Blutläufer 2: Aufstand der Sklaven. Stefan Burban

Blutläufer 2: Aufstand der Sklaven - Stefan Burban


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waren darin geschult, ihren eigenen Metabolismus perfekt manipulieren zu können. Dadurch war er in der Lage, seinen Nährstoffbedarf zu steuern. Dies kam einer biologischen Rationierung gleich. Kot und Urin wurden von der Rüstung aufgefangen, verarbeitet und als Nährstoff seinem Körper erneut zugeführt. Dadurch konnte er buchstäblich Monate ununterbrochen im Raum zubringen, bevor die Lage auch nur annähernd kritisch wurde.

      Dass er hier draußen sterben könnte, das kam ihm nicht einmal in den Sinn. Der Tod war eine notwendige Konsequenz seiner Arbeit. Aber nicht hier und nicht heute. Nicht bei dieser Mission. Sie war zu wichtig.

      Ein Lichtblitz erhellte für einen Moment die Schwärze des Alls. Einsfünf merkte auf. Mindestens ein Schiff war gerade in das System eingeflogen.

      Einsfünf schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. Es war keine Angst, aus dem dieser sich gebildet hatte, sondern Vorfreude. Endlich ging es los. Was da anflog, war mit Sicherheit ein Rebellenschiff. Im Umkreis von drei Systemen hielten sich keine Ashrakverbände auf. Sie hatten sich zurückgezogen, um die Rebellen anzulocken.

      Einsfünf wartete angespannt. Er stieß sich von einem der größeren Trümmerstücke ab und trieb genau in die Flugbahn des Feindschiffes. Dieses verringerte seine Geschwindigkeit. Einsfünf war sicher, dass sie gerade mit ihren Sensoren das Trümmerfeld sowie die nähere Umgebung abtasteten. Das hätte er an ihrer Stelle auch getan. Seine Rüstung würde nicht auf deren Sensoren erscheinen. Und im unwahrscheinlichen Fall, dass dem doch so war, würde er lediglich als eines von Tausenden Wrackteilen erscheinen.

      Der Schwere Kreuzer glitt unendlich langsam und gemächlich in den Schiffsfriedhof ein. Sie würden schon sehr bald feststellen, dass sich keine imperialen Einheiten in der Nähe aufhielten. Das würde sie mutig genug werden lassen, um mit der Bergungsoperation zu beginnen.

      Einsfünf glitt langsam näher. Das Schiff stoppte. Der Paladin nickte zufrieden. Sehr gut. Sie würden gleich ihre Hangars sowie die Luftschleusen öffnen, um ihre Fähren und Ingenieure nach Verwertbarem suchen zu lassen.

      Das war der richtige Augenblick. Einsfünf glitt näher, griff sich eine Verstrebung und zog sich dicht an die Schiffshülle. Er hangelte sich seinen Weg über die Außenanlagen entlang, bis er eine Nische hinter einer der Waffenstellungen fand. Dort quetschte er sich hinein und hakte seine Rüstung fest.

      Einsfünf war zufrieden. Der schwierigste Teil der Aufgabe war erledigt. Er sank in tiefe Meditation, um auf diese Weise die Wartezeit auf möglichst angenehme Art verstreichen zu lassen. Bald schon würde der Kreuzer seine Arbeit beenden und zu seiner Basis zurückkehren.

      Und unbemerkt, wie eine Zecke im Fell eines Tieres, würde die Besatzung einen blinden Passagier mitnehmen. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass das Schiff der feindlichen Hauptbasis angehörte. Das bedeutete, es brachte ihn direkt zu Templer HT-843715. Dann konnte Einsfünf endlich seine Aufgabe ausführen: die Eliminierung des Anführers der Rebellion. Einsfünf grinste bei dieser Vorstellung. Er freute sich bereits sehr darauf.

      7

      Die Fähre sank sanft in den Außenbezirken von London nieder. Die Triebwerke gaben ein letztes Zischen von sich, bevor sie endgültig verstummten.

      Michael und Fabian verließen das Gefährt, noch bevor die Rampe gänzlich den Boden berührte. Sie hatten die eingefahrene Rüstung auf der linken Brustseite befestigt, trugen aber ansonsten Zivilkleidung.

      Die Aurora befand sich derzeit auf dem Meeresgrund vor der irischen Nordküste. Die übrigen sechs Schiffe hatten sich aus Sicherheitsgründen verteilt. Die Hermes lag vor Norwegen, die Hera vor der amerikanischen Ostküste, die Ostia vor China, die Karthago in der Nähe von Australien und die Scipio Africanus zwischen Sardinien und Italien. Michael war nicht glücklich damit, seine kleine Streitmacht aufzuteilen. Das Ganze war Fabians Idee gewesen. Es hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, die Einheiten so exponiert zu wissen. Aber er verstand durchaus den tieferen Sinn dahinter.

      Falls die Ashrak sie aufspürten, waren sie erledigt, egal ob sie zusammen oder getrennt blieben. Die Zersplitterung reduzierte jedoch die Gefahr, entdeckt zu werden, und in dieser speziellen Situation war der Tarnung den Vorrang vor der Feuerkraft zu geben.

      Alle sechs Einheiten hatten sich auf den Meeresgrund begeben und verharrten dort in Wartestellung, bis Michael einen anderslautenden Befehl erteilte. Nach ihrem Täuschungsmanöver hatten sie allerhand Funkverkehr der Fischköpfe aufgeschnappt. Demzufolge hatten diese vorläufig die Geschichte mit dem Absturz geschluckt. Michael hoffte, dass dem so blieb. Die militärischen Anlagen rund um den Jupiter gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn. Damit hatte niemand gerechnet – ja, niemand rechnen können. Es machte aber eine relativ einfach geplante Operation zum gefährlichen Wagnis.

      Auch die Einrichtung einer dauerhaften Route für die Lieferung von Hilfsgütern und Nachschub sowie die Etablierung einer militärischen Infrastruktur wurden dadurch enorm erschwert.

      Michael schüttelte den Kopf. Ein Problem nach dem anderen. Erst mal musste der Kontakt zu den Stämmen hergestellt werden, aus denen sich die Überreste der Menschheit inzwischen zusammensetzten. Und sie mussten überzeugt werden, sich dem Kampf anzuschließen. Oder anders ausgedrückt: Sie mussten überzeugt werden, dass der anstehende Krieg überhaupt zu gewinnen war. Die Fülle an Problemen, mit denen sie sich konfrontiert sahen, ließ ihn schwindeln.

      Michael sog die Luft seiner Heimat ein in dem irrigen Glauben, es würde seinen Geist klären. Tatsächlich musste er unwillkürlich husten. Er würgte leicht und spie aus.

      Fabian warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Alles in Ordnung?«

      Michael rümpfte die Nase und legte die Stirn in tiefe Falten. »Nicht wirklich. Irgendeine Art von seltsamen Partikeln liegt in der Luft. Das kenne ich von früher nicht. Und es ist viel zu warm für diese Jahreszeit.«

      Fabian nickte. »Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich schätze, die Temperatur liegt gute fünf Grad über normal. Seltsam. Ich frage mich, was dafür verantwortlich ist.«

      Michael zuckte die Achseln. »Wir sind lange weg gewesen. Da kann eine Menge vorgefallen sein.«

      »So lange nun auch wieder nicht.« Abermals schüttelte Fabian den Kopf. »Wir sollten das im Auge behalten.«

      Michael warf ihm einen leicht spöttischen Blick zu. »Denkst du nicht, wir haben Wichtigeres zu tun?«

      Der andere Blutläuferoffizier begegnete seinem Kameraden mit Gleichmut. »Wir wollen hier ein Ausbildungszentrum für die Rebellion einrichten. Da ist alles wichtig.«

      »Touché!«, erwiderte Michael ungewohnt eloquent.

      Fabian sah sich in der für ihn fremden Umgebung um. Die Fähre hatte inmitten eines ausgebombten Gebäudes aufgesetzt. Dort war sie sowohl vor neugierigen Augen am Himmel wie auch am Boden geschützt. Ansonsten glich die Stadt einer einzigen Ruinenlandschaft, ganz egal, in welche Richtung man sein Augenmerk auch schweifen ließ. »Also, wo geht’s lang?«

      Michael deutete nach Süden. »Buckingham Palace. In der Nähe werden wir mit Sicherheit ein paar Flesh and Bones treffen.«

      Fabian bedeutete der Crew der Fähre wortlos zurückzubleiben. Ein Trupp aus fünf Soldaten begleitete sie aber. Im Gegensatz zu Michael und Fabian hatten diese ihre Rüstungen ausgefahren. Auf diese Weise bewehrt und schwer bewaffnet, schwärmten sie aus, um die Umgebung zu sichern. Schon bald verschmolzen die Spezialisten mit der Stadt und wurden nahezu unsichtbar. Beinahe überkam Michael das Gefühl, er wäre mit Fabian allein. Doch ihm war klar, dass die fünf Blutläufer jeden ihrer Schritte beobachteten und zu jedem Zeitpunkt über sie wachten.

      Von ihrer Unterstützung allein gelassen, setzten sie ihren Weg gen Süden schweigend fort. Sie nahmen die Hauptstraße. Aus einem Sicherheitsaspekt betrachtet, war das nicht wirklich ratsam. Dort waren sie leichte Beute für jedermann, der dachte, sich an ihnen bereichern zu können. Allerdings kamen sie wesentlich schneller voran. Sich durch die Ruinenlandschaft zu bewegen, hätte sie nur unnötig aufgehalten.

      Michaels Herz verkrampfte sich praktisch bei jedem Schritt. Damals, als Anführer der Flesh and Bones, hatte


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