Ben - Unersättlich! (Erotik, gay, bi). Benjamin Larus

Ben - Unersättlich! (Erotik, gay, bi) - Benjamin Larus


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der Küche.

      „Für mich nur ein Kaffee zum Wachwerden!“, rief ich ihm vom Zimmer aus zu, während ich mich eilig anzog. „Ich frühstücke heute ja auswärts.“

      Meine Klamotten für den heutigen Tag hatte ich bereits gestern Abend ausgesucht und bereitgelegt. Die Auswahl war mir nicht ganz leichtgefallen. Am Abend sollte es nämlich in die Oper gehen, trotzdem wollte ich tagsüber – zudem an meinem freien Tag – nicht in Abendgarderobe herumlaufen. Inzwischen war ich als Besucher des Opernhauses routiniert genug, um zu wissen, dass festliche Kleidung dort keinesfalls Pflicht war, dennoch wollte ich nicht unbedingt in Jeans erscheinen. Nicht nur im Hinblick auf gesellschaftliche Konventionen, sondern auch für mich selbst: Wagners Tannhäuser hatte mir vor etwa einem Jahr eine neue Welt eröffnet, und heute Abend nun stand sein Lohengrin auf dem Spielplan, eine Oper, von der mein Mentor Sebastian behauptete, sie sei mindestens ebenso fesselnd. Diesen feierlichen Moment wollte ich mit dem gebührenden Respekt begehen, und der sollte sich auch in einem zumindest gepflegten Äußeren ausdrücken. Ich hatte mich also für ein schönes, weißes Hemd mit raffiniertem Stehkragen entschieden, dazu würde ich eine modische, eng geschnittene Hose in hellem Sandton sowie ein dunkelblaues Jackett tragen. Als Accessoire hatte ich mir ein Halstuch bereitgelegt, da es jetzt, auf dem Weg zum Bahnhof, noch sehr frisch sein würde, wiewohl für den Tag über zwanzig Grad angekündigt waren. Ein Rucksack wäre für meinen tagsüber benötigten Krimskrams wie Lesestoff, Kondome et cetera am praktischsten gewesen, der aber passte nicht ganz zu meinem eher eleganten Auftreten, zumal er Hemd und Jackett womöglich unschön verknittert hätte. Ich hatte daher alles in eine lederne Umhängetasche gepackt.

      „Schick, wie immer“, kommentierte Guido grinsend meinen Auftritt in der Küche. „Pass nur auf, dass du dich jetzt nicht noch bekleckerst und dich noch mal umziehen musst!“

      Meinen Klamotten-Spleen pflegte mein Liebster stets mit einem gewissen, wohlwollenden Amüsement zu betrachten. Natürlich, als ein Kerl, der auch noch in der ausgeleiertsten Jogginghose oder in fleckiger Monteurs-Kombi zum Anbeißen aussah, hatte er leicht Spötteln!

      Im Moment saß er breitbeinig auf einem der beiden Barhocker an meinem Wandtisch und löffelte sein Müsli in Jeans und T-Shirt, genauso, wie ich ihn gestern Abend abgeschleppt hatte. Zum Niederknien!

      „Nun setz dich wenigstens noch einen Moment her, deine Hummeln im Hintern sind ja nicht auszuhalten zu der frühen Stunde!“, seufzte er kopfschüttelnd, als ich im Stehen meinen Kaffee schlürfte.

      „Keine Zeit“, erwiderte ich angespannt. „Ich muss den Regionalexpress um siebenunddreißig kriegen!“

      Er blickte gelassen auf die Wanduhr.

      „Das packst du locker“, stellte er schulterzuckend fest. „Lass hier nur alles stehen, ich schließe dann ab. Und jetzt triffst du erst mal diesen Murat?“

      „Ja, in seiner Tanzschule. Die fahren heute irgendwohin auf Gastspiel oder so, deshalb muss es so früh sein. Die Karten hat er erst gestern bekommen.“

      „Und dann geht’s zum Frühstück zu unseren Mädels? Wie ich dich beneide!“

      An dem Funkeln in seinen schönen, grauen Augen erkannte ich, dass er jetzt voller Verliebtheit an Judith dachte. Nun, mir ging es kaum anders!

      „Du siehst sie dann ja heute Abend auch“, erinnerte ich ihn. „Bloß nicht vergessen, allerspätestens um halb sechs müssen wir aus dem Haus!“

      „Ich hoffe, sehr viel früher da zu sein!“, verkündete er und grinste in einer anzüglichen Weise, die mich zu einer Ermahnung zwang:

      „Aber verausgabe dich nicht zu sehr! Nicht, dass ihr mir in der Oper einschlaft!“

      „Du hast mir gar nichts zu sagen“, frotzelte er zurück. „Verausgabe du dich bloß nicht zu sehr mit deinem Murat …“

      „Was, was! Er gibt mir die Karten, und das war’s!“

      „… und mit der alten Vollendorf!“

      Ich schluckte. Ich mochte es nicht, wenn er so über mein Ex-Chefin sprach.

      „Ach was!“, wehrte ich halbherzig ab. „Ich denke, sie wird mich zum Essen einladen, und wir reden ein bisschen über alte Zeiten.“

      „Ja, ja!“, seufzte mein Liebster unbeeindruckt. Dann deutete er auf die Uhr.

      „Ich glaube, jetzt musst du aber wirklich los!“

      „Verdammt, ja!“

      Ich knallte meinen Humpen auf den Tisch, legte im Flur Jackett und Halstuch an und schnappte meine Tasche. Ein letzter Blick in den Spiegel, ein herzlicher, aber leider etwas flüchtiger Kuss auf den Mund meines Geliebten, dann fiel auch schon die Wohnungstür hinter mir ins Schloss, und ich hastete die Treppen hinunter.

      7.00 Uhr

      Für gewöhnlich fuhr ich etwas später diese Strecke. Außerdem war das heutige Fahrgefühl schon deswegen ein anderes, weil ich einer besseren Verbindung wegen den Regionalexpress gewählt hatte, während ich sonst die etwas langsamere S-Bahn zu nehmen pflegte und dafür am Frankfurter Hauptbahnhof nicht mehr umsteigen musste.

      Trotzdem unterschied sich meine Umgebung nicht wesentlich von der an anderen Tagen: müde, großenteils geradezu missmutige Gesichter von verschlafenen Pendlern, die zu einer mehr oder weniger befriedigenden Arbeit in die Stadt fuhren. An anderen Tagen musste auch ich mich zu ihnen zählen, heute aber war ein besonderer Tag.

      Mein musikbegeisterter Freund Sebastian hatte mich schon seit Monaten auf die seiner Ansicht nach überfällige und für mich gewiss unvergessliche Neuproduktion dieser Oper eingestimmt, sodass ich die heutige Aufführung mit der gebotenen Feierlichkeit und Aufnahmebereitschaft genießen wollte. Anstatt im direkten Anschluss an einen anstrengenden Tag im Geschäft wollte ich ausgeruht und entspannt im Publikum Platz nehmen – immerhin würde der Abend insgesamt fast fünf Stunden dauern. Im Austausch mit einem der unbeliebten Samstage hatte ich mir also den heutigen Donnerstag komplett freigenommen. Mit dem Näherrücken des ersehnten Abends allerdings hatte sich der Tagesplan Stück für Stück verdichtet.

      Zunächst einmal gestaltete sich die Besorgung der Karten nicht ganz unkompliziert. Ich musste mich belehren lassen, dass Opern von Wagner sich trotz ihrer Länge und ihres Anspruchs beim Publikum offenbar doch solcher Beliebtheit erfreuen, dass deren Aufführungen stets bald nach Beginn des Vorverkaufs ausverkauft sind. Sebastian selbst besaß ein Premierenabonnement, hatte die erste Vorstellung daher schon am letzten Sonntag genießen können und durch seine anschließende Begeisterung meine Erwartungen nochmals hochgeschraubt. Dass ich nun nicht nur eine, sondern sogar vier Karten für den heutigen Abend in Empfang nehmen würde, hatte ich indirekt ebenfalls Sebastian zu verdanken: In Form seines Freundes Murat, der als Statist an vielen Aufführungen der Oper Frankfurt mitwirkte, hatte er Zugang zu den sogenannten Einreichkarten, die Mitwirkende für ihre Freunde und Verwandten beantragen konnten. Da diese allerdings bei praktisch ausverkauften Vorstellungen selten eine Aussicht auf Genehmigung hatten, zumal wenn der Antragsteller ausgerechnet in dieser Produktion gar nicht selbst mitwirkte, musste der Teufelskerl wahre Wunder vollbracht haben, um gleich vier der heiß begehrten Pappzettel zu ergattern. Tatsächlich hatte auch bis gestern ein Fragezeichen hinter der ganzen Sache gestanden, dann aber hatte ich doch den erhofften Bescheid bekommen. Nun war es aber so, dass Murat ausgerechnet heute in aller Frühe mit einer Truppe aus seiner Tanzschule irgendeine Fahrt zu einer Aufführung in Norddeutschland unternahm und die einzige Möglichkeit zu einer Übergabe somit am frühen Morgen bestand. Aber dieses Opfer war ich bereit zu bringen nach allem, was der Süße für mich getan hatte.

      Jetzt darf jeder dreimal raten, für wen die vier Eintrittskarten bestimmt waren. Richtig! Jene Einladung zum Abendessen vor bereits zwei Monaten hatte Guidos und mein Leben entscheidend verändert, sodass zumindest ich mir mittlerweile schon gar nicht mehr richtig vorstellen konnte, wie dieses ohne Judith und Rebecca ausgesehen hatte.

      Wir


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