EUPHORIA Z. Luke Ahearn

EUPHORIA Z - Luke Ahearn


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belehrte ihn: »Norman, vergiss nicht, in Deckung zu gehen.«

      Der Dicke rückte ein paar Fuß zur Seite hinter eine dünne, junge Kiefer.

      Der tote Anführer lachte wiehernd: »Du brauchst einen Baum, der wesentlich breiter ist als der, Norm.«

      »Halt die Fresse«, blaffte Norman, obwohl auch er es witzig fand; er war locker viermal so dick wie der Baum.

      »Du siehst aus wie ein Elefant, der sich hinter einem Stoppschild verstecken will.« Harlan war sein eigener größter Fan und lachte am lautesten über seine Witze.

      »Wenigstens sieht mein Riechkolben nicht aus wie ein Pimmel«, konterte Norman. Er hatte tagelang darauf gewartet, diesen Spruch zum Besten geben zu können. Dass Harlan empfindlich reagierte, wenn es um seine Nase ging, wusste er, deshalb brachte das den Jungen auch zum Schweigen.

      Auch Cooper musste schmunzeln. Harlan konnte ein ziemlicher Trottel sein.

      Sein zweiter Häscher stürzte plötzlich los und feuerte, ohne zu zielen. Cooper schaute seelenruhig zu, wie die Platzpatronen überall hinflogen, bloß nicht einmal annähernd auf ihn. Dem Schützen ging ungefähr 30 Fuß vor Cooper die Munition aus.

      »Oh, Kacke.« Er warf sich dramatisch auf die Erde, dann »Autsch.«

      Daraufhin prusteten alle los.

      Cooper ging seelenruhig auf den Liegenden zu, wobei er zusah, dass der Baum zwischen ihm und Norman blieb. Der Jäger versuchte händeringend, neue Farbkugeln in die Zuführung seiner Waffe zu schütten, doch dann stand Cooper vor ihm. Der gescheiterte Nachlader sackte resignierend zusammen.

      Cooper ging in die Hocke, hielt ihm den Lauf seiner Pistole im Abstand von einem Fuß vor die Brust und wisperte: »Ich werde es kurz und schmerzlos machen.«

      »Okay.«

      »Irgendwelche letzten Worte?«

      »Komm schon, tu’s einfach.«

      »Möchtest du eine Nachricht für deine Lieben aufgeben?«

      »Los jetzt, du Arsch, erschieß mich.«

      Cooper feuerte und schlich zurück hinter den Baum.

      »Jetzt sind nur noch wir beide übrig, Norman. Bist du bereit?«

      »Ja, nur zu.« Er versuchte, zuversichtlich zu klingen, aber seine Stimme brach sich dabei.

      »Bist du sicher? Auf welcher Seite des Baumes werde ich vortreten? Stehe ich überhaupt noch dahinter? Vielleicht lauere ich in Wirklichkeit hinter dir.«

      Norman wollte den Kopf drehen, um zurückzuschauen, wusste aber, dass Cooper bloß versuchte, ihn zu verwirren. Darum ließ er den Baum nicht aus den Augen und fixierte eine Stelle etwa drei Fuß über dem Boden. Als er eine Bewegung an einer Seite wahrnahm, duckte er sich, und schon rauschte ein Farbball an ihm vorbei.

      »Scharfes Auge, Norm!«, lobte Harlan.

      Norman blickte wieder dorthin, wo er Cooper gerade gesehen hatte. Er suchte diesen Bereich ab, entdeckte aber keine Spur von ihm. Ein lautes Klatschen an seinem Brustpanzer ließ ihn zusammenzucken, woraufhin rechts über seinem Herzen ein grüner Klecks auftauchte. Dass es Cooper gelungen war, sich mehrere Yards von der Stelle fortzubewegen, an der er gestanden hatte – völlig unbemerkt – war verblüffend.

      »Ach, Mensch.« Norman tat enttäuscht, war aber eigentlich froh; so knapp hatte er bei Paintball noch nie unterlegen, was eine beachtliche Leistung darstellte, wenn man von Cooper gejagt wurde.

      »Gut, gut, gut.« Der Sieger stolzierte nun auf Harlan zu, und der Rest der Gruppe schloss sich den beiden an. »Ich schätze, jemand muss mir eine Pizza ausgeben.«

      Sie zogen auf dem Weg zu der langen Straße, die sie tiefer in den Nationalforst führte, ihre Helme und verschiedene Elemente ihrer Kunststoffpanzer aus. Dabei lachten sie und rissen Witze – ein typisch sorgenfreier Tag für alle. Schließlich warfen sie ihre Ausrüstungen in die Autos. Später am Abend würden sie sich am Strand treffen und ein Lagerfeuer machen.

      In wenigen Wochen begann Coopers Abschlussjahr, aber er freute sich schon jetzt aufs College. Obwohl er diese Zeit vermissen würde, konnte er es kaum erwarten, die Kleinstadt zu verlassen und in die Ferne zu ziehen.

      Allerdings sollte er es nie bis aufs College schaffen. Beinahe auf den Tag genau ein Jahr später würde er auf echte Killer mit scharfen Waffen stoßen – und wieder allein sein.

      Neun Monate zuvor …

      »Ich wollte nur sagen, dass ich nicht mit heruntergelassenen Hosen dort reingehen will«, grollte General Mason Schaumberg. Er stand vor einer dunkelhäutigen Frau im Laborkittel, die deutlich kleiner war als er, und rückte ihr viel zu dicht auf die Pelle.

      »Na ja, viel zu sehen gäbe es dann ja nicht«, erwiderte sie, ohne vor ihm zurückzuweichen. Dr. Aimee Sarin war indischer Abstammung, aber Amerikanerin in der dritten Generation. Sie hatte in Astrophysik promoviert und zeigte sich unbeeindruckt, während er das Machoarschloch heraushängen ließ; genauer gesagt fand sie es niedlich, wenn er das versuchte.

      Der General lächelte. »Heißt das also ja? Diese Berechnungen sind ganz sicher korrekt?«

      Die Doktorin verdrehte bloß ihre Augen. »Was denkst du denn?«

      General und Dr. – so nannten sie einander sogar außerhalb ihrer Arbeitszeit. Sie hatten vor etwas über einem Jahr begonnen, miteinander auszugehen. Dr. Sarin war für Seeker verantwortlich, einem Teleskop auf der dunklen Mondseite, von dessen Existenz nicht einmal 50 Personen wussten. General Schaumberg wiederum war für Dr. Sarin verantwortlich – jedenfalls beruflich, und selbst darüber ließ sich streiten.

      Seeker übertraf alle anderen Teleskope, die man je gebaut hatte, und sie durfte darüber verfügen, was sie in die Situation des ersten Menschen der Welt brachte, der wusste, dass ein möglicherweise verheerender Asteroid auf die Erde zuraste – und zwar noch ehe dem US-Kongress klar wurde, wer das Projekt subventionierte.

      »Und du kommst wirklich nicht mit mir?«, fragte der General, obwohl er die Antwort bereits kannte.

      Sie hasste diese Besprechungen und hatte heute einen triftigen Grund, um fernzubleiben. »Ich bin mir sicher, du schaffst es allein, vor einem Saal voller Männer zu reden, die deine Karriere mit einem Telefonanruf zerstören könnten.« Sie lächelte über diese Spitze.

      »Du verstehst es wirklich sehr gut, mich zu beruhigen, vielen Dank.« Er salutierte mit einem schiefen Grinsen, bevor er zum Konferenzraum ging.

      Normalerweise würde sie einem so wichtigen Treffen beiwohnen, doch es galt, weiter an den Berechnungen zu arbeiten. Um mit hundertprozentiger Gewissheit zu sagen, dass der Asteroid einschlagen würde, war es noch zu früh, doch die Wahrscheinlichkeit dafür stand hoch. Dennoch hoffte sie, sich zu irren.

      Sie war aufgeregt gewesen, als man sie auserwählt hatte, jenes Team zu leiten, welches das geheime Teleskop bedienen sollte. Dessen Stärken begeisterten sie, doch sobald sie die tatsächliche Zahl der Flugkörper gesehen hatte, die eine erhebliche Bedrohung für die Erde darstellten, war sie dazu übergegangen, nach der Arbeit zu trinken, um schlafen zu können. Innerhalb weniger Monate hatte sie sich auf dem besten Wege befunden, ihre Karriere zu zerstören. Mithilfe des Generals war sie wieder auf die richtige Spur gekommen, und eine Beziehung hatte sich entwickelt.

      Dass man der Öffentlichkeit weismachte, man sei vor Asteroideneinschlägen sicher, regte sie immer noch auf, doch mit der Wahrheit umzugehen, wäre zu arg für die Menschen. In diesem Fall war Unwissen ein Segen, aber am schlimmsten fand Dr. Sarin, dass selbst das überragende Teleskop nicht jedes Objekt ausmachte, das die Erde treffen konnte.

      Während sie beobachtete, wie der General den Konferenzraum betrat – selbstbewusst wie immer –, zwickten sie leise Gewissensbisse, weil er es war, nicht sie. Ich mach’s mit einem gemeinsamen Abendessen wieder gut. Vielleicht schaue ich mir sogar diese dämliche Fernsehserie über die Motorradgang an und tue so, als würde sie mir gefallen, sinnierte sie.

      Drei


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