      «Ganz einfach. Er will einen privaten Flugplatz daraus machen. Er besitzt nämlich einen Hubschrauber und ein kleines Sportflugzeug. Mit dem Hubschrauber kann er natürlich auf seinem Hofplatz starten und landen. Für das Sportflugzeug aber, das vorerst auf einem fünf Kilometer von Birkenhöj entfernten Felde steht, braucht er einen Flugplatz. Und der günstigste Platz für ihn ist der Fußballplatz.»

      Erling machte große Augen. «Der Kerl besitzt ein kleines Sportflugzeug und einen Hubschrauber? Dann muß er eine Menge Geld haben.»

      «Das scheint mir auch», sagte Jan lächelnd. «Ich werde Onkel Christian mal fragen, was er von diesem Dahl weiß. Es ist doch höchst interessant, daß er mit Kaj Schmidt, der uns so schwer zu schaffen gemacht hat, befreundet war. Vielleicht war er mehr als nur ein Freund. Schmidt hat ja auch viel Geld gescheffelt. Vielleicht wandelt Dahl auf ähnlichen Wegen.»

      Erling machte ein erschrockenes Gesicht. «Stell bloß nicht schon wieder Nachforschungen an, teurer Freund! Laß das lieber bleiben! Es kommt sicher nichts Gutes dabei heraus. Du wirst schon etwas an diesem Dahl entdecken, das dir verdächtig erscheint, und dann haben wir nur wieder Ärger und Verdruß davon.»

      «Rede keinen Unsinn, Dicker», unterbrach ihn Jan lachend. «Ich interessiere mich für den Mann nur, weil er unsern Fußballfreunden hier den Platz wegnehmen will.»

      «Das kann er doch nur, wenn sie bei dem Spiel gegen Framlev verlieren. Also dürfen sie nicht verlieren», erregte sich Erling. «Und dafür wirst du schon sorgen, Jan, nicht wahr? Das versprichst du mir. Ja?»

      «Ich werde mein Bestes tun», erwiderte Jan. «Aber zaubern kann ich schließlich nicht. Ich habe die Framlever oft spielen sehen. Es ist bestimmt eine gute Mannschaft, und außerdem sind die Burschen sicher besser im Training als die Sönderbyer.»

      Erling war sichtlich nervös. «Jan», fuhr er nach einer kurzen Pause fort, «laß diesen Herrn Dahl in Ruhe! Kümmere dich nicht darum! Gut, er war mit Kaj Schmidt befreundet. Trotzdem kann er


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