Jan pass auf!. Carlo Andersen

Jan pass auf! - Carlo Andersen


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was wir tun. Wir fahren jetzt sofort zu ihm und geben ihm die verdiente Tracht Prügel.»

      «Nun reg dich schon ab, du kleiner Berserker!» befahl Erling. «Wenn es dich so sehr zu ihm zieht, kannst du ja alleine gehen und ihm seine Tracht Prügel verabreichen. Jan und ich werden inzwischen unsere klugen Köpfe anstrengen und eine gute Lösung finden.»

      Jespers Antwort war kleinlaut. «Na ja, allein kann ich nicht mit ihm fertig werden. Das weißt du ja selbst.»

      Erling nickte ironisch. «Dann bleib lieber da, Krümel. Nimm dir noch einen Kuchen und halte deinen Mund, während wir Erwachsenen vernünftig miteinander reden. Unterbrich uns jetzt bloß nicht mit weiteren genialen Einfällen...»

      «Ja, aber ich...»

      «Sei still, du Kröte!»

      Jan hatte dem Wortwechsel zwischen den beiden Freunden kaum Beachtung geschenkt. Er saß ziemlich geistesabwesend da und blickte abwechselnd aufs Wasser, wo viele Segelboote sich tummelten, und auf die hübschen Gartenanlagen des Segelklubs.

      Schließlich sagte er:

      «Hört mal zu. Unser Verdacht richtet sich auf Walther Clausen. Ein sehr begründeter Verdacht, das kann man wohl sagen – aber mehr ist es nicht, denn es fehlt uns jeglicher Beweis. Und wenn man alles genau bedenkt, so ist dieser Kerl gewiß nicht unser einziger Feind.»

      Hier unterbrach ihn Erling energisch. «Wahrscheinlich hat er uns neulich verfolgt, als wir auf dem Weg hierher waren. Du hast ihn ja selbst gesehen.»

      Jan nickte. «Gewiß, das ist an sich schon seltsam, aber ein Beweis ist es nicht. Jedenfalls kein Beweis, den die Polizei oder das Gericht anerkennen würden.»

      «Guten Tag, Jungs!» erklang es in diesem Augenblick. Es war Jack Morton, der die Klassenkameraden munter begrüßte. «Ich mußte doch einmal nach euch sehen, um zu erfahren, wie es mit der armen ‚Rex‘ gegangen ist. Hat sie Totalschaden?»

      «Nein, glücklicherweise nicht», antwortete Jan.

      Dann erklärte er, daß das Boot gehoben worden sei und daß sie Walther Clausen verdächtigten, ihnen den üblen Streich gespielt zu haben.

      Jack hörte gespannt zu und sagte dann lächelnd: «Seltsamer Zufall, daß du von Walther Clausen sprichst, denn vor weniger als einer Stunde sah ich ihn in Ryvangen.»

      «So», sagte Jan ohne größeres Interesse.

      Jack nickte. «Ja, ihr wißt doch, daß er in unserer Nachbarschaft wohnt, in der Parallelstraße, Nummer 14. Die Villa gehört seinen Eltern, aber die scheinen ständig auf Reisen zu sein; daher hat der Bursche das Haus fast immer für sich allein. Er kam zusammen mit einer ägyptischen Mumie die Straße hinaufgegangen.»

      «Mit einer ägyptischen Mumie?» wiederholte Jan erstaunt. «Was meinst du damit, Jack?»

      Jack Morton lachte. «Nun, nimm das nicht wörtlich, Jan. Clausen war in Gesellschaft eines jüngeren Burschen, der so mit Verbandzeug umwickelt war, daß es schon komisch wirkte. Wenn ein echter Arzt ihm den Verband angelegt hat, dann sollte man dem Mann die Praxis entziehen. Selbst der schlechteste Samariter hätte den Verband besser anlegen können.»

      «Kennt dich Clausen?» fragte Jan. «Weiß er, daß du mit uns befreundet bist?»

      «Nein, sicher nicht. Ich habe nur ein einziges Mal Gelegenheit gehabt, ihn zu sehen, bevor er ins Gefängnis kam. Aber ich kann mich sehr gut an seine angeberische Kleidung, seine arrogante Haltung und das dunkle Haar erinnern. Heute habe ich noch festgestellt, daß er braune Augen hat.»

      «Stimmt», bestätigte Jan. «Wohin ist er gegangen?»

      «In Richtung Svanemölle, zusammen mit der Mumie. Es sah aus, als hätten die beiden viel zu besprechen. Ich fragte mich gleich, ob die Mumie mit dem dicken Verband am Kopf überhaupt etwas verstehen konnte. Der arme Kerl sah sehr mitgenommen aus. Vielleicht hatte er eine Schlägerei mit einem Schwergewichtsboxer hinter sich...»

      «Ja, vielleicht», murmelte Jan.

      Er schien wiederum erstaunlich geistesabwesend, hatte aber doch wohl alles erfaßt, was Jack erzählte.

      «Wie wäre es, wenn du deine dunklen Gedankengänge mit uns teilen würdest, altes Haus», schlug Erling vor. «Wir sehen ja deutlich, daß dein Hirn schwer beschäftigt ist. Vor uns darfst du ruhig alles ausbreiten, denn als gute Freunde wollen wir deine Sorgen mit dir teilen.»

      Jan mußte lächeln. «Danke, Dicker...» Dann wurde er wieder ernst und fuhr fort: «Ich habe die ganze Zeit überlegt, wie wir an die Sache ’rangehen könnten. Es ist ganz natürlich, daß unser Verdacht sich auf Walther Clausen beschränkt, denn er drohte ja, sich an uns zu rächen, und ein Streich wie der, die ‚Rex‘ auf den Grund des Hafenbeckens zu schicken, würde durchaus dazu passen. Aber auf so einen vagen Verdacht hin Anzeige zu erstatten ist eine andere Sache. Damit würden wir uns wahrscheinlich lächerlich machen. Nach Jacks Bericht scheint es mir jedoch gut zu sein, unseren Freund Walther etwas näher anzusehen. Neulich hat er bei uns herumspioniert, nun werden wir das gleiche bei ihm tun. Ich würde mich nicht wundern, wenn dabei einige Dinge zutage kämen, die die Polizei lebhaft interessieren würden.»

      «Wieso?» sagte Erling und sah dabei wie ein großes Fragezeichen aus.

      «Wegen der ägyptischen Mumie.»

      «Was?» japste Erling. «Die Mumie? Na, lieber Jan, entschuldige die direkte Frage, aber hast du wohl noch alle Tassen im Schrank?»

      «Ich denke schon», antwortete Jan belustigt. «Möglich, daß meine Idee verrückt ist, das heißt, verrückt nicht gerade, aber vielleicht trifft sie nicht zu. Bevor Walther Clausen ins Gefängnis kam, war er der Anführer einer Jugendbande; es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß er jetzt wieder gewisse Verbindungen aufgenommen hat.»

      «Sehr wahrscheinlich sogar», stimmte Erling zu. «Und was folgt daraus?»

      «Hört zu. Vor einigen Tagen ist bei einem Autounfall zwischen Sorö und Ringsted ein junger Bursche von sechzehn oder siebzehn Jahren getötet worden, während sein Beifahrer sich unter Hinterlassung von Blutspuren, also verwundet, vom Unglücksort entfernte und verschwand. Der Unglückswagen war mit Diebesgut beladen, und da man bald feststellte, daß der Wagen gestohlen worden war, nimmt die Polizei an, daß eine Halbstarkenbande ihre Hand im Spiel hatte...»

      Jan schwieg einen Moment und fuhr dann fort:

      «Damit komme ich zu meiner Idee. Der verwundete Beifahrer wurde trotz eifriger Suche bisher nicht gefunden. Wahrscheinlich ist es ihm auf die eine oder andere Art gelungen, Kopenhagen zu erreichen. Er traute sich jedoch nicht, seine Wunden von einem Arzt verbinden zu lassen... da hätte er zu viele Fragen beantworten müssen... Und Jack sagte eben, daß die Mumie höchst unsachgemäß verbunden gewesen sei.»

      «Hm», machte Erling skeptisch.

      Jan breitete etwas ungeduldig die Hände aus.

      «Ich weiß schon, was du denkst, Dicker. Ich behaupte ja nicht, daß meine Theorie richtig ist, aber wenn man Clausens Vergangenheit in Betracht zieht, könnte es recht gut möglich sein, daß der verwundete Beifahrer und der Bursche, den Jack heute zusammen mit ihm gesehen hat, ein und dieselbe Person sind.»

      Jack nickte. «Ich finde, daß das sogar sehr wahrscheinlich ist, Jan. Es passen so viele Teile deiner Theorie gut zusammen... Außerdem laufen wir ja keine Gefahr, wenn wir die Sache ein wenig näher betrachten. Was sollen wir deiner Meinung nach unternehmen?»

      Jan dachte nach und antwortete dann: «Laßt mich bis morgen überlegen, Freunde. Wir besprechen es dann eingehend in der Schule. Vorläufig sollten wir uns darüber einig sein, daß dies zwischen uns vieren bleibt. Es besteht kein Grund, warum wir noch mehr Leute einweihen sollten.»

      «In Ordnung», stimmten die anderen zu.

      Und Jesper fügte düster hinzu: «Ich werde schweigen wie das Grab. Selbst meine Leiche wird das Geheimnis nicht verraten.»

      Erling strich ihm freundlich über die Wange. «Nun


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