Abgerutscht. Marliese Arold

Abgerutscht - Marliese Arold


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      Klaus grinste. „Eileen hat bestimmt was dagegen, wenn ich dich mit ins Bett nehme, Süße.“

      „Idiot“, fauchte Nina. „In dein Bett will ich bestimmt nicht, danke für die Einladung. Lieber schlaf ich auf dem Fußboden oder sonst wo.“

      „War doch bloß ein Scherz. Brauchst nicht gleich so biestig zu werden.“ Klaus kam näher.

      Nina musterte ihn abschätzend von oben bis unten. „Ich glaub, ich verzichte besser ganz.“ Damit griff sie wieder nach ihren Taschen.

      „Warte doch“, lenkte Klaus ein. „Klar kannst du bei uns schlafen. Die Wohnung ist groß genug. Bernd ist in Australien und Uwes Zimmer ist sowieso noch nicht wieder vermietet.“

      Nina wurde hellhörig. „Ihr habt ein freies Zimmer?“

      „Na ja, eigentlich hab ich’s schon halb einer Freundin versprochen … Aber die zieht frühestens im Oktober ein.“

      Nina überlegte. Das Problem, wo sie die erste Zeit wohnen sollte, wäre wunderbar gelöst. Oder vielleicht auch weniger wunderbar? Sie war misstrauisch. Bildete sich dieser Kerl etwa ein, dass sie leicht zu haben war? Es war bestimmt anstrengend, wenn sie sich den Fettsack dauernd vom Hals halten musste.

      Besser, von Anfang an die Grenzen zeigen.

      „Bei mir läuft nichts“, erklärte Nina. „Ich brauch ’ne Unterkunft und weiter nichts.“

      „Okay, kapiert, kapiert. Willst du dir das Zimmer nicht wenigstens mal anschauen?“

      „Doch, na klar.“

      Nina folgte ihm in den ersten Stock, wieder mit dem ganzen Gepäck. Sie fragte sich, wann ihr wohl die Arme abfallen würden.

      Klaus sperrte die Wohnungstür auf. Nina betrat einen schmalen Flur, der noch enger wurde durch eine wuchtige Holzkommode.

      „Zweite Tür links“, kommandierte Klaus.

      Nina öffnete die Tür. Das Zimmer war nur halb so groß wie ihres zu Hause. Eine Liege mit einer schreiend bunten Matratze. Ein hoher, potthässlicher Schrank. Ein alter Küchentisch und ein passender Stuhl. Das war die gesamte Einrichtung.

      „Urgemütlich“, sagte Nina.

      „Uwe war anspruchslos.“

      Nina fiel die Entscheidung schwer. Für eine Nacht würde es gehen, sicher. Aber länger?

      „Ich überleg’s mir.“

      „Bitte.“ Klaus öffnete die nächste Tür. „Hier ist das Bad, falls es dich interessiert.“

      Nina warf einen Blick hinein. Grüne Kacheln, grüne Wanne, grünes Klo. In der Badewanne war ein Wäscheständer aufgestellt. Auf ihm trockneten fünf bunt gemusterte Boxershorts. Nina grinste.

      „Sind das deine Unterhosen?“

      „Was dagegen?“ Er wurde rot.

      „Jeder trägt, was er mag.“

      Klaus schlug ihr die Tür vor der Nase zu.

      „Ende der Besichtigung?“, fragte Nina.

      „Die Küche ist dort.“ Er wies mit dem Daumen zu einer anderen Tür. „Oberstes Fach im Kühlschrank ist deines. Kochen und Abwasch macht jeder für sich.“

      „Und wie viel kostet der Spaß?“

      „Hundertachtzig.“

      „Für dieses Loch?“, empörte sich Nina.

      „Warm. Das ist billig für Hamburg.“

      Nina zögerte. Sie schaute zu den anderen Türen. Die Wohnung hier war größer als die im Erdgeschoss. Vielleicht hatte man aus zwei Wohnungen eine gemacht.

      „Ist das hier eine WG oder was?“

      Klaus grinste. „Im Moment besteht die WG aus Eileen und mir. Bernd kommt erst nach Weihnachten aus Australien zurück.“

      „Gibt es hier Mäuse?“

      „Wie kommst du denn darauf?“

      Nina zuckte die Schultern. „Ich schau mir das Zimmer noch mal an.“

      Beim zweiten Mal war der Eindruck nicht ganz so schlimm. Verschiedene Sachen ließen sich leicht ändern. Nina nagte an ihrer Unterlippe. Wenn sie den Schrank neben die Tür rückte, fiel er viel weniger ins Auge. Die grellbunte Matratze würde unter der Bettwäsche verschwinden. Und ein neuer Anstrich würde dem ganzen Zimmer guttun.

      Nina trat wieder auf den Flur. „Okay.“

      „Und was heißt das?“, fragte Klaus nach.

      „Das heißt, dass ich bleibe.“

      Klaus grinste. „Ich hab doch gewusst, dass du einen guten Geschmack hast.“

      3

      Nina kippte den Inhalt des Lederbeutels auf die Matratze. Dann schüttete sie die Münzen ihrer Geldbörse dazu und zählte.

      Sie hatte nur noch knapp hundert Euro!

      Dabei hatte sie gar nicht viel gekauft. Spannlaken, Bettbezug, eine Decke zum Schlafen, Farbe fürs Zimmer, ein paar Lebensmittel und einige Artikel zur Körperpflege. Gestern Abend hatte sie Klaus noch die Miete für einen Monat im Voraus bezahlt.

      Hätte sie sich bloß den Friseurbesuch verkniffen! Aber sie hatte nicht widerstehen können. Und mit dem Ergebnis war sie sehr zufrieden.

      Ihre Haare kräuselten und lockten sich, es war eine Pracht. Genau, wie sie es sich gewünscht hatte. Sie erkannte sich im Spiegel kaum wieder. Das hätte der Friseur zu Hause nie geschafft.

      Nein, die Ausgabe hatte sich gelohnt, selbst wenn in ihrer Kasse nun schon fast Ebbe war.

      Sie musste sich eben so bald wie möglich einen Job suchen.

      Aber zuerst wollte sie das Zimmer renovieren, selbst wenn sie nur kurze Zeit hier wohnen sollte. Sie mochte keine provisorischen Lösungen. So ein lausiges Loch drückte aufs Gemüt und das konnte sie nicht gebrauchen. Wenn schon, dann wollte sie sich wohlfühlen.

      Sie ging in die Küche, um sich Tee zu kochen. Weil sie noch kein eigenes Geschirr hatte, benutzte sie einen Kochtopf und eine Tasse, die auf der Anrichte herumstanden. Die Küche war groß und hätte ganz gemütlich sein können, wären da nicht die dunkelgrünen Schränke und Kästen gewesen. Die waren so wuchtig, dass man sich fast von ihnen erschlagen fühlte.

      Nina hockte sich an den Küchentisch, trank ihren Tee und aß ein paar Kekse, die sie am Vormittag gekauft hatte.

      Im Nebenzimmer rührte sich etwas. Nina stutzte. Sie hatte geglaubt, dass sie allein in der Wohnung sei. Wenig später kam Eileen in die Küche. Sie trug einen Schlafanzug, darüber einen Kimono.

      „Hallo! Wie nett, dass ich heute nicht allein frühstücken muss.“ Sie gähnte und fing an, am Herd zu hantieren.

      Eileen war ungefähr Ende zwanzig. Nina hatte sie am Abend zuvor kurz kennengelernt und sie gefiel ihr sofort. Eileen war klein und zierlich, hatte schwarzes Haar, dunkle Augen und einen getönten Teint. Nina fand, dass sie irgendwie exotisch aussah.

      „Ich hab einfach irgendeine Tasse genommen“, sagte Nina. „Hoffentlich stört’s dich nicht. Im Topf ist noch Malventee.“

      „Ich brauch jetzt erst einen richtigen Kaffee“, antwortete Eileen, musste wieder gähnen und lachte. „Sonst werde ich heute überhaupt nicht mehr wach.“ Sie deutete auf die Wanduhr. „Es ist ja schon gleich eins. Aber heute Nacht ist es wieder mal verdammt spät geworden. Die letzten Gäste wollten einfach nicht gehen.“

      Nina erfuhr, dass Eileen als Bedienung in der Alsterjungfer arbeitete.

      „Und du?“, fragte Eileen. „Hast du gut geschlafen?“

      „Es


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