DIE VERGESSENE KATHEDRALE (Die Ritter des Vatikan 7). Rick Jones

DIE VERGESSENE KATHEDRALE (Die Ritter des Vatikan 7) - Rick Jones


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bewacht, Kimball.«

      Kardinal Pastore gehörte genau wie die anderen drei Kardinäle im Raum zum Rat der Sieben, einer Gruppe, die über die Existenz der Vatikanritter Bescheid wusste und über ihre Missionen entschied. Deshalb konnte Kimball ihnen gegenüber auch ganz offen sprechen. »Ihr wisst, wer das getan hat, nicht wahr?« Er deutete auf den Papst.

      Kardinal Pastore nickte. »Pinchas.«

      »Richtig! Ein ehemaliger Ritter des Vatikan. Bis jetzt können wir noch nicht genau sagen, ob noch andere frühere Vatikanritter in diese Sache involviert sind. Aber sollte das der Fall sein, müssen wir unbedingt Vorkehrungen treffen, und das hier ist nun mal ein Krankenhaus und keine Festung. Es gibt hier Schwachstellen, die sich ein Vatikanritter ohne Probleme zunutze machen könnte, trotz des Wachpersonals.«

      »Kimball« begann nun Kardinal Kumphry, »der ehrenwerte Kardinal Pastore hat es ja gerade schon erklärt. Papst Pius kann in seinem jetzigen Zustand nicht verlegt werden. Das Risiko, dass er dabei stirbt, ist viel zu hoch.«

      »Aber wenn wir ihn nicht verlegen, sorglos sind und glauben, Pinchas hätte allein gehandelt, obwohl er es in Wirklichkeit vielleicht nicht getan hat, wird Bonasero bis zum Morgengrauen so oder so tot sein. All diese Wachleute vor der Tür werden keinen Unterschied machen. Wenn ein Vatikanritter zu Bonasero gelangen will, wird es ihm selbst unter diesen erschwerten Bedingungen gelingen.«

      »Kimball, ich vertraue deinem Urteil natürlich«, sagte Kardinal Pastore. »Das tun wir alle, das weißt du. Aber die Umstände zwingen uns nun mal zu dieser Entscheidung. Wenn wir den Pontifex bewegen, wird er ganz sicher sterben. Sollte wirklich noch jemand hinter dem Papst her sein, dann müssen wir uns ihm hier, in diesem Krankenhaus, entgegenstellen.«

      So frustriert Kimball über diese Lage auch war, so wusste er insgeheim doch, dass Kardinal Pastore recht hatte. Bonasero Vessuccis Leben hing momentan an einem sehr dünnen Faden, und jede Entscheidung, so klein sie auch erscheinen mochte, konnte diesen Faden zerreißen.

      Kimball ließ die Schultern sinken. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen. »Ich werde Jesaja und Leviticus benötigen«, sagte er nun entschieden. »Allein werde ich das nämlich nicht schaffen können.«

      Kardinal Pastore nickte. »Natürlich. Beten wir, dass dies nur ein einmaliges Ereignis war«, sagte er. »Beten wir dafür, dass Pinchas nur auf eigene Faust agiert hat und er irgendwann seinen Weg zu uns zurückfinden wird.«

      Kimball verzog die Mundwinkel zu einem bitteren Grinsen. Darauf würde ich nicht wetten.

      ***

      Das Gemelli-Krankenhaus war ein riesiges Gebäude mit mehreren Anbauten, von denen die meisten acht Stockwerke besaßen. Vor den Eingängen zum Haupthaus, der Notaufnahme, der Ambulanz und der Lieferzonen waren ebenfalls Carabinieri positioniert worden, die ihre volle Schutzausrüstung samt Protektoren, Helmen mit konvexen Visieren und Kevlarwesten trugen.

      Mordechai beobachtete sie aufmerksam aus der Ferne.

      Über mehrere Stunden hinweg, bis zum Anbruch der Dunkelheit hatte er das gesamte Areal ausgekundschaftet, um eine Schwachstelle zu finden. Auf der Rückseite des Gebäudes befand sich ein Personaleingang, der vollkommen unbewacht war. Die Tür selbst war verriegelt und alle vier Minuten fuhr ein Jeep des Sicherheitspersonals auf seiner Runde um das Gemelli-Krankenhaus daran vorbei, deshalb blieb ihm nur ein Zeitfenster von vier Minuten, um in das Gebäude einzudringen.

      Verborgen im Schatten konnte er den Jeep hören und sah, wie er sich der Rückseite des Krankenhauses näherte. Als der an dem Seitenspiegel des Jeeps installierte Scheinwerfer die Dunkelheit erforschte, zog sich Mordechai langsam in seine Deckung zurück und wartete, bis sich der Jeep wieder entfernte.

      Als dieser schließlich um die Kurve bog, eilte Mordechai auf den Personaleingang zu und legte die flache Hand an das Metall. Die Nacht war warm, das Metall ebenfalls. Er überprüfte nun den Türriegel, der aussah wie eine Art verlängerter Pistolenabzug, den man anheben und aufziehen musste, um die Tür zu öffnen, und stellte fest, dass dieser verschlossen war. Also trat er einen Schritt zurück, musterte den Mechanismus ausgiebig und bemerkte dabei das Schlüsselloch, für das man offenbar eine ganz besondere Art von Schlüssel brauchte.

      Ihm blieben noch drei Minuten.

      Er sah hoch und ließ seinen Blick an den glatten Wänden hinaufgleiten, die in die oberen Etagen führten – von hier unten war sie unerreichbar. Denn es gab keine Feuerleitern oder Ähnliches, nichts, woran er sich hätte hinaufziehen können.

      Also wieder zurück zu dem Schloss.

      Er zog die schallgedämpfte Pistole aus seinem Schulterholster, zielte auf das Schloss und feuerte dann zwei Schüsse darauf ab. Das Mündungsfeuer erhellte die Umgebung mit zwei kurzen Lichtblitzen.

      Noch zwei Minuten.

      Aber die Tür war weiterhin verschlossen.

      Er zielte noch einmal sorgfältig, dieses Mal direkt auf das Schlüsselloch, und gab zwei weitere Schüsse ab, und wieder erhellte das Mündungsfeuer das ganze Areal.

      Jetzt öffnete sich die Tür kaum wahrnehmbar. Mordechai packte den Griff, zog die Tür auf und betrat vorsichtig das Gemelli-Krankenhaus. Er sicherte seine Waffe, steckte sie wieder ein und durchquerte dann den leeren Verwaltungsbereich, um zur Patientenaufnahme zu gelangen.

      Er konnte das Semtex in seiner Weste deutlich fühlen und spürte das Gewicht.

      Plötzlich waren die Stimmen wieder da – kalt und gefühllos füllten sie seinen Verstand mit Befehlen.

      Seine Pupillen zogen sich auf die Größe von kleinen Punkten zusammen, was bedeutete, dass sein Verstand sich nun ausschließlich auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrierte: Bonasero Vessucci zu finden und ihn zu töten.

      ***

      Die Kardinäle hatten Kimball Hayden mittlerweile verlassen, doch er war nicht allein. An seiner Seite standen seine beiden Lieutenants, Jesaja und Leviticus. Während Jesaja eher drahtig und dünn war, glich Leviticus mit seinen breiten Schultern und dem gewaltigen Brustkorb eher einer kleineren Ausgabe von Kimball.

      Vor dem Aufwachraum A, der nun exklusiv dem Pontifex vorbehalten war, standen weiterhin schwerbewaffnete Carabinieri. Der Papst lag regungslos in seinem Bett und atmete nur mithilfe des Beatmungsgeräts. Neben ihm saß Kimball, der noch immer seine Hand hielt und ein leichtes Pulsieren spüren konnte, das unendlich langsam durch die zerbrechlich wirkenden Adern rann.

      Kardinal Pastore hatte dem Papst bereits die letzte Ölung verabreicht. Obwohl alle für einen freudigen Ausgang beteten, rechnete man doch insgeheim mit dem Schlimmsten. Alles hatte nun mal sein Ende – und dieses spezielle Ende war untrennbar mit einem glorreichen Neuanfang verbunden.

      Natürlich hatte es unter den Kardinälen bereits Diskussionen darüber gegeben, ob man die Kurie einberufen sollte, um die Wahl eines neuen Papstes vorzubereiten, was Kimball persönlich schwer verstörte. Aber er verstand natürlich, dass der Vatikan ein politisches Gebilde war, welches selbst in schwierigen Zeiten seine Pflichten erfüllen musste. Das war durchaus etwas, was er nachempfinden konnte.

      Dennoch war es nicht leicht für ihn, diesen Umstand zu akzeptieren.

      Als er Leviticus Hand spürte, die sich sanft auf seine Schulter herabsenkte, verstand Kimball sofort, was diese einfache Geste zu bedeuten hatte. Wir sind für dich da, Kimball. Wir wissen, wie du dich gerade fühlst. Was auch passiert – wir werden stets an deiner Seite stehen, damit du diesen Weg nicht allein gehen musst.

      Als Leviticus seine Hand irgendwann zurückzog, seufzte Kimball leise.

      Über die Jahre hinweg war zwischen Kimball und Bonasero eine Verbindung gewachsen, die so eng war, dass sie wie Vater und Sohn geworden waren. Diese war außerdem von tiefem gegenseitigem Respekt geprägt. Wann immer Kimball gestrauchelt war, war es Bonasero gewesen, der ihn wiederaufgerichtet und ihm erneut den Weg ins rettende Licht gewiesen hatte – etwas, das Kimball auf seiner Suche nach Erlösung bis dahin verwehrt geblieben war.

      Kimball


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