Soldaten des Glücks. Richard Harding Davis

Soldaten des Glücks - Richard Harding Davis


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wollen Sie?“ rief Clay. „Sie verlangen Ihre Entlassung?“

      Bei diesen Worten stiess er seinem Pferde die Sporen in die Weichen und warf es herum, so dass er den Leuten wieder ins Gesicht sah.

      „Wie können Sie sich unterstehen, von Entlassung zu sprechen? Wenn es mir gefällt, werde ich die ganze Gesellschaft auf dem nächsten Dampfer nach New York schicken und Ihnen ein solches Zeugnis mitgeben, dass Sie froh sein werden, wenn Sie noch die gemeinste Arbeit erhalten. Sie sind noch nicht in der Lage, von Entlassung reden zu können — nicht ein Einziger von Ihnen. Doch,“ fügte er, sich selbst unterbrechend, hinzu, „einer von Ihnen kann es, und das ist Mc Williams, der den Eisenbahnbau geleitet hat. Seine Schuld ist es nicht, dass die Bahn noch nicht betriebsfähig ist. So viel ich gehört habe, ist er nicht im stande gewesen, das Wegerecht von den Besitzern des Landes zu erlangen, aber ich habe gesehen, was er fertig gebracht hat, und bitte ihn um Entschuldigung — aber nur Mc Williams. Was Sie andere angeht, so will ich Ihnen eine Probezeit von einem Monat bewilligen. Ohnehin dauert es noch einen Monat, bis der nächste Dampfer hierherkommt, und diese Zeit will ich Ihnen gewähren, damit Sie wieder gut machen können, was Sie gefehlt haben. Wenn diese Zeit abgelaufen ist, werden wir uns wieder sprechen, aber Sie sind jetzt nur noch auf Probe und so lange ich Sie dulde hier. Guten Morgen!“

      Wie sich Clay gerühmt hatte, war er nicht der Mann danach, seine Stelle aufzugeben, weil er fand, dass die Rolle, die er zu spielen hatte, nicht die des Leiters, sondern eher die eines Mädchens für alles war, und obgleich es schon eine Reihe von Jahren her war, seit es mit zu seinen Pflichten gehört hatte, die Zusammensetzung von Maschinen zu überwachen oder den Polizeidienst in einem Bergmannslager zu regeln, machte er sich doch mit ernstem Eifer an die vor ihm liegende Arbeit, um seinen Untergebenen zu zeigen, dass es nicht darauf ankomme, wer die Arbeit thue, sondern darauf, dass sie überhaupt gethan werde. Anfangs waren die Leute verdrossen, empfindlich und argwöhnisch, aber sie konnten der Wahrnehmung, dass Clay die Arbeit von Fünfen nicht nur ohne Murren, sondern anscheinend mit dem grössten Vergnügen that, nicht lange widerstehen. Die reichen Kaffeepflanzer, denen das Land gehörte, dessen er für die Eisenbahn bedurfte, versöhnte er durch Staatsbesuche in aller Form und durch weniger förmliche Gastmähler, denn er erkannte, dass das Eisenbergwerk auch eine gesellschaftliche und eine politische Seite hatte. Diese Thatsache im Auge behaltend, beging er die Eröffnung der Bahn mit grosser Feierlichkeit, viel Musik und Gelagen, und das erste Stück Erz, das aus dem Bergwerke zu Tage gefördert wurde, liess er in Diamanten fassen und machte es der Frau des Ministers des Inneren zum Geschenk, so dass die Frauen der anderen Minister bedauerten, dass ihre Männer nicht dieses Portefeuille gewählt hatten. Darauf folgten sechs Monate harter, unablässiger Arbeit, während deren der grosse Hafendamm von Mc Williams’ Eisenbahn in die See hinauswuchs und der Abfall des ersten Berges seines grünen Gewandes entkleidet wurde und in verstümmelter Nacktheit stehen blieb, während der Klang der Hämmer und Aexte, das donnernde Krachen des Dynamits und das warnende Pfeifen der Maschinen dem Schweigen der Jahrhunderte ein Ende machten.

      Ein langer, mühsamer Kampf war es gewesen, der Clay indessen einen hohen Genuss bereitet hatte. Zwei unerwartete Umstände trugen viel zum Erfolge bei. Der eine war die Ankunft des jungen Teddy Langham in Valencia, der angeblich kam, um den Beruf zu erlernen, den Clay in so hervorragender Weise vertrat, in Wahrheit jedoch, um über seines Vaters Interessen zu wachen. Er wurde Clay zugeteilt, und dieser verstand es, ihn etwas lernen zu lassen, er mochte wollen, oder nicht, denn Clay lenkte ihn und Mc Williams, die er beide sehr gern hatte, als ob sie, wie sie klagten, die widerspenstigsten Glieder seines ganzen Stabes gewesen wären.

      Der zweite wichtige Umstand war die Mitteilung, die der junge Langham eines Tages machte, dass die Aerzte seinem Vater ein mildes Klima verordnet hätten und dass er und seine beiden Töchter in einem Monat kommen würden, um den Winter in Valencia zu verleben und zu sehen, wie sich der Sohn und Erbe als Geschäftsmann entwickelte.

      Dass Mr. Langham nach Olancho kommen und seine neuen Besitzungen besichtigen wolle, war keine Uebrraschung für Clay. Schon früher hatte er sich das als möglich vorgestellt, besonders seit der Sohn eingetroffen war und sich ihnen dort zugesellt hatte. Die Gegend war an sich schön und interessant genug, einen Besuch zu rechtfertigen, und es war ja nur eine zehntägige Reise von New York, allein die Möglichkeit, dass auch Miss Langham kommen werde, hatte er nie in Betracht gezogen, und als dies nicht nur möglich, sondern gewiss geworden war, träumte er von nichts anderem mehr. Allerdings lebte er so ernst und arbeitete so unverdrossen, als bisher, aber der Ort war vollkommen verwandelt für ihn. Jetzt sah er ihn gewissermassen mit ihren Augen, wenn er daneben auch seinen eigenen Gesichtspunkt festhielt. Es war, als ob er die Brennweite eines Fernglases vergrössert habe und durch dieses über das vor ihm Liegende und Greifbare hinaus etwas Schönes und Malerisches erblicke.

      Manchmal überraschte er sich selbst dabei, wie er in Erwartung ihrer Freude über die an den abgestorbenen Bäumen hoch über dem Eingang des Bergwerkes hängenden Orchideen oder über die wie bunt glänzende Geschosse zwischen den Schlingpflanzen hin und her huschenden Papageien lächelte, und er betrachtete den Hafen bei Nacht mit den auf dem Wasser schwimmenden bunten Lichtern wie ein für ihre Augen hergerichtetes Bild. Er entwarf Pläne zu Gastmählern, die er ihr zu Ehren auf dem Balkon des grossen Restaurants an der Plaza veranstalten wollte, wo abends die Musik spielte und die Sennoritas in langen Reihen zwischen den bewundernden Offizieren und Caballeros umherschlenderten, und malte sich aus, wie er, wenn die Erzboote beladen wären und seine Arbeit ihm mehr Zeit liesse, mit ihr über die rauhen Bergpfade zwischen herrlichen Reihen königlicher Palmen reiten oder Ausflüge auf der Bai machen würde, um die Höhlen zu erforschen und an Bord des Raddampfers zu frühstücken, der für sie neu gemalt und vergoldet werden sollte. Er stellte sich vor, wie er den Führer spielen und sie durch das grosse Bergwerk geleiten, ihre einfachen Fragen über die seltsamen Maschinen, die Arbeiter und die Art, wie er die zweitausend Menschen beherrschte, beantworten würde. Nicht persönlicher Stolz auf die Bergwerke war es, was ihn wünschen liess, dass sie sie sehen möchte, nicht weil er sie entdeckt und erschlossen hatte, wollte er sie ihr gern zeigen, sondern als ein wunderbares Schauspiel, das, wie er hoffte, ihr Interesse erregen würde.

      Aber die grösste Freude empfand er, als der junge Langham vorschlug, für seine Angehörigen auf dem Gipfel des Hügels, der über den Hafen und den zur Verladung des Erzes angelegten Damm vorsprang, ein Haus zu erbauen. Dann, so stellte der junge Langham vor, würde er viel mehr von seiner Familie haben, als wenn diese sich in der fünf Meilen entfernten Stadt niederliesse.

      „Wir können im Geschäftshause an diesem Ende der Eisenbahn wohnen bleiben,“ sagte der junge Mann, „und sind ihnen doch ganz nahe, wenn wir abends von der Arbeit heimkehren. Wohnen sie aber in Valencia, so geht der grösste Teil des Abends mit dem Weg nach der Stadt hin und vor Tagesgrauen kommt man nicht heim, denn aus dem Klub bringt man mich unter drei Stunden nicht wieder heraus. Das Haus wird uns vor Versuchung bewahren.“

      „Sehr richtig,“ entgegnete Clay mit einem schuldbewussten Lächeln, „es wird uns vor Versuchung bewahren.“

      Demnach wurde das Unterholz weggeräumt, und sie stellten eine grosse Zahl von Arbeitern an, die den schönsten und behaglichsten Bungalow am Rande des Hafens erbauen sollten. Die Fussböden wurden mit blauen, grünen und weissen Fliesen belegt und das Dach mit Hohlziegeln gedeckt, die die Luft einliessen, die Wasserspeier waren Drachenköpfe und die Veranden so breit, als das Haus selbst. In der Mitte lag ein offener Hof mit einem plätschernden Springbrunnen, und die Balkone des oberen Stockes gingen nach diesem Hofe hinaus. Zur Ausschmückung dieses Patio wurden die Leute auf Meilen im Umkreise gebrandschatzt und mussten tropische Pflanzen und bunte Matten und Vorhänge hergeben. Clay und seine Freunde selbst fällten die Bäume, die die Aussicht über den langen, sich vom Meere bis nach Valencia erstreckenden Hafen verdeckten, und pflanzten eine Wand von anderen Bäumen, um den unschönen Eisenerzdamm zu verbergen. Die kahlen Stellen wurden mit Rasen belegt, kurz, der ganze Ort so vollständig umgestaltet, als ob eine Fee ihren Zauberstab darüber geschwungen hätte. Eine grosse Ueberraschung sollte es werden, und sie alle drei — Clay, Mc Williams und Langham — nahmen ein so lebhaftes Interesse daran, als ob die Vorbereitungen ihren eigenen Flitterwochen gegolten hätten. Wenn sie durch die Strassen von Valencia schlenderten, kam es oft vor, dass einer von ihnen ausrief: „Das müssten wir fürs Haus haben!“


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