Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung

Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart - v.-Hinckeldey-Stiftung


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aus, daß ich erst nach einiger Zeit eine Antwort erhalten und eventuell zu einem Eignungsgespräch eingeladen würde. Weit gefehlt: Nachdem ich die Frage nach einer Parteizugehörigkeit zur NSDAP nochmals verneint hatte, bat man mich zu warten.

      Nach wenigen Minuten wurde ich erneut hereingebeten und dem Leiter der Kriminalinspektion Tiergarten, Herrn Thieme, vorgestellt. Es folgte ein kurzes, höchstens zehnminütiges Gespräch über mein bisheriges Leben und meine Zukunftsvorstellungen, und dann teilte man mir mit, daß man mich für geeignet hielt. Nach diesem Gespräch erhielt ich einen vorläufigen Dienstausweis und wurde angewiesen, mich sofort im Revierkriminalbüro (RKB) 31 in der Derfflingerstraße zu melden.

      Zu meiner Überraschung war ich innerhalb weniger Minuten »Kriminalangestellter beim Polizeipräsidium Berlin« geworden.

      Ich meldete mich beim Leiter meiner Dienststelle, Herrn Schlick. Mein erster Auftrag bestand im Transport eines Gefangenen nach Tiergarten. Der Gefangene war mein Amtsvorgänger, der wegen Nötigung einer Gefangenen vorläufig festgenommen war. Nun durfte ich den Weg durch den Tiergarten zur Wilsnacker Straße an diesem Tag ein zweites Mal beschreiten. Straßenbahnverbindung nach Moabit gab es damals noch nicht, und Dienstfahrzeuge waren weitgehend unbekannt.

      Die Grundausbildung erhielt ich durch den Leiter des Revierkriminalbüros. Er war während des Krieges zur Kriminalpolizei dienstverpflichtet worden und hatte das Metier von der Pike auf gelernt. Was die vielen rechtlichen Bestimmungen anging, die für die Berufsarbeit von Bedeutung sind, waren wir alle sehr unerfahren. Hier fand sich in einem Staatsanwalt ein Helfer, der den interessierten Kollegen der Kriminalinspektion Tiergarten Unterricht erteilte.

      Mein berufliches Wissen rundete sich ab, als ich vom 1. Februar 1947 bis zum 29. März 1947 den fünften Kriminalanwärterlehrgang in Berlin-Spandau besuchte. Wegen meiner guten Lehrgangsleistungen wurde ich am 3. Juni 1947 zur Polizeischule Berlin-Spandau versetzt und habe dort bis zum 30. April 1951 als Lehrer gearbeitet.

      In diesen vier Jahren kamen fast alle Kollegen der Kriminalpolizei, soweit sie in den Westsektoren tätig waren, zu mir in die Ausbildung. In dieser Zeit mußten alle, Neuangestellte wie Übernommene, einen Lehrgang besuchen. Neben den Grundlehrgängen führte die Polizeischule für Funktionsträger der Kriminalpolizei besondere Lehrgänge durch.

      In den ersten Jahren nach dem Krieg bis zur Währungsreform waren Lebens- und Genußmittel sowie alle anderen Gebrauchsgüter rationiert (Zwangsbewirtschaftung). Es liegt auf der Hand, daß sich in einer Zeit der Verknappung des legalen Handels ein schwarzer Markt bildet. Berlin war dafür besonders prädestiniert, da hier vier Besatzungsmächte vorhanden waren, deren Soldaten in unterschiedlicher Weise über Nahrungs- und Genußmittel verfügten. Die Amerikaner zum Beispiel hatten alle begehrten Güter im Überfluß. Diese Nahrungs- und Genußmittel gelangten auf verschlungenen Wegen auf den schwarzen Markt, für den sich die Polizei interessieren mußte, weil der unerlaubte Handel mit zwangswirtschaftlichen Gütern ein Vergehen nach der damals geltenden Verbrauchsregelungsstrafverordnung darstellte.

      Da sowohl den Besatzungsmächten wie auch der Polizei an einer Bekämpfung des Schwarzhandels lag, wurden immer mehr Razzien an Treffpunkten der Schwarzhändler unternommen. Schwerpunkte des Einsatzes waren damals zum Beispiel der Potsdamer Platz, der Tiergarten sowie der Bahnhof Zoo. Der umfangreichste Einsatz fand 1946 statt: Er wurde zeitgleich in allen vier Sektoren über 24 Stunden hinweg durchgeführt. Was die Strafverfolgung anging, waren diese Razzien nicht sehr erfolgreich. Die Schutzpolizei schwärmte aus und trieb die Schwarzhändler zusammen, um sie mit Lastkraftwagen zur Polizeidienststelle zu bringen. Auf dem Weg zum LKW, spätestens aber auf dem Fahrzeug, entledigten sich die Schwarzhändler ihrer Waren und waren demzufolge nur in seltenen Fällen zu überführen.

      Einen besonderen Fall von Schwarzhandel mit Fleisch möchte ich noch kurz schildern. Einige wenige Tiere des Berliner Zoos hatten den Krieg überlebt, doch nun hatte der Zoo große Probleme, diesen Tierbestand zu ernähren.

      Zu den Tieren, die starben, gehörte auch der Elefant »Siam«. Die Zoowärter wollten das Fleisch nutzen. Es war aber zu viel, als daß sie es allein verbrauchen konnten. Deshalb kamen sie auf die Idee, Elefantenfleisch auf dem schwarzen Markt anzubieten. Dabei wurden sie erwischt, und gegen sie wurde ein Verfahren eingeleitet. Doch der Vorsitzende stellte die Strafsache nach der Beweisaufnahme mit folgender Begründung ein: Die Angeklagten werden freigesprochen, weil Elefantenfleisch in Deutschland zu keiner Zeit der Zwangsbewirtschaftung unterlag!

      Der Schwarzhandel brachte die Kriminalpolizei mit vielen traurigen Schicksalen in Berührung, denn es gab viele Menschen, die nur aus bitterster Not auf dem schwarzen Markt verkauften oder kauften.

      Polizeidienst in Moabit (1946-48)

       von Günter Brosius

      Ende 1945 kehrte ich nach kurzer Kriegsgefangenschaft nach Berlin zurück. Meine Heimatstadt war ein einziges Trümmerfeld. Bei den Menschen herrschte tiefe Niedergeschlagenheit. In Anbetracht der allgemeinen Trostlosigkeit wurde für mich folgende Begebenheit zum Schlüsselerlebnis: Vor dem Brandenburger Tor regelte ein Verkehrsposten den Verkehr und zeigte sich dabei als Sinnbild für eine Ordnung im Chaos. Das weckte in mir den Wunsch, in den Dienst der Berliner Polizei zu treten.

      Nachdem ich mein Einstellungsgesuch an das Kommando der Schutzpolizei gerichtet hatte, mußte ich Anfang März 1946 im Dienstgebäude in der Kleinen Alexanderstraße zu einer Einstellungsprüfung erscheinen. Sie bestand nur aus einem kurzen Diktat und einem Aufsatz. Das bereitete mir keine Schwierigkeiten; und der Personalchef erklärte mir, daß ich in Kürze mit meiner Einstellung in den Polizeidienst rechnen könne.

      Kurze Zeit später erhielt ich ein vorgedrucktes Schreiben ohne Unterschrift mit der Aufforderung, am 1. April 1946 meinen Dienst beim Polizeirevier 21/22 in der Wullenweberstraße 11 in Moabit aufzunehmen.

      Einen Tag vorher wurde ich bei der Polizeiinspektion Tiergarten eingekleidet. Ich erhielt eine Uniform, die teils aus ehemaligen Polizeibeständen und teils aus Wehrmachtsbeständen stammte, sowie einen Tschako, jene Kopfbedeckung, die damals als einziges Bekleidungsteil für alle Polizisten einheitlich war. Außerdem wurde mir als Waffe ein hölzerner Schlagstock aus britischen Polizeibeständen übergeben, der im Polizeijargon »Stuhlbein« hieß. Erst Monate später erfolgte die Ausstattung mit einem Revolver Marke Smith & Wesson. Eine ärztliche Untersuchung fand nicht statt.

      Ohne jede Unterweisung versah ich am 1. April 1946 gleich Nachtdienst beim Polizeirevier 21/22. Ein »erfahrener Kollege« – einer, der schon einige Wochen vorher eingestellt worden war – bemühte sich, mir einige Grundbegriffe des Polizeidienstes zu vermitteln. Ich weiß noch, daß ich gleich in der ersten Nacht bei einer wüsten Schlägerei in der Kneipe Alt Moabit/Gotzkowskystraße, vor der wir Standposten versahen, eingreifen mußte. Mit Hilfe der »Stuhlbeine« gelang es uns, die Streithähne auseinanderzubringen, auch wenn mir dabei der Tschako vom Kopf fiel.

      Mein Wachthabender war ein überzeugter SED-Mann. Er führte seine Dienstschicht außerordentlich korrekt. 1948 ist er in den Ostsektor zur Volkspolizei übergewechselt.

      Eine Schicht dauerte zwölf Stunden, danach hatten wir 24 Stunden frei, so daß wir immer abwechselnd eine Tages- und eine Nachtschicht versahen. Für alle dienstfreie Tage gab es nicht. Von den zwölf Stunden mußten neun im Außerdienst abgeleistet werden. Mein Monatsnettogehalt betrug 176,07 Reichsmark.

      In einem Saal des Kriminalgerichts Moabit fand einmal im Monat »Breitenschulung« statt. Unterinspektor »Paule« Schmidt bemühte sich, uns in die wichtigsten Bestimmungen des Polizei- und Strafrechts einzuführen.

      Allmählich wurde ich in meinem Beruf sicherer. Ich las jede mir zugängliche Polizeiliteratur und erhielt zum Bestehen meines ersten Lehrgangs, der vier Wochen dauerte, einen Buchpreis. Schon nach einem Jahr wurde ich als stellvertretender Wachthabender eingesetzt. Ein Jahr später konnte ich einen zweimonatigen Weiterbildungslehrgang besuchen.

      Die Hauptaufgaben der Schutzpolizei bestanden darin, Gefahrenstellen zu beseitigen und allgemeine Ordnungsprinzipien durchzusetzen.

      In vielen Bereichen Berlins lag noch Munition aus dem Krieg. Größere Blindgänger wurden


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