Mecklenburgische Seenplatte Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht

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Kle­now am Rand eines wild­rei­chen Waldes. Der Jagdleidenschaft Her­zog Christian II. Lud­wig geschuldet wur­de in das Lieblingsrevier des Her­zogs nicht nur ein kleines Jagdschloss gestellt, sondern der Ort auch um­ge­tauft in Ludwigs-Lust. Erst der Sohn Ludwigs aber, Friedrich, begann aus dem waidmännischen Refugium eine for­mi­dable Residenz zu machen, nach­dem er diese 1764 von Schwerin nach Ludwigs­lust verlegt hatte. Der fein­sin­nige Friedrich, Herzog von Meck­len­burg-Schwerin, auch „der Fromme“ genannt, kannte viele Tugenden, Spar­samkeit gehörte nicht dazu. Ne­ben dem be­schei­de­nen Jagdschloss entstand nach Plänen des Archi­tekten Jo­hann Joachim Busch 1772-1776 ein re­prä­sen­ta­tives Schloss. Zuvor war be­reits die Stadt­kirche er­rich­tet worden (1765-1770), für die Busch ebenso verant­wort­lich zeich­ne­te, wie auch die Pla­nung der streng strukturierten Stadt­an­lage auf ihn zu­rück­ging. Busch prägte bis zum Ende des 18. Jh. das archi­tek­tonische Bild der Resi­denz­stadt, sein Nachfolger war Johann Georg Barca, der nach 1808 in Ludwigs­lust wirk­te. Vorbei war es mit der höfischen Pracht, als Großherzog Paul Friedrich im Jahr 1837 die Residenz wieder zurück nach Schwerin verlegen ließ, Ludwigslust dien­te nun­mehr nur noch als Som­mer­frische, Witwensitz und Jagdschloss. Bereits in den 1920er Jahren waren einige Räume des Westflügels des Schlos­ses für die Öffentlich­keit zu­gänglich gemacht worden, die her­zog­liche Familie lebte hier noch bis 1945.

      Der Volksmund übrigens bemüht sel­ten Vergleiche zu französischen Prunk­bauten, der Name Ludwigslust wird zugewandt und mundfaul auch zu „Lulu“ zusammengefasst. Und „Lulu“ mit seinen geradlinigen Straßenzügen und den schmucken Back­stein- oder Fachwerkhäusern ist heute ein lebendi­ges kleines Städtchen, das die vielen Be­su­cher rund um Schloss und Schloss­park freundlich empfängt.

      Sehenswertes

      Schloss Ludwigslust

      Zunächst ist Ludwigslust an sich se­hens­wert: die barocke Stadtanlage mit der Schloss­straße als lange und breite Achse, die über den kreisrunden Alexandri­nenplatz mit dem Standbild der reitenden Alexandrine, Tochter der Königin Luise und Gattin von Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, zum Schlossplatz führt; dann das Schloss samt Schlossplatz und um­lie­gender Gebäude; der Schloss­garten, der zu den schönsten Land­schafts­gärten Nord­deutschlands ge­hört, und und und.

      Schloss (mit Museum): Dass das be­scheidene kleine Jagdschloss in Sachen Reprä­sen­tanz keine Dauerlösung sein konnte, war nach dem Tod von Herzog Chris­tian II. Ludwig im Jahr 1756 schnell klar, zumal es das bisherige Schloss an Komfort deut­lich mangeln ließ. Seinem Sohn Friedrich dem From­men, dem sitten­strengen Schön­geist, gefiel es ebenfalls gut in Ludwigslust und er gab des­halb das neue Residenzschloss in Auftrag, das unter Hof­bau­meister Johann Joachim Busch (1720-1802) in den Jahren 1772-1776 aus­geführt wurde. Von ihm stammen auch die Ent­wür­fe für den Schloss­platz, Kanal und Kaskade sowie, hinter den Kaska­den, den Bas­sinplatz, der von zahlreichen Backsteinhäusern um­ge­ben wird: sei­nerzeit die Wohn­häuser von Adel und Hofstaat.

      Das Schloss selbst wurde aus Ziegeln er­rich­tet und mit einer für Mecklen­burg eher untypischen Sandsteinfassa­de über­zogen. Es entstand ein drei­geschos­si­ger, sym­me­tri­scher Bau, der sti­lis­tisch zwischen Spätbarock und Klas­sizismus zu verorten ist. 1777, die In­nen­aus­stat­tung war noch nicht fer­tig, zog der Her­zog bereits in sein neues Zuhause, im gleichen Jahr ließ er das alte Schloss in wei­ten Teilen abtragen. Be­sonders be­ach­tenswert an der Fas­sa­de sind die Atti­kafiguren am Dach des Schlos­ses: Zu sehen sind 40 Statuen, die Allegorien der Künste, der Tu­gen­den und be­sonders der Wissenschaften darstellen, nicht aber der Schau­spiel­kunst, die der from­me Friedrich ver­ab­scheute. Die mittlere Fi­gu­rengruppe der Kaskade gegen­über vom Schloss stellt Al­legorien der Flüsse Rögnitz und Stör dar.

      Im Schloss ist derzeit der Ostflügel zu besichtigen. Der Rundgang beginnt im zent­ralen „Gol­denen Saal“ im ersten Obergeschoss. Die prächtigen De­ko­ra­tio­nen und Or­namente wurden - und das ist das Be­sondere - aus Pa­pier­maché gefertigt und später vergoldet bzw. mit einer Mes­singlegierung an­gestrichen. Der sog. Lud­wigs­luster Car­ton (→ Kasten) erzeugt die Il­lu­sion von Marmor, Blattgold, Stuck, mit­hin von Pracht, die be­son­ders im völlig symmetrischen, elegant verzierten Gol­de­nen Saal zum Ausdruck kommt.

      Achtung Bauarbeiten!

      Nach Fertigstellung des Ostflügels und des „Goldenen Saals“ wird derzeit der Westflügel um­fang­reich renoviert und ist daher nicht zu­gäng­lich. Für die Sa­nierung werden noch ein paar Jahre veranschlagt.

      Es folgen die Räumlichkeiten des Herzogs: Vorzimmer, Audienzzimmer und Ar­beits­zim­mer, dann der Höhe­punkt des Trakts: die Gemäldegalerie, schließlich Schlaf- und Wohnzimmer. Im zweiten Obergeschoss geht es durch die ebenfalls recht ansehnlichen Gäs­te­appartements. Während des Rund­gangs sind zahlreiche Kostbarkeiten und Kuriositäten zu besichtigen. Dazu ge­hören Ge­mäl­de u. a. des fran­zö­si­schen Hofmalers Jean-Baptiste Oudry. Die Sammlung großformatiger Tier­por­träts rund um das Rhinozeros Clara ist weitgehend in der Staatsgalerie in Schwe­rin ausgestellt (und kehrt nach Fertigstellung der Sanierung mög­li­cher­weise nach Ludwigslust zurück). Heute sind hier u. a. der staatliche Löwe im Vor­zim­mer des Herzogs sowie zwei Leoparden, Tiger, Hyäne und Kraniche zu sehen. Das Nashorn in der Bildergalerie ist eine verkleinerte Ko­pie. Auch der Hofmaler Georg David Matthieu darf nicht unerwähnt bleiben. Des­sen Figurentafeln aus den 1760er-Jahren, lebensgroße Figuren von Mit­gliedern des Adels, wurden in den Sälen aufgestellt und wirkten - durch den Spiegel über Eck betrachtet - ver­blüf­fend echt, wenn auch aus heutiger Sicht ein wenig un­heim­lich. Be­mer­kens­wert sind auch die Korkmodelle meist anti­ker Bauwerke in der an sich schon sehenswerten Gemäldegalerie, über und über mit Ge­mälden aus dem spä­ten 18. und frühen 19. Jh. behängt. Ungewöhnlichstes Wohn-Accessoire ist wohl das Meissner-Porzellan-En­semble aus Kamin, Kronleuchter und Spiegel im Ka­binett - kostbar, aber kitschig. Weitere Preziosen finden sich in den Gäs­te­appar­te­ments: Uhren, El­fen­beintäfelchen, zahlreiche Mi­nia­tu­ren, Terrakotta-Büsten des be­deu­ten­den französischen Bildhauers Jean-Antoine Houdon und filigrane Wachs­bild-Reliefs. Papiermaché, Kork und Wachs: Der Fürst scheint ein Faible für un­ge­wöhn­liche Werkstoffe gehabt zu haben - Marmor kann schließlich je­der.

      Ei­nen Museumsshop gibt es am Ein­gang (bei der Kasse), nebenan befinden sich das Schloss­café im historischen Jagdschloss-Ambiente und eine Ter­ras­se zum Schloss­garten.

      ♦ Schloss Ludwigslust mit Museum: Mitte April bis Mitte Okt. Di-So 10-18 Uhr, im Win­ter­halbjahr Di-So 10-17 Uhr, Mo geschl., Ein­lass bis 30 Min. vor Schließung. Eintritt 6,50 €, erm. 4,50 €. Schloss­frei­heit 1, 19288 Ludwigs­lust, Tel. 03874-57190, www.mv-schloesser.de.

      Im Ludwigsluster Schlosspark

      Schlosspark und Schlossplatz: zweifel­los eine der schönsten Parkanlagen in Meck­lenburg-Vorpommern, wenn nicht der ganzen Republik. Ein Besuch in Lud­wigslust bleibt unvollständig, wenn man nicht auch einen Rundgang durch den Park macht - und sei es nur ein kurzer Spaziergang im Rücken des Schlosses. Auch wenn der Park in seiner Anlage deutlich älter ist, ist er in seiner heutigen Form v. a. ein Werk des preußischen Gartenbaugenies Peter Jo­seph Lenné. Lenné in­tegrierte die be­stehen­den, immer wieder erweiterten Parkanlagen - u. a. den ba­rocken Gar­ten, den englischen Park, den langen Kanal mit den Wasserspielen, der Mit­te des 18. Jh. ent­standen war und nicht nur der Belustigung, sondern v. a. der Be­wässe­rung dien­te - und schuf daraus einen weitläufigen, herrlichen Land­schaftspark. Zahl­rei­che Bau­werke, Skulp­turen und Parkelemente sind in dem Park zu entde­cken: da­run­ter der genannte Kanal (1756-1763) mit Kas­ka­den und Wasserspielen, die


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