Hey, Milla! - Mein perfektes Freundschaftswunder. Katharina Schöde

Hey, Milla! - Mein perfektes Freundschaftswunder - Katharina Schöde


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mein Vater hat es nicht hingekriegt mit der Richtigen – und auf eine Falsche kann ich verzichten.«

      Dann springt Angie von der Schaukel, spuckt den Kaugummi aus und schaut mich ernst an.

      »Also ich an deiner Stelle würde mir einfach wünschen, dass meine Mama noch leben würde.«

      image Es trifft mich mit voller Härte. Dass meine Mama noch leben würde – wäre natürlich mein größter Wunsch! Warum ist mir das nicht eingefallen? Mein Herz rast. Padaboom-padaboom-image. Wie konnte ich das vergessen? Padaboom-padaboom-image. Papa sagt immer, Mama ist im Himmel und sieht uns zu. Was, wenn sie jetzt gehört hat, dass ich sie vergessen habe? Padaboomimagepadaboom.

      »Klar würde ich mir das wünschen«, stammele ich, »aber …, aber das geht doch nicht.«

      image»Aber ein Einhorn geht schon, oder was?«, fragt Angie und merkt anscheinend gar nicht, wie bestürzt ich bin.

      »Natürlich ist das mein größter Wunschtraum, aber Frau von Teufel meint doch was ganz anderes. Sie hat gesagt, es soll um die Zukunft gehen, meine Mutter ist doch schon vor sechs Jahren gestorben«, sage ich etwas gereizt. Dann versuche ich schnell, das Thema zu wechseln, damit es aufhört, in meiner Brust so wehzutun. »Heute noch Mathe, Bio, Sport. Und morgen Deutsch-Doppelstunde, Englisch und Reli – dann sind image Herbstferien.«

      Ich mache eine riesige Kaugummiblase, aber sie zerplatzt nur ganz leise. Piff.

      »Also noch sieben Schulstunden«, rechnet Angie zusammen. »Und Freitag der Ausflug ins Deutsche Museum. Das wird bestimmt super.«

      Ich nicke. »Mit Papa war ich schon zweimal dort, da kann man ganz viel angucken: echte Blitze, ein Bergwerk oder ein U-Boot.«

      image Pause zu Ende!

      Nach der Schule fahre ich mit meinem Roller zu Papa in die Agentur. Das machen wir mittwochs immer so. Dann gehen wir zusammen Mittagessen und ich erzähle von der Schule und er von seiner Arbeit. Er ist Grafiker und zeichnet gerade Zeichentrickfiguren für einen Animationsfilm, das ist total spannend. Er ist für einen kleinen Esel zuständig und sagt immer, der sei mir sehr, sehr ähnlich: schlau und lustig aber auch ziemlich stur und dickköpfig. Was soll man dazu sagen … stimmt irgendwie – aber ein Esel bin ich trotzdem nicht!

      imageAls ich auf die Klingel von Papas Agentur drücken will, merke ich, dass die Tür nur angelehnt ist und ein großes Schild daran hängt. Was da wohl draufsteht? Ich kneife die Augen zusammen und versuche es zu lesen. Wie gesagt, eigentlich kann ich lesen. Aber es gibt da auch diese fiese Ameisenbande, die immer wieder auftaucht und mich ärgert. Wenn ich es eilig habe oder aufgeregt bin und nervös, dann verwandeln sich die Wörter und Buchstaben vor meinen Augen in kleine, gemeine Ameisen, die umherhüpfen und sich über mich lustig machen. So wie jetzt. Die Krabbelviecher hopsen auf und ab und singen dabei:

      »Milla kann uns nicht lesen,

      auch nicht mit ’nem Besen,

      Milla wird’s nie schaffen,

      sie macht sich zum Affen.«

      Ich habe keine Chance, das Schild zu entziffern. Verdammte image Katze! Also öffne ich die angelehnte Tür und gehe einfach rein ins Büro. Aber niemand ist zu sehen. Die Plätze vor den Computermonitoren und Zeichentischen sind leer, weder in der Küche noch im Kopierraum ist eine Menschenseele. Total ausgestorben. Was ist denn hier passiert? Wurden die alle zusammen auf einen fremden Planeten gebeamt? Sind sie ausgewandert? Oder unsichtbar?

      »Hallo?«, rufe ich vorsichtig. »Wo seid ihr denn … alle?«

      Oder sind sie vielleicht überfallen, und in den Abstellraum gesperrt worden? Ich bewaffne mich vorsichtshalber mit einem Regenschirm von der Garderobe und schleiche weiter. Aus dem Besprechungsraum am Ende des Flures sind Stimmen zu hören. Aber das sind nicht Papa und seine Kollegen, da bin ich mir sicher. Es sind ausländische Stimmen und sie klingen irgendwie verzerrt. »Eie äm schurr säd juuu kan duu…« Also doch Außerirdische?

      Langsam setze ich Schritt vor Schritt, bis ich vor der Tür des großen Konferenzraumes angekommen bin. Durch die Milchglasschreibe erkenne ich Schatten hinter der Tür. Ich lege mein Ohr an die Tür. »Wi sinck säd juuu häf to…« – jemand spricht, aber ich verstehe es nicht. Es ist eine tiefe Männerstimme – wahrscheinlich der Anführer der Außerirdischen. Ich halte die Luft an und zur Sicherheit den Regenschirm vor mich. Dann öffne ich langsam die Tür, stürme hinein und rufe:

      »Hände hoch! Lasst sie frei! Ich bin bewaffnet!«

      Ich drücke ich auf den kleinen Knopf am Griff des Regenschirms und er springt mit einem schnellen WUSCH! vor mir auf. Erst höre ich gar nichts hinter meinem Schirm, dann fangen alle laut an zu lachen. Und als ich ganz langsam hinter dem Regenschirm hervorluge, merke ich auch warum. Die ganze Agentur sitzt an einem großen Tisch versammelt, über dem eine Videoleinwand hängt. Darauf sind zwei ernst dreinblickenden Männern im Anzug zu sehen. image

image

      Dann schießt es mir wieder in den Kopf: Das sind Die Amerikaner. Heute ist der Tag, an dem Papa und seine Kollegen dieses ganz, ganz wichtige Gespräch mit den amerikanischen Auftraggebern führen müssen, wegen dem Animationsfilm. Und jetzt erinnere ich mich auch wieder daran, dass er beim Frühstück von dieser super wichtigen Video-Konferenz erzählt hat. So ein Mist! Voll image verpennt! Und ich stehe jetzt mittendrin, mit einem aufgeklappten Marienkäfer-Regenschirm! image Wie peinlich! Ich schaue schockiert zu Papa, er findet es nicht so lustig wie die anderen. Und ich sehe auch, dass sich die Amerikaner irritiert anschauen. Blamage hoch drei! Ich würde mich am liebsten in Luft auflösen – oder selbst von Außerirdischen entführt werden.

      Knalltomatenrot im Gesicht, klappe ich die Marienkäfer wieder zusammen und schaue auf den Boden. Eigentlich will ich jetzt ganz schnell werglaufen, aber ich bin völlig unfähig, mich zu bewegen. Wie versteinert, oder festgewachsen.

      Hildegard, Papas Chefin, versucht die Situation zuretten, indem sie erst auf mich zeigt und dann auf Papa, und den Hollywood-Heinis erklärt, dass ich nur meinen Vater besuchen wollte. (Zumindest glaube ich das, mein Englisch ist ja noch nicht so gut, dass ich sie verstehe). Jetzt lachen auch die Amerikaner. Papa räuspert sich, steht auf, und geht zu mir. Die anderen kichern immer noch und Greta (Papas und meine Lieblingskollegin) zwinkert mir zu.

      »Super Auftritt, Milla.«

      »Tschuldigung! Es tut mir leid …«, stammle ich, als Papa mich hinter sich her aus dem Raum in die Büroküche zieht. Ist er sauer? Oder – noch schlimmer – enttäuscht von mir? image Ich muss schlucken.

      imageAber Papa hebt mich hoch, setzt mich auf den Tisch (eigentlich bin ich schon zu groß und zu schwer dafür, aber Papa ist ja stark). Dann öffnet er den Kühlschrank und drückt mir erst


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