Das Jahr, als ich anfing, Dudelsack zu spielen. Tanja Köhler

Das Jahr, als ich anfing, Dudelsack zu spielen - Tanja Köhler


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anzufangen und zu schauen, dann begebe ich mich mit ihm in den Nebel und begleite ihn auf seinem Klärungsweg. Erst später kommen die Führungskräfte. Und noch viel später die Mitarbeiter. Meines Erachtens sind viele Veränderungsprojekte von Beginn an zum Scheitern verurteilt, weil an der falschen Stelle mit dem falschen Augenmerk begonnen wird. Tolle Vorhaben verkommen leider zur Farce.

      Meine Haltung ist übrigens immer die der Unwissenden. Ich stelle Fragen. Viele Fragen. Auch vermeintliche Tabufragen. Ein Tabu gibt es bei mir nicht. Um das System wirklich zu verstehen, brauche ich mehr als das, was mir da offensichtlich präsentiert wird. Ich muss die Decke, den Nebel lüften dürfen.

      Manchem komme ich rasch zu »nah« und es kommt kein Auftrag zustande oder er wird abgebrochen. Auch gut. Klarheit für mich. Auch wenn es manchmal schmerzt und unter der Gürtellinie ist. Als ich einmal einem Topmanager in seinem Nebel zu nahe kam, nahm er seinen Kugelschreiber in die Hand, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sagte zu mir: »Frau Köhler, Sie glauben wohl, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben!« Für mich war das eine unglaublich erniedrigende Situation, denn alle seine Führungskräfte saßen mit im Raum. Das war natürlich das Ende für den Führungsleitbildprozess und gleichzeitig das sofortige Aus für alle meine Aufträge in dieser Organisation.

      Drei Monate später vereinbarte ich mit dem Topmanager einen Termin für eine Nachbetrachtung. Das Ereignis nagte an mir. Allein schon um Ruhe für mich zu finden, musste ich in die Höhle des Löwen zurück. Seine Begrüßung: »Wollen Sie sich nun an mir rächen?« Meine Antwort: »Nein! Aber ich möchte verstehen und möchte, dass wir uns an anderer Stelle gut begegnen können.« Seither sind wir uns oft an anderer Stelle begegnet. Der Nachtermin hat sich als wohltuend für beide erwiesen. Was ich daraus gelernt habe? Auch wenn es eine offizielle Einladung zur Klärung des Nebels gibt, kann es sein, dass er binnen kürzester Zeit wieder aufzieht. Dichter und undurchdringbarer als zuvor. Die Organisation hat bis heute kein Führungsleitbild. Zumindest keines, das auch gelebt wird.

      Der Unternehmer oder Geschäftsführer, der mir gegenübersitzt, hat in den allermeisten Fällen eines mit mir gemeinsam: Er steht wie ich in der Mitte seines Lebens. Ein erwachsener Mensch. Wo kommt er her? Was hat ihn in seiner Kindheit, in seiner Jugend geprägt? In welchem privaten Umfeld bewegt er sich heute? Wo will er eigentlich hin? Welchen Kampf hat er mit der Vorgängergeneration noch auszufechten? Das sind für mich die wichtigen Fragen. Die üblichen Kick-off-Fragen wie »Was soll die gewünschte Intervention bezwecken?« beziehungsweise »Wohin will das Unternehmen?« sind für mich zunächst nachrangig, auch wenn sie der offizielle Aufhänger zur Kontaktaufnahme mit mir sind.

      Auf eine ganze Landschaft von Nebelbänken treffe ich, wenn ich die Führungskräfte eines Unternehmens kennenlerne. Fast alle in meinem Alter. In der Mitte ihres Lebens. Babyboomer. Ein Großteil von ihnen sind Männer. Sie bedienen das Klischee: Familie gegründet, Haus gebaut, Baum gepflanzt. Manchmal sind auch Frauen dabei: Vereinbarkeit von Beruf und Familie gemeistert und in der Führungsriege gelandet. Ich sitze mit ihnen zusammen und soll ihre Führungskompetenz schärfen und entwickeln. Es überrascht mich schon lange nicht mehr, dass die offiziellen Entwicklungsthemen als Fach- und Führungskraft im Unternehmen rasch in den Hintergrund treten und zum Nebenschauplatz werden. Das eigentliche Entwicklungsthema steckt im inoffiziellen Bereich. Im Privaten. In den allermeisten Fällen kommt es aus den Herkunftsfamilien der Führungskraft. Dazu aber später mehr.

      In den wenigsten meiner Aufträge stoße ich gleich zu Beginn auf große Begeisterung. Oft nehme ich die Situation als paradox wahr. Es wird zwar gesagt: »Eine Intervention ist längst überfällig!«, aber gleichzeitig fühle ich: »Aber nicht bei mir, dringe nicht in meine Privatsphäre ein! Ich bin so, wie ich bin, und lasse mich nicht verbiegen!«

      Es herrscht eine Skepsis gegenüber Veränderungsprozessen, die mit einer Angst des »Verbiegens« einhergeht. Vor allem, wenn der Veränderungsprozess von einer Psychologin begleitet wird. Meiner Erfahrung nach hilft nur eines: Aufklären und Befähigen. Menschen, die verstehen und nachvollziehen können, wie Veränderung funktioniert, sind aufgeschlossener für den Prozess. Gerade für uns Babyboomer ist es wichtig, genau das zu verstehen. So oft haben wir in unserer Kindheit die Worte gehört: »Frag nicht. Das ist halt so!«

      Meine Arbeit beginnt daher immer mit einer Einführung in die Grundprinzipien von Veränderungsvorhaben.

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