Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart. v.-Hinckeldey-Stiftung
(SPD) sein Stellvertreter Rudolf Wagner (KPD) das Kommando der Schutzpolizei. Von kommunistischer Seite glaubte man nun, auch im Bereich der Schutzpolizei freie Hand zu haben.
Aufbau der Polizei schreitet voran
Was die Neueinstellungen anging, hatten die Dienststellen mittlerweile Weisungen erhalten, die eine zentrale Bearbeitung bei der Personalabteilung des Kommandos der Schutzpolizei gewährleisten sollten.
Täglich erfolgten 100 bis 150 Einstellungen. Die Bewerber mußten Fragebogen ausfüllen, die Angaben über ihren militärischen Werdegang und über eine eventuelle Zugehörigkeit zur NSDAP oder eine ihrer Gliederungen verlangten. Personen, die bis zum 8. Mai 1945 in der Ordnungspolizei beziehungsweise Gendarmerie Dienst versehen hatten, wurden grundsätzlich abgewiesen. Hier schalteten sich jedoch bald die Westalliierten ein. Sie ermöglichten in Einzelfällen die Einstellung ehemaliger Polizeibeamter, die dann einer Polizeiinspektion des jeweiligen Sektors zugeteilt wurden.
Nach der behelfsmäßigen Instandsetzung des früheren Krankenhauses der Polizei konnten auch die ersten Reihenuntersuchungen vorgenommen werden. Neben den bereits im Dienst befindlichen Polizeiangehörigen mußten sich nunmehr die Bewerber vor ihrer Einstellung einer Untersuchung auf Polizeidiensttauglichkeit unterziehen.
Besoldungstabelle August 1945
Gruppe | Dienstgrad | Besoldung/ Monat |
---|---|---|
1 | Polizeianwärter | 225,00 RM |
2 | Wachtmeister der Schutzpolizei | 255,00 RM |
3 | Oberwachtmeister der Schutzpolizei | 285,00 RM |
4 | Leutnants und Hauptwachmeister der Schutzpolizei | 325,00 RM |
5 | Oberleutnants der Schutzpolizei | 390,00 RM |
6 | Oberleutnants der Schutzpolizei nach 7 Dienstjahren | 460,00 RM |
7 | Hauptleute der Schutzpolizei | 500,00 RM |
8 | Hauptleute der Schutzpolizei nach 6 Dienstjahren | 570,00 RM |
9 | Hauptleute der Schutzpolizei nach 10 Dienstjahren | 650,00 RM |
10 | Majore der Schutzpolizei | 730,00 RM |
11 | Oberleutnants der Schutzpolizei | 810,00 RM |
12 | Oberst als Kommandeur der Schutzpolizei | 900,00 RM |
Darüber hinaus wurden die Dienststellenleiter angewiesen, die Polizeianwärter vor Ablauf des dritten Monats ihrer Polizeizugehörigkeit zu beurteilen und diese Gutachten dem Kommando der Schutzpolizei vorzulegen. Die Leistungsberichte sollten dazu dienen, ungeeignete Polizeianwärter rechtzeitig aus dem Polizeidienst zu entfernen. Dieses Verfahren führte jahrelang zu Problemen, weil eine Reihe von Dienststellenleitern nicht bereit oder in der Lage waren, sachlich begründete, objektiv gehaltene Beurteilungen anzufertigen.
Mitgliederfluktuation zweite Hälfte 1945
Der Umfang der Personalbewegung bei der Schutzpolizei ergibt sich aus einer Übersicht über die Polizeiangehörigen, die in der Zeit vom 3. Juli bis 31. Dezember 1945 aus dem Polizeidienst ausschieden.
Es schieden aus: | Polizeiangehörige |
---|---|
im amerikanischen Sektor | 1094 |
im britischen Sektor | 693 |
im französischen Sektor | 288 |
im sowjetischen Sektor | 1173 |
aus der Bereitschaftsinspektion (Sollstärke 483) | 366 |
aus dem Kommando der Schutzpolizei | 30 |
aus der Präsidialbereitschaft | 135 |
insgesamt also in diesen 6 Monaten | 3779 |
Am 4. August 1945 gab das Polizeipräsidium eine vorläufige Besoldungsordnung für die Polizeiverwaltung Berlin heraus. Diese Besoldungsordnung enthielt erstmalig Dienstgradbezeichnungen, die jedoch erst im Jahre 1946 in abgeänderter Form zur Anwendung kamen.
Eine große Anzahl von Polizeiangehörigen betrachtete den Polizeiberuf zunächst nicht als ihren Lebensberuf. Der allgemeine Zusammenbruch des politischen und wirtschaftlichen Lebens führte der Polizei eine Vielzahl von Bewerbern zu, denen es vor allem darum ging, die Notzeit zu überbrükken. Die Gewährung der Lebensmittelkarte I und das Stellen von Arbeitskleidung (Uniform) boten weitere Anreize. Erst später wurde manchen Bewerbern klar, welch vielfältige Aufgaben der Polizeiberuf an den einzelnen herantrug, zudem erlebten sie, wie die Anforderungen im Laufe der Zeit stiegen. Wenn Polizeiangehörige auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausschieden, dürften die wachsenden Lehrgangsanforderungen häufig der Grund gewesen sein. Außerdem boten sich in der Wirtschaft, die lang sam wieder in Gang kam, erneut Erwerbsmöglichkeiten an, die wahrgenommen wurden. Die Polizei mußte beim Wiederaufbau nicht nur eine erhebliche Fluktuation hinnehmen, sondern befand sich auch in der Schwierigkeit, mehrere hundert Fehlstellen beim Kommando der Schutzpolizei nicht besetzen zu können.
Das Jahr 1946 brachte eine schrittweise Festigung im Aufbau des Polizeiapparates. Nachdem die verlagerten Strafregister zurückgeführt worden waren, setzte eine systematische Überprüfung der Polizeiangehörigen ein. Aufgrund der angeforderten Strafregisterauszüge konnte in vielen Fällen nachgewiesen werden, daß die Bewerber bei der Einstellung falsche Angaben gemacht und Vorstrafen verschwiegen hatten. Vorbestrafte Polizeiangehörige wurden daraufhin fristlos entlassen. Allerdings konnten für die Polizeiangehörigen, deren Geburtsort im Gebiet östlich der sogenannten Oder-Neiße-Linie lag, keine Strafregisterauszüge eingeholt werden. Sie mußten eine zusätzliche eidesstattliche Erklärung über ihre Straffreiheit abgeben.
Auf der elften Sitzung der Alliierten Kommandantur am 20. September 1945 genehmigten die Kommandanten die Beschäftigung von Frauen im Innendienst der Polizei – insbesondere in den Meldestellen der Reviere –, die Ausstattung der Schutzpolizei mit Holzknüppeln und die Errichtung einer oder sogar mehrerer Polizeischulen.
Bei der 14. Sitzung am 11. Oktober 1945 beschloß man Maßnahmen zur Neuorganisation der Schutz- und Kriminalpolizei, außerdem erhielt der Polizeipräsident begrenzte Vollmachten und Befugnisse.
In der 22. Sitzung im Oktober 1945 wurde der Beschluß über die Bewaffnung der Polizeiangehörigen und Gefängnisaufseher gefaßt; am 18. Januar 1946 erhielt der Oberbürgermeister