Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung

Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart - v.-Hinckeldey-Stiftung


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sondern auch, weil viele Kriminelle die Gunst der Stunde genutzt und sich in den Polizeidienst eingeschlichen hatten. Wir hatten bei der Präsidialwache beispielsweise einen wegen Mordes Vorbestraften, der sich als »Politischer« (das heißt politisch Verfolgter des Nazi-Regimes) ausgegeben hatte. Als nun allmählich die Strafregisterauszüge wieder vorlagen – zuletzt die aus den besetzten Ostgebieten -, da stellte man in vielen Fällen fest, wie ungeeignet die Leute für den Polizeidienst waren.

      Zunächst war nur die sowjetische Besatzungsmacht in Berlin. Anfang Juli 1945 erschienen die Amerikaner, kurz darauf die Briten und Mitte August 1945 die Franzosen. Die Alliierte Kommandantur stellte das höchste Organ für die damals noch ungeteilte Stadt Berlin dar, für Polizeiangelegenheiten war ein Ausschuß gebildet worden, das Public Safety Committee. In ihm saßen Vertreter aller vier Mächte, getagt wurde im Polizeipräsidium. Zu den Sitzungen mußten immer Herr Markgraf und Herr Stumm erscheinen. Ich wurde meistens mitgenommen – manchmal vertrat ich auch Herrn Stumm. Wir bekamen unsere Weisungen, was wir zu erledigen hatten und worüber Berichte angefertigt werden mußten. Auf den Sitzungen ging es oft ziemlich stürmisch zu, und zunächst war das Verhältnis zu allen vier Mächten gespannt.

      Die Alliierten waren den Deutschen gegenüber natürlich mißtrauisch, sahen in jedem Deutschen einen Nazi und einen, der ihnen feindlich gesinnt war. Aber schon im Laufe der nächsten Monate zeigte sich ein Gegensatz zwischen den Amerikanern und den Sowjets, und die Amerikaner hatten bald den Eindruck, daß die meisten im Polizeipräsidium Tätigen westlich eingestellt waren, zumindest die an der Spitze Stehenden, von Markgraf einmal abgesehen. Natürlich hatten die Russen versucht, überall ihre Leute unterzubringen, vor allem in den Inspektionen des damaligen Ostsektors. Die Inspektionsleiter waren zum Teil Mitglieder der Kommunistischen Partei, und das führte natürlich auch innerhalb der Polizei zu schwierigen Auseinandersetzungen.

      An einem Treffen bei Markgraf im August waren auch Stumm und der damalige Kommandeur Heinrich anwesend. Wir sprachen über Einsatzfragen, und dann kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Markgraf und Heinrich. Stumm und ich mußten den Raum verlassen. Das war das letzte Mal, daß wir Heinrich gesehen haben. Es ist ja bekannt, daß er einige Monate später in einem Lager umgekommen ist.

      Darf ich jetzt einmal daran erinnern, daß Verbindungsoffiziere zum Berliner Magistrat eingesetzt werden mußten. Aber der erste sowjetische Stadtkommandant in Berlin, General Bersarin, hatte festgelegt, daß die Polizei dem Magistrat unterstellt wird. Wenn die Polizei dem Magistrat unterstellt ist, braucht die Polizei keine Verbindungsoffiziere zum Magistrat. Wie ist das zu erklären?

      Das galt nur für die Zeit, in der die Westalliierten noch nicht da waren. Nachdem die Alliierte Kommandantur gebildet worden war, stand fest, daß die Aufsicht über die Polizei unmittelbar von der Alliierten Kommandantur und vom Public Safety Committee geführt wird.

      Etwas anders sah es im Ostsektor aus, wo die Sowjets sich unmittelbar einschalteten. Für den Magistrat galt nur, daß ein Magistratsmitglied, und das war der Oberbürgermeister beziehungsweise ein Stellvertreter, den Alliierten gegenüber die Verantwortung für die Polizei zu tragen hatte. Das waren zeitweise die Bürgermeisterin Louise Schroeder (SPD) und über einen längeren Zeitraum Bürgermeister Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU). Für Verhandlungen kamen für uns mehr oder weniger nur die Alliierten in Frage.

      Herr Dr. Urban, wie ist es dazu gekommen, daß der den Kommunisten nahestehende Polizeipräsident Paul Markgraf suspendiert wurde, aber sein Amt nicht freigeben wollte? Ab März 1948 war die Arbeit des Alliierten Kontrollrats, des obersten Regierungsorgans der Besatzungsmächte in Deutschland, blokkiert, und ab Juni gab es auch keine gemeinsamen Sitzungen der vier Mächte in der Alliierten Kommandantur mehr, die für Berlin zuständig war. Nun verstärkten die Russen den Druck auf das Polizeipräsidium, das im Ostsektor lag, und Markgraf bekam unmittelbare Anweisungen von ihnen, über die Köpfe der westlichen Alliierten hinweg. Dadurch entstanden Spannungen, und die Westalliierten entschieden, daß Markgraf als Polizeipräsident suspendiert werden sollte.

      Darüber konnte aber kein Beschluß der Alliierten Kommandantur mehr zustande kommen. Die Absetzung Markgrafs erfolgte erst im allerletzten Stadium, als schon die Währungsreform durchgeführt worden war und die Luftbrücke begonnen hatte. Die Ablösung der Westsektoren vom Ostsektor wurde bereits vorbereitet, und im Juli/August 1948 wurde das Westberliner Polizeipräsidium in der Friesenstraße eingerichtet.

      Im Juli 1948 spitzten sich die Ereignisse für die Polizei zu. Ich kann mich noch erinnern, daß Dr. Stumm schon Urlaub genommen hatte. Er hatte seinen Wohnsitz in Ostberlin, war aber nach Wilmersdorf in Westberlin zu seinem Freund, dem früheren Oberbürgermeister Dr. Otto Ostrowski, gezogen. Markgraf fragte mich eines Tages, ob ich noch mit Stumm Verbindung habe und was da los sei. Ich habe mich gewunden, weil ich wußte, wie schwierig die Situation geworden war. Am 24./25. Juli war Markgraf in Karlshorst bei den Russen und ließ mir durch sein Vorzimmer sagen, ich solle warten, bis er zurückkäme. In der Zwischenzeit wurde ich von dem amerikanischen Public Safety Officer, Major Bond, angerufen und aufgefordert, sofort in die Rothenburgstraße nach Steglitz zu kommen, in die Büros vom Public Safety Committee. Am nächsten Tage war dann die Teilung vollzogen.

      Dr. Friedensburg als Aufsichtsbehörde über die Polizei hat dann im August 1948 dem nur noch für den Sowjetsektor zuständigen Polizeipräsidenten Paul Markgraf das Recht abgesprochen, als Polizeipräsident zu fungieren, und ausdrücklich entschieden, daß er lediglich die Funktion eines Sektorassistenten ausübe. Polizeipräsident Markgraf hat dies ignoriert und seine Amtsgeschäfte fortgeführt. Der Magistrat entschied jedoch, daß alle Polizeiangehörigen, die sich bis zum 30. August 1948 nicht in der neuen Zentrale in der Friesenstraße gemeldet hatten, fristlos entlassen würden.

      Es gab einen Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten Alexander Kotikow, daß Dr. Stumm und einige andere, zu denen ich auch gehörte, zu verhaften seien.

      Aufgrund eines Befehls der Westalliierten wurde Dr. Stumm mit Billigung des Magistrats zum Polizeipräsidenten ernannt. Zwei Tage darauf ordneten die Alliierten an, daß ich Vizepräsident wurde. Der Dienstsitz war die Polizeikaserne in der Friesenstraße 16 in Kreuzberg.

      Das Ende der einheitlichen Polizei

      von Horst Vierthaler

      Die in den letzten Monaten des Jahres 1947 aufgekommenen Debatten über die Zuständigkeit für die Polizei wurden in den ersten Monaten des neuen Jahres fortgesetzt. Die 54. Stadtverordnetenversammlung billigte am 29. Januar 1948 gegen die Stimmen der SED einen SPD-Antrag, in dem festgestellt wurde, daß die Berliner Polizei aufgrund der Alliierten Anordnungen und Befehle – vom Befehl des Generalobersten Bersarin vom 25. Mai 1945 bis zur Order der Alliierten vom 28. Februar 1947 – der Stadtverwaltung unterstellt sei. Deshalb wurde die Stelle des Polizeiverbindungsoffiziers beim Magistrat von Groß-Berlin gegen den Einspruch von Bürgermeister Dr. Ferdinand Friedensburg, der die Polizeiaufsicht ausübte, als überflüssig gestrichen.

      Polizei zwischen Sowjets und Westmächten

      Am 4. Februar 1948 ernannte der Magistrat, vorbehaltlich der Bestätigung durch die Alliierte Kommandantur, den Leiter der Präsidialabteilung des Polizeipräsidiums, Dr. Johannes Stumm, zum stellvertretenden Polizeipräsidenten.

      Bürgermeister Dr. Friedensburg berichtete am 19. Februar 1948 in einer Presseerklärung über seine erfolglosen Bemühungen, gemeinsam mit dem Polizeipräsidenten Markgraf eine Pressekonferenz abzuhalten, auf der das Schicksal der vermißten Personen, die Auswahl und Ausbildung der Polizeiangehörigen und der Werdegang des Polizeipräsidenten erörtert werden sollten. Er gab bekannt, er habe den Polizeipräsidenten in dienstlicher Form aufgefordert, am 23. Februar 1948 zu einer Pressekonferenz zu erscheinen. Markgraf weigerte sich jedoch, einer Weisung des aufsichtführenden Bürgermeisters Folge zu leisten.

      Am 9. März 1948 ersuchte der Magistrat von Groß-Berlin die Alliierte Kommandantur, der am 3. März 1948 beschlossenen Entlassung des Polizeipräsidenten Markgraf zuzustimmen, was jedoch abgelehnt wurde.

      Unüberbrückbare Gegensätze innerhalb der Polizei traten mehr und mehr zutage. So verfügte


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