Rembrandt. Hermann Knackfuss

Rembrandt - Hermann Knackfuss


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      Abb. 19. Rembrandts Schwester. In der Liechtensteingalerie zu Wien.

       (Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München.)

      Das Jahr 1631 sah außer der „Darstellung im Tempel“ noch ein anderes aus dem Evangelium geschöpftes Gemälde entstehen: die „Heilige Familie“ der Münchener Pinakothek. Es ist ein schönes, gemütvolles Bild. Das auf dem Schoß der Mutter liegende Kind hat eben die Brust losgelassen und ist eingeschlafen; es wird von Maria mit dem stillen Lächeln der Mutterlust betrachtet; neben Maria steht die Wiege mit weißem Leinen; Joseph beugt sich mit gedankenvoll betrachtendem Blick herüber (Abb. 14).

      Abb. 20. Die Anatomiestunde. Gemälde von 1632 im königl. Museum im Haag.

       (Nach einer Originalphotographie von Braun, Clément & Cie. in Dornach i. E. und Paris.)

      Abb. 21. Kopf eines Hörers aus der „Anatomiestunde“ im königl. Museum im Haag.

       (Nach einer Originalphotographie von Braun, Clément & Cie. in Dornach i. E. und Paris.)

      Abb. 22. Köpfe von Hörern aus der „Anatomiestunde“ im königl. Museum im Haag.

       (Nach einer Originalphotographie von Braun, Clément & Cie. in Dornach i. E. und Paris.)

      Abb. 23. Der vortragende Professor (Dr. Nikolaas Tulp) aus der „Anatomiestunde“ im königl. Museum im Haag.

       (Nach einer Originalphotographie von Braun, Clément & Cie. in Dornach i. E. und Paris.)

      Zu den ersten der in Amsterdam gemalten Bildnisse gehört ein stolz und kühn blickender Mann mit großem Schnurrbart (in der Sammlung der Ermitage zu Petersburg). Er trägt einen mit reicher Goldkette geschmückten pelzbesetzten Mantel, eine ebenso geschmückte Pelzmütze, hat Perlengehänge in den Ohren und hält einen Stock mit verziertem goldenen Knopf. Es ist anscheinend ein polnischer Edelmann, den sein Weg einmal in den damaligen Mittelpunkt des Weltverkehrs, nach Amsterdam, führte (Abb. 15).

      Unter den Radierungen Rembrandts vom Jahre 1631 befindet sich eine, welche durch ihren Gegenstand auffällt. Es ist eine Diana im Bade. Bei diesem Titel denken wir unwillkürlich an eine klassische Schönheit oder doch mindestens an eine Erscheinung von straffer Jugendlichkeit. Rembrandt aber hat seine „Diana“ nach einem grundhäßlichen, abgeblühten Modell mit abschreckender Naturtreue gezeichnet. Es fehlte ihm aller und jeder Sinn für das, was wir im Sinne der griechischen Kunst schön nennen. Wenn man unter „Renaissance“ den engeren Begriff der Veredelung der Kunst durch die Kenntnis antiker Schönheit versteht, so ist für Rembrandt die Renaissance gar nicht dagewesen; zu einem Freunde sagte er einmal, auf seine Sammlung alter Stoffe, Waffen und Geräte zeigend: „Das sind meine Antiken.“ Rembrandts mythologische Kompositionen berühren uns denn auch mindestens sehr fremdartig. Er hat deren freilich nicht viele geschaffen. Die damalige internationale Kunst und somit auch die Schule, aus der Rembrandt hervorgegangen war, wurde ja von einer Vorliebe für Darstellungen aus der antiken Götterwelt beherrscht. Aber dem Wesen Rembrandts lagen derartige Stoffe sehr fern, auch ist seine Kenntnis von diesen Dingen schwerlich groß gewesen; sein Buch war die Bibel, und es scheint nicht, daß er überhaupt viel anderes als dieses Buch gelesen hat. Übrigens hatten ebenso wie er selbst seine Landsleute nicht mehr viel Geschmack für die Mythologie; dem nüchternen Sinn und der protestantischen Strenggläubigkeit der Holländer konnte die Verbildlichung heidnischer Götterfabeln nicht zusagen.

      Abb. 24. Der Federschneider (angeblich des Amsterdamer Schreib- und Rechenmeisters Coppenol Bildnis). In der königl. Gemäldegalerie zu Kassel.

       (Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München.)

      Vielleicht das Hübscheste, was Rembrandt an mythologischen Darstellungen geschaffen hat, ist ein in der Liechtensteingalerie zu Wien befindliches Gemälde: „Diana und Endymion.“ In der Flut des Mondlichts schwebend hat die keusche Göttin sich auf die Erde herabgesenkt; wie mondbeglänzte Wolkengebilde schimmern Schwäne, die sie getragen, im Dunkel der Luft. Mit dem Jagdspeer in der Hand, groß und stolz, tritt sie dem blöden Burschen entgegen, der ihr Wohlgefallen erregt hat. Das Licht, das von ihr ausstrahlt, fällt ihm ins Gesicht, da er, aus seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Schlafen, aufgestört, sich nach ihr umblickt, während seine derben Hunde scheu die Hunde der himmlischen Jägerin anknurren (Abb. 18).

      Abb. 25. Der Perser. Radierung von 1632.

      Das Gesicht der Göttin zeigt hier eine unverkennbare Ähnlichkeit mit einem rotblonden Mädchen, das Rembrandt in den Jahren 1632 und 1633 wiederholt gemalt hat. Man hält dieses Mädchen mit Grund für eine von seinen Schwestern, die vielleicht mit ihm nach Amsterdam übergesiedelt war (Abb. 19).

      Abb. 26. Der Rattengiftverkäufer. Radierung von 1632.

      Im Jahre 1632 wagte Rembrandt sich an einen figurenreichen mythologischen Gegenstand: es ist der im Berliner Museum befindliche „Raub der Proserpina.“ Das merkwürdige Bild enthüllt in Farbe, Wirkung, Empfindung und Ausdruck in der bezeichnendsten Weise Rembrandts künstlerische Vorzüge und Besonderheiten. Es ist wie alle Gemälde dieser seiner frühen Zeit sehr fein und sorgfältig gemalt. Die Kräuter des Vordergrundes, bei denen man die einzelnen Äderchen der Blätter sieht, sind staunenswürdig, und ebenso genau bis ins einzelste sind die etwa zollgroßen Köpfchen und die reichen Stoffe ausgeführt. Bei dieser fast peinlichen Vortragsweise ist das Bild indessen von wahrhaft gewaltigem Leben erfüllt. Die schwarzen Rosse des Hades sausen wie eine flüchtige Erscheinung in den dampfenden Abgrund hinein; schwarzer Wolkendampf liegt unter dem Himmelsblau festgeballt über dem Eingang der Schlucht. Proserpina kratzt und schlägt ihren Entführer ins Gesicht; entsetzt versuchen ihre Gespielinnen ihr Gewand festzuhalten, um sie von dem goldenen Wagen herabzuziehen, dessen Schnelligkeit doch ihr rasendes Nacheilen vereitelt.

      Abb. 27. Der blinde Geigenspieler. Radierung.

      In dem nämlichen Jahre 1632 malte Rembrandt ein größeres Gemälde, welches Mit- und Nachwelt zur höchsten Bewunderung hingerissen hat: „die Anatomiestunde.“ Nachdem das Sezieren menschlicher Leichen zu Unterrichtszwecken im Jahre 1555 gesetzlich gestattet worden war, wurde es in mehreren Städten Hollands gebräuchlich, regelmäßige öffentliche Vorträge über Anatomie stattfinden zu lassen. Diese Vorträge wurden in eigens dazu bestimmten Sälen gehalten, welche in entsprechender, für unsere Anschauungen


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