Jan siegt zweimal. Carlo Andersen

Jan siegt zweimal - Carlo Andersen


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wirst.»

      «Und du?»

      «Ebensowenig. Aber wäre es nicht recht interessant, wenn wir mal mit dem Hubschrauber einen kleinen Rundflug machen könnten?»

      Jesper brüllte vor Lachen: «Wenn der Dicke in dem Hubschrauber sitzt, kommt der nie und nimmer vom Boden los. Darauf kannst du Gift nehmen, Jan.»

      Diesmal war Erling überraschend flink. Es glückte ihm, seinen Widersacher zu packen und ihm kräftig eins auf die hintere Körperseite zu verpassen. Jesper stieß ein Jammergeschrei aus, als ginge es ihm ans Leben. Es wurde aber schon im nächsten Augenblick von einem ohrenbetäubenden Lärm übertönt, der von oben kam. Als sie aufblickten, sahen sie ein kleines Flugzeug, das in ziemlich geringer Höhe nach Nordosten flog. Die drei Freunde blickten ihm nach.

      «Das war sicher dieser Dahl», sagte Jan. «Ich würde ihn gern gelegentlich mal aus der Nähe sehen.»

      «Warum?» fragte Jesper.

      Jan zuckte die Achseln: «Das weiß ich selber nicht. Aber einem Freunde von Kaj Schmidt traue ich nicht über den Weg.»

      Erling stöhnte laut und rang die Hände. Mit trüben Ahnungen sah er der Zukunft entgegen.

      Zweites kapitel

      Eine Drohung

      Onkel Helmer saß, über seine Rechnungen gebeugt, in seinem Arbeitszimmer, als Jan eintrat und fragte: «Störe ich, Onkel?»

      Christian Helmer schüttelte lächelnd den Kopf: «Nein. Du bedeutest immer eine willkommene Arbeitspause. Was führt dich zu mir?»

      Nach kurzem Zögern sagte Jan: «Eigentlich wollte ich dich nur fragen, ob du Poul Dahl auf Birkehöj kennst und einigermaßen Bescheid über ihn weißt.»

      Helmer blickte seinen Neffen überrascht an und zog ein paarmal an seiner Zigarre, ehe er antwortete. «Du hast mich schon einmal nach diesem Mann gefragt, Jan, aber besonders viel kann ich dir nicht von ihm erzählen. Persönlich kenne ich ihn nicht. Er pflegt keinen Verkehr mit anderen Leuten hier in der Gegend.»

      «Ist das nicht seltsam, Onkel?»

      «Ja und nein; es kommt wohl auf den Standpunkt an», erwiderte Helmer. Nachdenklich betrachtete er die Glut seiner Zigarre. «Ganz abgesehen von dem gesellschaftlichen Verkehr haben wir Landleute ja viele gemeinsame Interessen, über die wir gern miteinander sprechen ... Aber Dahl bleibt alledem fern ... Augenscheinlich interessiert er sich mehr für das Fliegen als für den Betrieb seines Hofes. Er hat nicht einmal genügend Leute dafür eingestellt.»

      «Warum hat er dann den schönen Hof gekauft?»

      «Das habe ich mich auch schon gefragt, lieber Junge. Aber Dahl mag gute Gründe haben, hier draußen zu wohnen und sich ganz für sich zu halten.»

      «Was willst du damit sagen?» fragte Jan.

      «Muß ich dir das erst erläutern? Natürlich handelt es sich nur um Vermutungen, und damit muß man vorsichtig sein. Aber wir wissen ja beide, daß Dahl mit Direktor Kaj Schmidt, dem die Polizei mit deiner Hilfe auf die Spur kam, eng befreundet war und den Hof von ihm erworben hat. Schmidt war auch kein Landwirt, ebensowenig wie Dahl. Weshalb interessierst du dich übrigens plötzlich so sehr für den Mann? Glaubst du, daß bei ihm etwas nicht stimmt?»

      «Glaubst du das nicht auch?» erwiderte Jan lächelnd.

      «Kann sein, kann auch nicht sein», meinte Herr Helmer nachdenklich. «Vorläufig liegt jedenfalls nichts gegen ihn vor.»

      «Was nicht ist, kann noch kommen», sagte Jan.

      «Was soll das heißen?» fragte Helmer.

      Jan berichtete, was er von dem Leiter des Sönderbyer Fußballklubs gehört hatte, und schloß: «Ich verstehe nicht recht, warum Herr Dahl so sehr darauf erpicht ist, den Sönderbyern ihren Fußballplatz wegzunehmen und dort sein Flugzeug unterzubringen. Warum braucht er einen Flugplatz, der in seiner unmittelbaren Nähe liegt, obwohl er doch schon einen besitzt, der nur fünf Kilometer weit weg liegt? Da er sicher ein Auto hat, spielt diese geringe Entfernung für ihn doch gar keine Rolle?.»

      «Vielleicht opfert er gern ein paar tausend Kronen, wenn er es dann etwas bequemer hat?» meinte Helmer. «Seltsam dünkt mich das jedenfalls nicht. Reiche Sportsleute lassen sich ihr Vergnügen oft etwas kosten.» Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: «Übrigens sollst du ja den Sönderbyern helfen, das Spiel gegen Framlev zu gewinnen. Gelingt euch das, dann bekommt der Klub die fünftausend Kronen, die er braucht, um den Platz so herzurichten, wie es die Gemeinde wünscht. Und dann gehört der Platz dem Klub. Ihr müßt also eben gewinnen. Dann ist das Problem gelöst, und Dahl scheidet aus.»

      «Ja, wenn wir siegen. Aber Framlev ist in blendender Form.»

      Helmer nickte. «Stimmt! Sonst hätte das Spiel ja sportlich auch wenig Interesse. Ihr müßt euch also mächtig anstrengen. Aber ihr werdet es schon schaffen. Fünftausend Kronen sind ja ein recht netter Siegespreis.» Er sah aus dem Fenster. «Da fährt Erling gerade weg, mit dem Rad. Was hat er vor?» Jan lächelte: «Wahrscheinlich rückt er aus!»

      «Was sagst du?»

      «Ich vermute, daß er vor den Eierkuchen der guten Mads geflohen ist. Sie hat versprochen, ihm eine ganze Schüsselvoll zu backen. Dem zieht er sogar eine Radtour vor.»

      «Nanu? Das klingt ganz unglaubhaft.»

      «Mads hat ihn – in der Absicht, ihm seine Lieblingsspeise zu bieten –, denn das war es mal –, mit Eierkuchen dermaßen überfüttert, daß ihm ganz übel wird, wenn er bloß an Eierkuchen denkt. Deshalb ist er wohl ausgerückt.»

      Helmer lachte. «Na, er wird schon wieder auftauchen, sobald das Mittagessen auf dem Tisch steht. Er wird sich ja sagen, daß es nicht nur Eierkuchen gibt. Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?»

      Jan verneinte und verließ nachdenklich das Arbeitszimmer. Viel klüger war er durch das Gespräch mit seinem Onkel nicht gerade geworden.

      Natürlich war es nicht merkwürdig, daß ein Mann, der zu seinem Vergnügen Flugsport trieb, Start- und Landeplatz bequem in der Nähe haben wollte, wenn er reich genug war, sich das leisten zu können. Aber trotzdem ... Jan schüttelte den Kopf.

      Eine Stunde später kam Erling von seinem Ausflug zurück. Er sah verschwitzt aus, aber er grinste vergnügt über das ganze Gesicht.

      «Wo bist du denn gewesen, Dicker?» fragte Jan neugierig.

      «In Silkeborg.»

      Das war der nächste größere Ort.

      «Und was hast du da gemacht?»

      «Ein wichtiges Anliegen, mein Freund», erwiderte Erling grinsend. «Ich war beim Doktor, um mir ein ärztliches Attest zu holen.» Erling reichte seinem Freund schmunzelnd ein Blatt Papier: «Lies selber!»

      Jan nahm das Blatt und las mit großen Augen. Der Doktor verbot Erling für die nächste Zeit, Butterteig, Eierspeisen und speziell Eierkuchen zu essen.

      Jan lachte laut auf: «Das hast du fein gedeichselt! Wie hast du den Doktor denn dazu gebracht?»

      «Ich habe ihm die Wahrheit erzählt: daß die Eierkuchen der guten Mads mich dauernd bedrohen und mich an den Rand des Wahnsinns treiben! Er lachte und meinte, das begreife er. Und aus Mitleid ...»

      Er wurde von einer Stimme auf der Gartenterrasse unterbrochen. Es war Mads.

      Sie rief: «Na, da bist du ja, lieber Erling. Wo hast du denn bloß die ganze Zeit gesteckt? Ich habe eine große Schüssel Eierkuchen für dich gebacken. Komm zu Tisch und laß sie dir schmekken!»

      Erling blickte Jan vergnügt an.

      «Gib mir das Attest», sagte er. «Ich habe mich noch nie über ein Blatt Papier so gefreut wie über dies hier.»

      «Arme Mads!» erwiderte Jan lächelnd. «Ich bin gespannt auf ihr Gesicht, wenn sie das Attest liest.»

      *


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