Makarios. Manfred Engeli

Makarios - Manfred Engeli


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wieder den Zwiespalt zwischen dem, was wir eigentlich wollen, und dem, was wir dann schlussendlich tun; wir sind uns unserer mangelnden Liebesfähigkeit bewusst; unser Herz ist in vielem ungestillt und geprägt durch Ängste, Sorgen und Unruhe.

      Was bedeutet es für uns ganz konkret, dass Jesus der Weg zum Vater und damit auch zu einem neuen Leben im Frieden und in der Freiheit ist?

       Unser Beitrag

      Zuerst einmal müssen wir uns für diesen Weg entscheiden. Dies tun wir, indem wir Gottes größtes Angebot annehmen und Jesus als Erlöser und Herrn in unser Leben aufnehmen (vgl. Joh 1,12). So treten wir in die Gotteskindschaft und in die Neuschöpfung ein und öffnen uns für den ganzen Reichtum des göttlichen Segens, der uns verheißen ist (z. B. Eph 1,3).

      Auf diesem Weg lädt Jesus uns nun zu einem weiteren Schritt ein; er möchte, dass wir mit ihm zusammen unterwegs sind; er ruft uns unter sein Joch:

       Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen!

      Und ich werde euch Ruhe geben.

       Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir!

      Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig,

       und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen;

       denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht

      (Mt 11,28–30).

      Jesus ermutigt uns, unsere vielfältigen Joche zu verlassen und ganz und ausschließlich unter sein Joch zu treten. Sein liebevoller Arm der Freundschaft ist das sanfte Joch, unter das er uns einlädt, damit wir in seiner Gemeinschaft Ruhe finden für unsere Seele. Hier können wir alles mit ihm besprechen, ihn fragen, beobachten, wie er die Dinge tut, und ihm nachfolgen, wohin er geht. Er bietet sich uns an als Vorbild, von dem wir lernen können, wie man als Sohn oder Tochter Gottes lebt, um makarios zu sein.

      2 Von Jesus Christus lernen

      Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war (Phil 2,5).

      Das Wichtigste, was wir von Jesus lernen können, ist seine Gesinnung (zum Begriff siehe Anhang). Weil aus der Gesinnung des Herzens (Hebr 4,12) unser Denken und unser Handeln entspringen, setzt Gottes Umgestaltung der Person hier an. Paulus lädt uns ein:

      Lasst euch eine neue Gesinnung schenken.

      Dann könnt ihr erkennen, was Gott von euch will.

       Ihr wisst dann, was gut und vollkommen ist

      und was Gott gefällt (Röm 12,2 | GNB).

       Die Gesinnung Jesu

      Was die Gesinnung Jesu charakterisiert, ist Hingabe. Sein Verzicht ist unvorstellbar groß: Er verließ die tiefe Liebesgemeinschaft mit dem Vater, er verzichtete auf die göttlichen Eigenschaften der Allgegenwart, des Allwissens und der Allmacht und stieg hinab in die Enge des menschlichen Lebens, ins Gefängnis von Raum, Zeit und Körperlichkeit und in die Not der durch Lieblosigkeit geprägten menschlichen Beziehungen.

      Weshalb hat Jesus das getan? Aus Liebe zum Vater und damit sein Plan der Erlösung verwirklicht würde. Aus Liebe zu den geknechteten Menschen, ganz aus freien Stücken. Das ist Hingabe.

      Ebenso beeindruckend ist zu sehen, wie Jesus aus dieser Gesinnung heraus gelebt hat. Er hat als erster die göttliche Berufung des Menschen verwirklicht, allein und ganz zur Ehre Gottes zu leben (vgl. Eph 1,12). Er hat den Vater nie betrübt oder ihn im Stich gelassen. Er suchte nie das Seine, es ging ihm nie um sein Recht, er war frei von jedem Egoismus. Weil er nie außerhalb der Liebe gehandelt hat, wurde er auch nie schuldig (siehe hierzu auch im Anhang unter »Sünde«). Um so leben zu können, musste er das Gesetz der Perpetuierung durchbrechen, durch welches das Ungute in der Welt von Generation zu Generation weitergegeben wird. (Als Perpetuierung wird die Aufrechterhaltung und Fortdauer einer Situation oder eines Zustands bezeichnet.) Dieses Gesetz ist vom Sündenfall an bis heute wirksam. Es gehorcht dem Prinzip von Saat und Ernte: Wo ich verletzt worden bin, verletze ich auch wieder andere; wo ich Defizite habe, kann ich nichts geben; vom Opfer werde ich zum Täter; gerade dort, wo ich selber gelitten habe, werde ich wieder an anderen schuldig. Jesus hat dieses Gesetz überwunden, damit es auch in unserem Leben außer Kraft gesetzt werden kann.

      Als Sohn Gottes besaß er auch in menschlicher Gestalt das beeindruckendste Potenzial an Einsicht, Verständnis, Entscheidungskraft und vielerlei Fähigkeiten. Doch wie hat er sein Potenzial eingesetzt? Er hat nicht darauf vertraut (vgl. Spr 3,5–7; Jer 17,5). Stattdessen hat er sich in allem ganz dem Vater unterordnet und auf jede Eigenmächtigkeit verzichtet. In Johannes 5,19–20 bezeugt er:

      Der Sohn kann nichts von sich selbst tun,

       außer was er den Vater tun sieht;

      denn was der tut, das tut ebenso auch der Sohn.

       Denn der Vater hat den Sohn lieb

      und zeigt ihm alles, was er selbst tut.

      Diese frei gewählte, völlige Unterordnung Jesu unter den Vater machte ihn frei von jeder Menschenfurcht und aller Abhängigkeit von den Menschen; so wurde er unmanipulierbar. Dies machte ihn zugleich stark und demütig. Demut könnte man beschreiben als »Gottesfurcht ohne Menschenfurcht«. Aus seiner Demut erwuchs ihm ein unerschrockener Mut gegenüber den Menschen und dem, was sie uns antun können. In den Verhören vor seiner Kreuzigung verzichtete er auf jede Rechtfertigung und Verteidigung und sagte kein einziges Wort (Mt 27,14). Zur Freiheit, die er durch die kompromisslose Abhängigkeit vom Vater gewann, gehörte aber auch die Bereitschaft, die Menschen freizulassen, statt sie an sich zu binden, und Unverstandensein und Einsamkeit auszuhalten.

      Aber war Jesus glücklich? Wenn wir »Glück« im Sinne der heutigen Gesellschaft verstehen, passt dieses Wort wohl nicht zu Jesu Leben. Aber im Sinne von makarios war Jesus glücklich. In den Seligpreisungen der Bergpredigt (Mt 5,1–12), wo makarios jeweils mit »selig« übersetzt wird, spricht Jesus eigentlich über das, was er selbst erlebt. Dadurch macht er den Jüngern klar, dass allen, die ihm nachfolgen, die Makarios-Erfahrung offen steht, wenn auch durch Not und Leiden hindurch. Das zeigt sich auch im durch viel Verfolgung und Sorgen geprägten Leben von Paulus. Paulus war makarios:

      Ich bin mit Trost erfüllt,

      ich bin überreich an Freude bei all unserer Bedrängnis (2Kor 7,4; vgl. 11,23ff).

      Um makarios zu sein, brauchen wir die Fähigkeit, in der Not und im Leiden in der Freude und im Frieden zu bleiben. Wie ist das möglich? In den Abschiedsreden (Joh 15,9–14) gibt Jesus den Jüngern sein Geheimnis preis. Es heißt: In allem und immer in der Liebe bleiben. Jesus ist in der Liebe des Vaters geblieben, hat sie nie infrage gestellt. Er hat sich entschieden, alles aus Liebe zum Vater zu tun. Aus Liebe zu den Menschen hat er sein Leben für sie hingegeben. Jesus fordert seine Jünger dazu auf, auch so zu leben. Wer in, aus und für die Liebe lebt, bleibt im Frieden. Wenn Gott unser Makarios-Glück will, dann muss er uns also dazu befähigen, in der Liebe zu bleiben und aus der Liebe zu leben.

       Von Jesus lernen

      Am meisten lernen Menschen von Vorbildern. Jesus weiß das; deshalb lädt er uns dazu ein (Mt 11,29). Wie können wir von Modellen lernen? Durch Beobachtung. Wenn wir bei einem Vorbild ein Verhalten sehen, das positive Auswirkungen hat, möchten wir es übernehmen und versuchen, uns auch so zu verhalten. Wie lässt sich das nun übertragen auf unser Zusammensein mit Jesus unter dem gemeinsamen Joch?

      Wir


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