Butler Parker Staffel 13 – Kriminalroman. Günter Dönges
Wohnung. Sekunden später hörte sie katzenhaft schnelle Schritte, wandte sich hastig um und ... hatte das mehr als zweifelhafte Vergnügen, in die Mündung einer Schußwaffe blicken zu dürfen. Das heißt, von dieser Mündung war nicht viel zu sehen, ein langer Schalldämpfer davor deutete sie nur an.
»Wenn schon kein Hund, dann eben ’ne Katze«, sagte der Mann leise. »Ich weiß, daß Sie so was hier kennen.«
Kathy nickte. Sie fühlte, daß ihr Mund plötzlich sehr trocken wurde. Gleichzeitig ärgerte sie sich maßlos. Wie eine blutige Anfängerin war sie auf den Bluff dieses Mannes hereingefallen. Damit war sie auch Rob Harlow aufgesessen. Nur er konnte diese geniale Überrumpelung inszeniert haben.
»Ich lade Sie zu ’nem Drink ein«, sagte der Mann fast höflich. »Aber wenn Sie Theater machen, drücke ich ab.«
Der Mann sprach korrekt, doch seine Aussprache war hart. Kathy hörte heraus, daß sie es mit einem Ausländer zu tun hatte.
»Ich... Ich mache kein Theater«, gab sie zurück.
»Gehen Sie auf die Haustür da drüben zu.«
Kathy war klar, welche Haustür er meinte. Sie hoffte, daß der Mann vielleicht ein wenig näher kam, doch darin sah sie sich bald getäuscht. Der angebliche Hundebesitzer hielt auf Distanz. Er wollte sicher keinerlei Risiko eingehen.
Kathy überquerte die Straße und erreichte die Haustür. Als sie auf der ersten Stufe war, wurde die Tür von innen geöffnet. Sie sah sich einem feixenden Rob Harlow gegenüber. Der Mann hinter ihr drückte ihr den Schalldämpfer nachdrücklich gegen das Rückgrat.
»Reichen Sie mir mal die Patschhändchen«, verlangte Rob Harlow. »Schön weit vorstrecken, Süße. Und nur keine falsche Bewegung, sonst gibt’s ’ne Katastrophe.«
Sie mußte tun, was er verlangte. Sie streckte also ihre Hände weit vor und konnte nichts dagegen unternehmen, daß Harlow sie blitzschnell mit einem langen Strick fest verschnürte.
*
»Ich würde es ungemein bedauern, falls Sie sich verletzt haben sollten«, sagte Josuah Parker zu den beiden Männern jenseits des Gitters. »Falls Sie es wünschen, versorge ich Sie selbstverständlich notdürftig mit dem notwendigen Material.«
»Dafür sprechen wir uns noch«, drohte Pete Lorrings mit erstickter Stimme. Er stöhnte sehr ausgiebig.
»Die Rechnung wird eines Tages beglichen«, äußerte sich auch Hale Stepnut zu diesem Thema.
»Ich hätte Sie wohl doch rechtzeitig darauf aufmerksam machen müssen, daß die leichten Latten in Wirklichkeit kaschierte Eisenstäbe sind«, bedauerte der Butler höflich. »Ein peinliches Versehen meinerseits.«
»Wir kommen ja auch mal wieder raus«, drohte Pete Lorrings weiter.
»Vertiefen wir dieses Thema doch nicht unnötig«, schlug Josuah Parker würdevoll vor. »Es langweilt auf die Dauer, finden Sie nicht auch? Unterhalten wir uns lieber über Mr. Findlay.«
»Wer soll denn das sein?« Hale Stepnut war scheinbar völlig ahnungslos.
»Jener Herr, den Sie in der Loge des Konzertsaals strangulierten und augenscheinlich ermorden wollten. Jener Herr, der von Ihnen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entführt worden ist.«
»Spinnen Sie?« wollte Pete Lorrings wissen.
»Ich habe Ihnen im Auftrag Myladys einen Tausch vorzuschlagen, meine Herren. Mylady sind bereit, die bewußte Kapsel gegen Mr. Findlay auszutauschen. Falls er noch lebt, um in diesem Punkt genau zu sein.«
»Wer hat Ihnen denn diesen Floh ins Ohr gesetzt?« Hale Stepnut sah den Butler kopfschüttelnd an.
»Sie enttäuschen mich«, beklagte sich Parker. »Ich hatte Sie für Profis gehalten, wie es in Ihrer Branche wohl so treffend heißt, in Wirklichkeit scheint man es jedoch mit Amateuren zu tun zu haben.«
»Nehmen wir mal an, wir hätten diesen Findlay, von dem Sie da eben gesprochen haben«, schickte Lorrings voraus. »Nehmen wir mal an, Sie haben da so ’ne Art Kapsel. Nehmen wir weiter mal an, wir würden auf so’n Tauschgeschäft eingehen. Wie soll denn das über die Bühne gehen? Wie haben sie sich das vorgestellt?«
»Sehr einfach«, erwiderte der Butler gemessen. »In solch einem Fall würde ich Sie freilassen und mit Ihnen einen Treffpunkt vereinbaren. Aber das alles sagte ich Ihnen ja bereits. Ich warte auf Ihre Entscheidung.«
»Wo soll der Austausch stattfinden?« fragte Hale Stepnut kühl und konzentriert.
»Mr. Findlay lebt also noch?«
»Und wird abkratzen, wenn wir ihn nicht aus dem Versteck rausholen.« Stepnut nickte sehr nachhaltig. »Das ist keine leere Drohung, klar?«
»Ich sagte Ihnen schon, daß ich Ort und Zeit des Austausches niedergeschrieben habe.« Parker griff in die linke Tasche seines Zweireihers und holte einen kleinen Notizzettel hervor, den er auf eine Querstrebe des Gitters legte.
»Die Polizei und so bleibt aber aus dem Spiel«, sagte Pete Lorrings.
»Das ist selbstverständlich, meine Herren.« Parker nickte andeutungsweise. »Darf ich Ihnen bei dieser Gelegenheit Ihre persönliche Habe zurückgeben?«
Er legte die beiden Brieftaschen auf eine Querstrebe, darauf dann die beiden Plastikkärtchen, die er unter den Aufschlägen der Jacken gefunden hatte.
»Die Waffen, meine Herren, behalte ich vorsichtshalber noch zurück«, fügte er hinzu. »Wie ich Sie einschätze, werden Sie schon bald wieder im Besitz anderer Gegenstände dieser Art sein.«
Lorrings und Stepnut kamen ans Gitter und steckten ihre Brieftaschen weg. Selbstverständlich ließen sie auch die beiden Plastikkärtchen verschwinden. Sie taten so, als seien sie überhaupt nicht wichtig.
»Meine bescheidene Wenigkeit wird von Neugier geradezu geplagt«, gestand Parker. »Was bitte bedeuten diese beiden Plastikkärtchen? Handelt es sich um Ausweise? Ich vermochte, das gestehe ich frank und frei ein, nichts mit ihnen anzufangen.«
»Zerbrechen Sie sich bloß nicht unnötig den Kopf«, erwiderte Lorrings und winkte ab. »Das sind Mitgliedskarten für einen Privatclub.«
»Plastikkärtchen ohne jede Aufschrift?« Parker schüttelte leicht verwundert den Kopf. »Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, daß sie in verschiedenen Farben gehalten sind? Die eine ist braun, die andere gelb.«
»Können wir nun abhauen oder nicht?« fragte Stepnut und sah betont auf seine Armbanduhr.
»Sie brauchen sich nur der Tür hinter Ihnen zu bedienen«, entgegnete Josuah Parker höflich. »Der Kellergang endet vor einem Lichtschacht, den Sie sicherlich leicht bewältigen, werden.«
Lorrings und Stepnut drehten sich um und marschierten zur Tür hinüber, öffneten sie und schauten in den schmalen Gang hinein. Die Tür zum Reifenkeller war geschlossen. Sie entdeckten den Lichtschacht, der ihnen vorher überhaupt nicht aufgefallen war, stürmten im Eilschritt auf ihn zu und zwängten sich mühsam nach oben. Sie hatten es eilig, zurück in die Freiheit zu gelangen.
Parker kümmerte sich nicht weiter um sie.
Er wog zwei schmale, kleine Plastikkärtchen in der linken Hand. Eine von ihnen war braun, die andere gelb. Es waren die Originalkärtchen, die er natürlich zurückbehalten und durch Duplikate ersetzt hatte. Er hatte bisher keine Zeit gehabt, sich mit ihnen eingehend zu befassen. Dies wollte er jetzt nachholen.
Dank der sehr grellen Beleuchtung, für die Parker absichtlich gesorgt hatte, hatten die beiden Männer diesen Austausch nicht wahrnehmen können. Das Licht hatte sich auf den Plastikkärtchen gespiegelt und Einzelheiten verschwimmen lassen.
Mochten Lorrings und Stepnut sich vorgenommen haben, was immer sie wollten, sie mußten sich in jedem Fall wieder mit Parker befassen. Früher oder später merkten sie, daß sie die falschen Plastikkärtchen besaßen.
*
Der angebliche