Das Geheimnis der Dämonen. J.B. Brooklin

Das Geheimnis der Dämonen - J.B. Brooklin


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Halder. Vielleicht einer seiner Bodyguards? Angestrengt suchte er ihr Umfeld nach einem weiteren Menschen ab. Aber da war nichts … bis auf … ein Hund!

      Es bestand keine unmittelbare Gefahr für sie. Vielleicht hatte sie schon immer Angst vor Hunden gehabt. Das Tier selbst hatte keine bösen Absichten, soviel konnte er immerhin mit den letzten Resten seiner Energie spüren. Es machte vielmehr einen wachsamen Eindruck, so als würde es aufpassen, auf ihr Wohlergehen achten.

      Kein Grund zur Besorgnis also.

      Besorgnis?

      Warum machte er sich um einen Menschen Sorgen? Um eine Frau, die er noch nicht einmal kannte?

      Mitgefühl. Das war alles. Sariel Halder hatte ihre Eltern verloren. Alexander hatte nie den Schmerz gespürt, den Sariel gefühlt haben musste. Was er aber kannte, war die Isolation, die ein Wesen ohne Familie zwangsläufig erleidet. Und was Freunde betraf, es gab nur einen Menschen, zu dem Alexander ein solches Verhältnis pflegte und auch ihn sah er nur selten.

      Alleinsein war zu seiner Natur geworden. Er kannte kaum etwas anderes, und doch sehnte er sich nach etwas, was er nicht benennen konnte, was er nie erlebt hatte. Ein Ifrit war machtvoll. Das Gefühl von Einsamkeit einzugestehen, war ein Zeichen der Schwäche.

      Und das konnte tödlich sein.

      Acht Schritte zur Tür. Umdrehen. Acht Schritte zurück, zum Fenster. Umdrehen. Acht … Dieser Hund machte sie verrückt. Seit zwei Stunden lag Rosco vor ihrer Tür. Warum verschwand er nicht dorthin, woher er gekommen war?

      Natürlich war diese Frage müßig. Sariel wusste genau, warum er vor ihrem Zimmer Wache hielt. Ihr Onkel hatte das veranlasst. Er wollte nicht, dass sie an die Sorbonne ging.

      „Er hat kein Recht, mich hier festzuhalten.“ Die Worte verhallten in dem Raum.

      Ihr Onkel hatte seine Aktion besser vorbereitet, als sie zunächst vermutet hatte. Weder Handy noch Laptop waren auffindbar. In der kurzen Zeit, die seit ihrer Ankündigung und der Rückkehr zu ihrem kleinen Apartment vergangen war, hatte er ihre Verbindungen zur Außenwelt abgeschnitten. Rosco tat ein Übriges.

      Rosco! Der Hund war darauf abgerichtet, Fremde anzugreifen. Wenn Sariel den Versicherungen ihres Onkels Glauben schenken sollte, war er ebenfalls darauf trainiert, ihr nichts zu tun. Was also hinderte sie daran, ihre Gefangenschaft zu beenden und das Haus zu verlassen?

      Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. Sie würde so tun, als wolle sie in die Küche gehen. Nach dem mageren Frühstück heute Morgen hatte sie ohnehin Hunger. Selbst wenn Rosco ihr folgen würde, schaffte sie es möglicherweise, durch die Tür zu verschwinden, die von der Küche in den Garten führte. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als sie dem Hund vor der Nase zuzuschlagen. Ein triumphierendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Das war die Lösung!

      Mit einem leisen Knarren schwang die Zimmertür auf, deren Holzrahmen ebenso altertümlich war wie das gesamte Haus.

      Roscos Kopf, der bisher auf seinen Vorderpfoten geruht hatte, schnellte nach oben. Das Tier, das eben noch friedlich und entspannt ausgesehen hatte, wirkte plötzlich hellwach.

      „Braver Bursche“, sang Sariel leise in einem, wie sie hoffte, beruhigenden Tonfall. Roscos Ohren stellten sich auf Empfang. Er rührte sich nicht, aber es war offensichtlich, dass er sofort aufspringen würde, sobald sie einen Fuß vor die Tür setzte.

      Angst stieg in ihr auf. Aber sie schluckte sie hinunter. Es war ihr Leben. Ihre Entscheidung, ob und wo sie studieren würde. Torsten Halder hatte kein Recht, ihr seinen Willen aufzuzwingen.

      Sie setzte einen Fuß in den Flur.

      Rosco zog die Lefzen nach hinten.

      Der zweite Fuß folgte.

      Ein leises Knurren drang aus seiner Kehle.

      „Wie wäre es mit einem kleinen Spaziergang, Rosco?“, flötete Sariel und kam sich dabei unendlich blöd vor.

      Der Hund und Sariel musterten sich, als wären sie in einem unsichtbaren Wettbewerb gefangen. Wer würde den ersten Schritt tun? Wer würde als Erster seine wahren Absichten verraten?

      Ohne ihren Blick von Rosco zu wenden, zog Sariel die Tür hinter sich zu, achtete aber darauf, sie nicht zu schließen.

      Das Knurren wurde lauter.

      Trotzdem wagte sie einen Schritt in den Flur hinaus, Richtung Küche. „Komm schon, Rosco. Nur ein kleiner Abstecher zu Martha. Du bekommst von ihr ein saftiges Steak. Ich verspreche es dir.“

      Anscheinend war Rosco nicht hungrig oder besser trainiert, als Sariel erwartet hatte. Sein Grollen übertönte mittlerweile alle anderen Geräusche. Die Botschaft war eindeutig: Eine weitere Bewegung in die falsche Richtung und er würde sie anfallen.

      Mit einem Knall fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Torsten Halder hatte gewonnen.

      Wut.

      Die Erkenntnis, dass die rot glühende Emotion Torsten Halders Energiefeld wie Lava umspülte, brachte ein Lächeln auf Alexanders Lippen. Das war gut. Sehr gut. Halder war mit etwas anderem beschäftigt. Ihm entging, wie Alexander seine Aura abtastete und versuchte, in seine Gedanken zu dringen.

      Die winzige Flamme, die Alexander am Leben hielt, nährte sich an Halders Wut. Sie wurde stärker. Erlaubte ihm, seine Fühler auszustrecken und zu versuchen, hinter Halders Pläne zu kommen.

      Der Banker war abgelenkt. Die starke Emotion, die er im gesamten Haus verbreitete, sorgte dafür, dass er Alexanders Zugriff nicht spürte. Aber Halder war nicht dumm, seine Gedanken waren von Barrieren umgeben, die Alexander nicht durchdringen konnte. So sehr er auch nach einer Lücke suchte, er konnte keine entdecken. Ein Gutes aber hatten seine Bemühungen: Das rot glühende Gefühl umgab Halder in einer pulsierenden Wolke. Für Alexander war es ein Lebenselixier. Noch ein wenig mehr davon und er wäre stark genug, um diesem Gefängnis zu entfliehen.

       Warum war der Banker wütend?

      Irgendjemand oder irgendetwas hatte ihn in einen Zustand versetzt, in dem er töten wollte.

      Noch hatte Halder sich unter Kontrolle. Nicht mehr lange und der Damm würde brechen. Dann würde er die Ursache für seine Rage vernichten.

       Sariel.

      Die Erkenntnis fuhr wie ein Stromschlag durch Alexanders Bewusstsein. Sie war es, die Halder in diesen Zustand versetzt hatte. Das Wissen bewirkte, was Alexanders vorsichtiges Tasten zuvor nicht erreicht hatte: Torsten Halders Gedanken öffneten sich ihm. So verschlossen er vor wenigen Sekunden noch gewesen war, so offen lag er jetzt vor ihm. Ahnungslos in seiner Arroganz.

      Wie eine Welle stieg das Gefühl, einen Sieg errungen zu haben, in Alexander auf. Er hatte sich den Zutritt zum Allerheiligsten verschafft. Halders Denken lag wie eine Landkarte ausgebreitet vor ihm. Die einzelnen Gedanken wie silberne Stränge. Sie liefen alle auf ein einziges Ziel zu. Schwarz pulsierte es in der Mitte des funkelnden Netzes. Die von dieser dunklen Masse ausgehende Gefahr war so greifbar, dass Alexander kurz davor war umzukehren.

       Schwarze Hostie

      Das Wort, das Alexander in Halders Gedanken las, katapultierte ihn in seinen eigenen Körper zurück und unterbrach die energetische Verbindung, die er mit dem Banker aufgebaut hatte. Erstarrung senkte sich über ihn, als er darüber nachdachte, was diese Entdeckung bedeutete.

      Die schwarze Hostie war eine der schlimmsten schwarz-magischen Kreationen. Ein magisches Gebäck mit dem Sinn, demjenigen, der es aß, zu Unsterblichkeit und Macht zu verhelfen.

      Ein Schauer erfasste Alexander mit einer Heftigkeit, die ihn mehrere Minuten lang in schmerzhaften Krämpfen gefangen hielt. Dann ließ die Kälte nach, die das Wort in ihm hervorgerufen hatte. An ihre Stelle trat eine weitere Erkenntnis. Torsten Halder hatte ihn gefangen genommen,


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