Hey, Milla! - Mein perfektes Freundschaftswunder. Katharina Schöde

Hey, Milla! - Mein perfektes Freundschaftswunder - Katharina Schöde


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mehr alle Tassen im Schrank.

      »Außerirdische«, flüstere ich.

      Okay, wenn man es genau überlegt, war es eine ziemlich dumme Idee, eine Bande Aliens mit einem Regenschirm angreifen zu wollen, aber immerhin, ich wollte sie beschützen.

      Papa seufzt. Ich schaue schnell auf den Boden.

      »Hast du das Schild denn nicht gelesen?«

      Ach, das Schild an der Tür! Ja klar, verdammt. »Nee, hab ich nicht … gelesen«, gebe ich kleinlaut zu.

      »›Ruhe bitte, Videokonferenz!‹ – stand da drauf«, erklärt Papa vorwurfsvoll. »Diese Filmbosse aus Hollywood geben der Agentur das Geld für den Film, und deshalb ist es so wichtig, was die sagen«, erklärt er und ich nicke schuldbewusst. Weiß ich doch.

      »Milli, du musst echt lesen, auch wenn es länger dauert und umständlich ist, sonst …« Er schaut mich ratlos an. Ich nicke immer noch, er hat ja recht.

      »Sorry, manchmal hab ich einfach zu viel Fantasie«, gebe ich zu. Aber Papa schüttelt den Kopf.

      »Zu viel Fantasie gibt es nicht, Milli-Maus – nur manchmal den falschen Zeitpunkt.«

      Ich schaue zu Boden.

      »Aliens, wirklich?«, jetzt muss auch er plötzlich laut lachen, und kriegt sich gar nicht wieder ein. Und das ist echt ansteckend.

      »Da bin ich aber stolz auf dich, dass du bereit warst uns alle vor einer Alien-Invasion zu beschützen, ziemlich mutig, Milli.«

      »Klar, ich trage meinen image ja nicht umsonst« sage ich und muss mitlachen.

      »Aber beim nächsten Mal checkst du vielleicht erst mal die Lage, bevor du angreifst. Ich meine, mit einem Regenschirm gegen ein Laserschwert kämpfen, wäre ja auch gefährlich«, kichert er und stupst mir dabei auf die Nase.

      »Kriegst du jetzt Ärger?«, will ich wissen und habe ein schlechtes Gewissen, denn wegen mir muss Papa ganz oft Sachen verschieben oder absagen oder umorganisieren.

      »Also, wenn die Amis keinen Spaß verstehen, sind die sowieso nicht die Richtigen, um einen coolen Kinderfilm zu produzieren, oder?«

      Da hat er recht und ich trinke erleichtert meine Limo.

      Mein Papa ist einfach der Beste, der aller-aller-beste Papa der Welt. Und dabei hat er es ja nicht so einfach, weil die Mama doch gestorben ist, und wir seitdem »alleinerziehend« sind.

      So weit unser kleines image vor dem Mittagessen. Jetzt haben wir aber beide Riesenhunger. Wir sitzen im »Goldberg«, unserem Lieblingsbistro, und überlegen, ob wir lieber Risotto, oder Chili con Kichererbsen (also die vegetarische Version von Chili con Carne) Essen wollen.

      Papa lächelt die Bedienung an und ich weiß auch wieso. Er findet sie seeeehr nett und seeeehr hübsch und seeeehr lustig. Sie heißt Anastasia, hat ganz viele Zöpfe, lacht super gerne, und arbeitet erst seit ein paar Wochen hier.

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      »Halli-hallo, hi-hi«, begrüßt sie uns dann gleich und kommt vom Tresen auf uns zu. Sie geht so komisch, so als würde sie hüpfen oder ständig aufs Klo müssen. Hops-hops. Das macht einen schon beim Zuschauen total irre. Und sie lacht so schrill: image-hi-hi-hi! »Supi. Was geht? image-hi-hi-hi! Hunger? image-hi-hi-hi.«

      Ich nicke, Papa lächelt sie (ein bisschen dämlich) an. Ich weiß nicht, ob ich Anastasia mag – denn die lacht echt nach jedem Satz, den sie sagt, und nach jedem Satz, den jemand anderes sagt, auch. Wir bestellen, und Anastasia hüpft zurück zum Tresen, um unsere Getränke zu holen. Hops-hops. Papa schaut ihr hinterher. Kichererbse wäre der richtige Name für sie, denke ich und verdrehe die Augen. Das merkt mein Vater.

      »Was?«, fragt er, »magst du sie nicht?«

      Ich zucke mit den Schultern. »Ich kenn die doch gar nicht.«

      Papa beugt sich zu mir herüber, damit sie unser Gespräch nicht hören kann.

      »Ja, klar. Aber würdest du sie gerne kennenlernen?«

      »Würdest du das denn?«, frage ich, obwohl ich die Antwort ja schon kenne. Papa schaut in Richtung Tresen und grinst verschmitzt. Ich seufze, er schaut mich fragend an.

      »Du hast doch gesagt, wir brauchen ›eine Frau‹ in unserem Leben«, flüstert er mir nach einer Weile zu.

      »Stimmt«, gebe ich zu. »Aber da ging es um Greta.«

      Er knufft mich in die Seite. »Ja, aber vielleicht gibt es ja noch eine Andere?«

      »Klar, aber deine Auswahl ist wirklich immer …«, ich suche nach Worten, »… gewöhnungsbedürftig.« Ja, das trifft es.

      »Was? Wieso? Vera, die vom Bioladen, die war doch echt nett?«, sagt er empört.

      »Nett, vielleicht. Aber die war viel zu ›besorgt‹ und viel zu ›vegan‹. Die hatte sogar Angst vor Milch und vor Eiern und hat dauernd Hirse gekocht.«

      Er lacht. »Okay, aber Helene war echt cool. Die hat den Computer repariert, und unseren Toaster.«

      »Ja, das war ziemlich cool«, gebe ich zu. »Aber ansonsten war die leider total unlustig. Die hat immer nur so getan, als fände sie unsere Witze komisch, in Wirklichkeit hat sie die gar nicht verstanden.«

      »Meinst du wirklich? Aber guck mal, Anastasia hat Humor«, meint Papa. Wir schauen beide zu ihr herüber und sehen, wie sie wippend am Tresen steht und kichernd die Musik lauer dreht. image-hi-hi-hi! Ich nicke.

      Ich glaube ja, die ist ein bisschen verrückt (im Sinne von durchgeknallt, irre, plemplem), aber wie gesagt, ich kenn sie ja gar nicht, und deshalb sage ich Papa das auch nicht. Mich beunruhigt seine Suche nach ›einer Frau in unserem Leben‹ nicht, denn ich weiß, dass ich bei ihm immer an erster Stelle komme. Und es ist ja auch ganz amüsant* (* das heißt lustig, nicht wirklich zum Lachen lustig, aber so, dass man ein bisschen grinsen muss, so innerlich).

      Aber dann schießt mir die Sache mit dem Wunschtraum wieder in den Kopf. WUSCH! Was, wenn meine Mama uns jetzt wirklich vom Himmel aus zusieht?

      »Vergisst du Mama manchmal?«, frage ich. Er schaut mich entgeistert an.

      »Nein, natürlich nicht«, stammelt er. »Warum fragst du das?«

      »Nur so. Tut mir leid«, antworte ich, denn es ist mir unangenehm, die Sache mit dem vergessenen Wunsch zu erzählen. Er nimmt meine Hand und versucht, mir in die Augen zu schauen. Ich schaue lieber aus dem Fenster. In meiner Brust zieht sich alles zusammen. image

      »Milla, ich werde sie nie vergessen. Wir werden Mama nie vergessen. Egal, was passiert. Egal, wen ich kennenlerne, oder nett finde«, sagt er und ich bemerke, dass es ihm auch wehtut.

      Ich schniefe und nicke. »Ich weiß, Papa. Tschuldigung! So war das nicht gemeint.« Er drückt mich.

      Es ist nicht so, dass ich meine Mama wirklich vermisse, weil ich mich eigentlich gar nicht mehr daran erinnern kann, wie es war, als sie noch bei uns war. Aber ich würde gerne mehr über sie wissen, sie ist ja auch ein Teil von mir. Leider wird Papa immer total traurig, wenn wir über Mama reden, und deshalb machen wir das nicht so oft, also eigentlich nie.

      Das Risotto von Papa ist gut, mein Chili-con-Kichererbsen


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