Privatdetektiv Joe Barry - Party für Tote. Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Party für Tote - Joe Barry


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Und jede Zahl bedeutete runde Dollars.

      Nach einer Weile fand er, was er gesucht hatte. Er überlegte. Sein Gedächtnis war erstklassig. Ein Anstoß genügte, und alle Einzelheiten standen ihm wieder klar vor Augen. Ja, er wußte jetzt wieder, wie es gewesen war vor drei Jahren. Er wußte es, als wäre es gestern gewesen.

      Er zog das Telefon heran und wählte die Nummer von Stearn Eliot Kearns. Kearnie war nicht zu Hause; er erreichte ihn schließlich im Golfklub. „Hier Dawson“, meldete er sich gewichtig.

      „Du elender Halsabschneider, haben sie dich noch nicht ins Loch gesteckt?“ trompetete es aus dem Hörer. Kearnie war Sportsmann und versäumte keine Gelegenheit, es zu zeigen.

      „Laß die Witze; es ist ernst“, knurrte Dawson.

      „Allerdings ist es ernst. Ich wollte dir nur sagen, daß es ein blöder Witz ist, was du dir da geleistet hast.“

      „Ich verstehe kein Wort …“

      „Nun stell’ dich nicht so an, alter Geldscheffler. Ich hatte ein verflucht komisches Gefühl, als ich die Karte bekam, aber dann sagte ich mir: Dahinter kann nur der gute alte Dawson stecken. Der Bursche ist bekannt für seinen Unterweltshumor.“

      „Was sagst du da?“ fragte Dawson entgeistert. „Du hast eine Karte bekommen?“

      „Ja, mit der Nachmittagspost!“

      „Halt dich an der Whiskyflasche fest, die neben dir steht; ich habe keinen Witz gemacht. Ich schwöre es dir. Ich habe selbst so eine Karte bekommen.“

      „Du auch?“ fragte Kearnie ungläubig.

      „Allerdings“, versicherte Dawson grimmig.

      „Mann, das ist ein Witz. Allerdings der schäbigste Witz, der mir je begegnet ist, seit der alte Morgan mir an einem Tag fünfhunderttausend Dollar Kursgewinn kaputt machte. Hör mal, Alter, was steckt wohl dahinter?“

      „Ich habe keine Ahnung. Deshalb rufe ich ja bei dir an.“

      „Die Polizei? Zum Donnerwetter, Dawson, das Sprichwort sagt zwar ,Kearnie weiß alles‘, aber in dem Fall lügt es. Ich dachte, diese Geschichte sei längst begraben und tot.“

      „Dachte ich auch.“

      „Scheint aber nicht so zu sein.“

      „Ganz recht.“

      „Ganz recht“, äffte Kearnie ihn nach.

      „Mehr fällt dir wohl nicht ein.“

      „Ich möchte vor allem wissen, ob die Prinzessin auch so ein Ding bekommen hat.“

      „Judy? Schwer zu sagen. Mit uns spricht sie ja nicht mehr. — Vielleicht hat sie uns sogar das Zeug geschickt. Für Silvesterscherze ist es ja ein bißchen spät, aber manche Leute haben eine lange Leitung und sind erst im April zu Scherzen aufgelegt.“

      Dawson faßte einen Entschluß.

      „Ich komme sofort zu dir ’rüber“, knurrte er. „Wir müssen sofort überlegen, was wir tun. Ich habe das Gefühl, daß wir jetzt Zusammenhalten müssen. Einigkeit tut not!“

      Das war das Leitmotiv von Bill Dawson senior, Howards Vater, gewesen, und damit hatte er viel Erfolg gehabt. So bei den Holzfabriken vom Michigan. Er hatet sie solange geeinigt, bis alle ihm gehörten. Dawson junior hatte das Motiv übernommen.

      Fünf Minuten später verließ sein Wagen die Garage und rauschte über den Shore Parkway zum Golfklub.

      In der Gun Hill Road traf die Karte ebenfalls am Nachmittag ein. Aber der Adressat bekam sie erst ein paar Tage später. Joe Barry hatte den Privatdetektiv Joe Barry ins Archiv gelegt und war zu einem verdienten Skiurlaub in die Adirondacks gefahren. Er kam erst am Wochenende wieder, und da lag der Umschlag auf seinem Schreibtisch unter einem Stapel Post, säuberlich aufeinandergeschichtet von Milly, seiner Raumpflegerin.

      Jo kümmerte sich auch nicht sofort darum. Er untersuchte seinen Kühlschrank, fand ihn leer und bediente kurz entschlossen das Telefon.

      Er rief im Police Center an und ließ sich mit Lieutenant Antony Starr, dem Chef der Mordkommission Manhattan, verbinden. Als der Captain am Apparat war, verstellte Jo seine Stimme.

      „Hier Gouverneur Rockefeller“, sagte er. „Captain, ich habe da einen dringenden Mordfall!“

      „In Ordnung“, sagte Antony ungerührt. „Wer soll ermordet werden und wann?“

      „Der Mord ist schon geschehen. Betrifft einen jungen Mastochsen, den man zu Steaks verarbeitet hat.“

      „Ich kenne den Fall, Sir. Kommen Sie in die Kantine, Sir. In einer halben Stunde, Sir. Da finden Sie uns bei der Spurensicherung.“

      Die New Yorker Polizei tat alles, um ihre Beamten bei Kräften zu halten. Es gab Experten, die in Honolulu und auf Hawaii, in Mexiko und in Kopenhagen gespeist hatten, und die darauf schworen, daß die Steaks des New Yorker Center die besten aller fünf Kontinente seien. Vom sechsten wußten sie es nicht so genau.

      Jo begrüßte den Captain gut gelaunt. Die beiden waren Freunde seit der Zeit, da sie sich in Korea bei den Ledernakken die Hörner abgestoßen hatten.

      Das Steak war zart, außen scharf gebraten und innen roh. Während Jo es zerlegte, ließ er sich von Antony erzählen, daß es nichts Neues gab.

      „Muß die Frühjahrsmüdigkeit sein“, sagte der Captain. „Ich denke daran, eine Woche Urlaub einzureichen und auch in die Adirondacks zu fahren. Du könntest mitkommen. Nachurlaub soll gesünder sein als der eigentliche Urlaub.“

      „Die Konjunktur scheint günstig zu sein“, gab Jo zu. „Ich war eine halbe Stunde in meiner Wohnung, und in dieser Zeit klingelte das Telefon kein einziges Mal. — Übrigens, habe ich die Post mitgebracht. Spielen wir Lotterie: Wenn nichts Wichtiges dabei ist, gehe ich auf deinen Vorschlag ein“, sagte Jo.

      „Okay“, brummte Antony, steckte sich eine Zigarette an und sah zu, wie Walker die Umschläge aufriß und die Briefe rasch überflog.

      „Ein Angebot nach Wilcox“, brummte Jo. „Eine trauernde, aber anständige Witwe vermißt ihre Diamanten und hat den Chauffeur in Verdacht.“

      „Was für dich“, meinte Antony. „Kauf’ dir eine Lupe, durchsuche alles und berechne hundert Dollar täglich.“

      „Ich tu’s nicht. Ich habe keine Angst vor dem Chauffeur …“

      „… aber vor der Witwe!“

      „Sie hat ihren Mann beerbt, schreibt sie. Das Geld sei mündelsicher angelegt, und sie könne auch kochen.“

      „Das Richtige für dich, Jo!“

      „Eher gehe ich freiwillig in eine Gemeinschaftszelle nach Scranton, wo nur ehemalige Kunden von mir sitzen.“

      Jo machte weiter. Es war wirklich nichts Wichtiges dabei. Rechnungen, Versicherungen, auch einige Schecks, Reklamesendungen, ein paar Angebote — halt, da war etwas. Er hob einen teuren Büttenumschlag hoch und sah nach dem Absender.

      „Orville O. Owes“, buchstabierte er. „Den Burschen kenne ich doch.“

      Jo zog die Karte heraus und bewunderte den prächtigen Golddruck. Jeder Buchstabe war ein Kunstwerk und hatte überdies Materialwert. Der Text war kurz:

      „Mr. Orville O. Owes gibt sich die Ehre, Mr. Joe Barry zu einer am Samstag, dem 23. März 1963, in seinem Haus ,Owes Castle‘ — Long Island, Bellmore, um neunzehn Uhr stattfindenden Party ergebenst einzuladen.“

      Es folgte die Unterschrift: „Orville O. Owes.“

      „Ziemlich viel Töne um einen schlichten Saufabend“, brummte Antony.

      „Den Burschen kenne ich“, wiederholte Jo. „Jetzt fällt es mir ein. Er ist der Inhaber der O. O. O. Company, kurz Mister O. genannt. Ein ziemlich reicher Knopf. Vor fünf Jahren hat er südlich von Asbury Park weite Landstriche aufgekauft,


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