Geschichte der Englischen Sprache und Literatur. Ottomar Behnsch

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behandelten stoffe übereinstimmte. Junius, welcher diese handschrift von Usher empfing, gab dieselbe im jahre 1655 unter Caedmon’s65 namen heraus. Gegenwärtig befindet sich das Ms. in der bodleyanischen bibliothek zu Oxford in einem sehr mangelhaften zustande, indem sogar einzelne blätter herausgeschnitten worden sind. Es zerfällt in zwei theile, von denen der erste ursprünglich fünf und fünfzig abschnitte enthielt, erscheint gegenwärtig aber unvollständig; die behandelten stoffe sind aus dem alten testamente entlehnt. Der zweite theil, in einer jüngeren und nachlässigeren hand geschrieben, umfasst jetzt noch elf abschnitte, welche hauptsächlich die höllenfahrt Christi und dessen sieg über den teufel betreffen.66 Im jahre 1832 gab Thorpe diese dichtungen von neuem unter Caedmon’s67 namen heraus, wodurch sie der kritik zugänglicher wurden. Schon Hickes und später Conybeare hatten auf die verschiedenheit der einzelnen abschnitte in der sprache, auf die völlige zusammenhangslosigkeit des ganzen aufmerksam gemacht, und in neuester zeit ist man ziemlich darüber einverstanden, dass die unter Caedmon’s namen gehenden gedichte, so wie sie sind, nicht von Caedmon herrühren.68 Vielleicht mag ihm keines in der ganzen sammlung, oder doch nur in der überarbeitung eines späteren angelsächsischen dichters angehören. Sagt doch schon Beda, dass viele den von Caedmon zuerst betretenen weg, die heiligen Schriften poetisch zu paraphrasiren, nach ihm gewandelt sind; auch besitzen wir noch eine anzahl ähnlicher dichtungen, obwohl einige in der „Caedmon’s“ sammlung die schönsten und besten der ganzen gattung sind und einen schwung zeigen, dass man zu glauben versucht wird, Milton müsse sie gekannt haben, ehe er sein Paradise Lost dichtete, in welchem ähnliche stoffe behandelt sind.69

      Der anfang Caedmon’s lautet:

70Us is riht micel, þæt ve rodera veard, vereda vuldorcining, vordum herigen, môdum lufien. Uns ist sehr recht, dass wir der himmel wart, der heere herrlichen könig, mit worten ehren, mit gemüth loben.
He is mægna spêd, heáfod ealra heáhgesceafta,71 freá ælmihtig. Næs him fruma æfre, òr gevorden; ne nû ende cymð èccan drihtnes; ac he bîð â rîce ofer heofenstôlas. Er ist der kräfte ursprung, haupt aller hochgeschöpfe, herr, allmächtiger. Nicht war ihm anfang jemals, ursprung geworden; nicht nun ein ende kommt des ewigen herrn; sondern er ist immer mächtig auf himmelsthronen.
Heágum þrymmum, sôðfæst and svîðfeorm, sveglbôsmas heold, ða væron gesette vîde and sîde, ðurh geveald godes, vuldres bearnum, gàsta veardum. Mit hohen kräften, wahrhaft und mächtig, himmelsräume hielt er, die gesetzt waren, weit und breit, durch gottes gewalt, den kindern der herrlichkeit, den beschützern der geister.
Hæfdon gleám and dreám and heora ordfruman engla þreátas, beorhte blisse væs heora blæd micel; þegnas þrymfæste þeóden heredon, sægdon lustum lôf heora lîffreán démdon drihtnes, dugeðum væron svîðe gesælige. Sie hatten freude und lust und ihren uranfang der engel scharen; glänzende herrlichkeit war ihre grosse seligkeit: kraftfeste diener priesen den herrn, sagten mit lust das lob ihres lebensherrn, rühmten des herrn, waren in tugenden sehr selig.
Synna ne cûðon, firena fremman, ac hie friðe lifdon èce mid heora aldor. Elles ne ongunnon ræran on roderum, nymðe riht and sôð, ærþon engla veard for oferhygde dveal on72 gedvilde. Sünden konnten sie nicht. (nicht) verbrechen begehen, sondern sie lebten in frieden ewig mit ihrem vater. Anderes begannen sie nicht aufzurichten in den himmeln, als recht und wahrheit, ehe denn der engel wart wegen überhebung ....... irrthum.
Noldan dreógan leng heora selfra ræd, ac hie of siblufan godes âhvurfon. Hæfdon gielp micel, þæt hie við drihtne dælan meahton vuldorfæstan vîc, verodes þrymme, sîd and svegltorht. Sie wollten nicht lang ausdehnen ihren eigenen rath, sondern sie von der kindesliebe Gottes wendeten sich. Sie hatten viel anmassung, dass sie mit dem herrn theilen möchten den herrlichfesten ort, mit heeresmacht, bahn und himmelslicht.
Him þær sâr gelamp, æfst and oferhygd, and þæs engles môd, þe þone unræd ongan ærest fremman, vefan and veccean. þâ he vorde cvæð, nîðes ofþyrsted, þæt he on norðdæle hâm and heáhsetl heofena rîces âgan volde. Ihm da schmerz zustiess, neid und überhebung, und jenes engels gemüth, der diesen unrath begann zuerst zu fassen, weben und wecken. Dann er mit wort sprach, durstig nach bösem, dass er am nordtheil heimath und hochsitz des himmelreiches besitzen wollte.
þâ vearð yrre god and þâm verode vrâð, þe he ær vurðode vlîte and vuldre; sceôp þam vêrlogan vræclîcne hâm, veorce tô leáne helleheáfas, hearde niðas; hêht þæt vîtehûs vræcna bîdan, deóp dreáma leás, drihten ure, gâsta veardas. Da ward Gott ergrimmt und dem heere zornig, das er vorher würdigte mit glanz und herrlichkeit; er schuf jenen verlogenen eine verbannungs-heimath, zum schweren lohne höllklagen, harte strafen, hiess das strafhaus der verbannten bleiben tief, freudenlos, unser herr, der geister warten.
þa he hit geare viste, sinnihte beseald, sûsle geinnod, geondfolen fyre and færcyle, rêce and reáde lêge, hêht þâ geond þæt rædleáse hof veáxan vîtebrôgan. Da er es fertig wusste, mit ewiger nacht versehen, mit schwefel geschwängert, überfüllt mit feuer und mit überkälte, mit rauch und rother flamme, hiess er dann über jenen rathlosen hof wachsen die strafschrecken.

       Judith. Ausser den unter Caedmon’s namen herausgegebenen dichterischen bearbeitungen der heiligen schriften ist noch eine andere erhalten, deren verfasser ebenfalls unbekannt ist. Es ist dieses das bruchstück eines längeren gedichtes, welches seinen stoff aus dem apokryphischen buche Judith entlehnt und mit Judith c. 12, v. 10 beginnt. Die schilderungen und die reden der handelnden personen gehören dem dichter an, welcher nur den stoff und zusammenhang aus der bibel entnommen hat. Das ganze bestand einst aus zwölf abschnitten, von denen jedoch die ersten acht und ein theil des neunten verloren sind. Das erhaltene bruchstück dieses schönen gedichtes befindet sich in demselben Ms. (Cotton. Vitellius, A. XV), welches uns den Beowulf bewahrt hat. Es ist oft gedruckt worden, am besten in Thorpe’s Analecta p. 131, woraus es in Leo’s alt- und angelsächsische sprachproben seite 65 u. f. und in Ettmüller’s scôpas and bôceras seite 140 übergegangen ist.

      Judith XI.

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