Der leiseste Verdacht - Schweden-Krimi. Helena Brink
hab ich doch völlig die Eistorte vergessen!«, rief er aus. »Ich habe eine Eistorte mit Schokoladensauce und frischen Birnen gekauft. Möchtest du etwas davon haben?«
Roffe schüttelte den Kopf und gab sich keine Mühe, ein erneutes Gähnen zu unterdrücken.
»Nein danke. Ich hab nicht so viel für Eis übrig. Außerdem muss ich morgen früh aufstehen. Wir können ein anderes Mal ...«
Plötzlich fiel ihm etwas ein.
»Eines hätte ich fast vergessen. Ich muss dich bitten, morgen aufs Präsidium zu kommen, damit wir deine Fingerabdrücke nehmen können.«
PM starrte ihn ungläubig an. »Meinst du das im Ernst?«
Roffe reagierte gereizt. »Natürlich meine ich das im Ernst. Du glaubst doch wohl nicht, dass mir nach Scherzen zumute ist. Eine reine Routinemaßnahme. Wir brauchen von allen, die möglicherweise mit Marianne Wester in Verbindung standen, die Fingerabdrücke.«
»Ich weiß nicht, ob es mir möglich ist, morgen in die Stadt zu kommen«, sagte PM in leicht beleidigtem Ton. »Wir haben nur ein Auto, wie du weißt. Wenn Katharina morgen nach Hause kommt, muss ich zuerst mit ihr reden, und was dann passieren wird, daran wage ich nicht zu denken.«
Roffe stand auf.
»Also gut, es muss ja nicht gleich morgen sein, aber komm, so schnell du kannst.«
Er legte eine Hand beruhigend auf den Arm des Freundes und versuchte einen optimistischen Ton anzuschlagen: »Die Welt wird schon nicht untergehen. Vielleicht sieht in ein paar Tagen alles schon viel hoffnungsvoller aus.«
Sie traten vor das Haus und erblickten einen überwältigenden Sternenhimmel. Der Duft der Blumen war geradezu betäubend. Schweigend blieben sie stehen und schauten in das funkelnde Dunkel. Roffe meinte in der Nähe eine einsame Grille zu hören. Nach einer Weile sagte er leise: »Ihr habt es wirklich wunderschön hier draußen. Es ist lange her, dass ich solch einen Sternenhimmel gesehen habe.«
PM begleitete ihn zum Auto. Doch als Roffe einsteigen wollte, hielt er ihn zurück.
»Darf ich dir noch zwei Fragen stellen?«
»In Ordnung.«
»Wie denkt ihr über Nygren? Ist er nicht auch verdächtig?«
Roffe schwieg eine Weile, als müsse er über die Antwort nachdenken. Dann sagte er: »Nygren spielt in unseren Überlegungen eigentlich keine Rolle.«
»Und Marco Fermi?«
»Ihn haben wir uns genau angesehen, aber er ist erst seit knapp vier Monaten hier, und die Leiche hat aller Wahrscheinlichkeit nach länger in der Grube gelegen. Nein, Marco Fermi können wir wohl ebenfalls außer Acht lassen.«
PM nickte und schlug die Autotür zu. Er hob den Arm zögerlich zum Abschied, bevor er beide Hände in den Hosentaschen vergrub und langsam zum Haus zurückging. Um die Sterne kümmerte er sich nicht.
10
Dagens Nyheter, Mittwoch, 3. Mai
Neues im Jauchegrubenmord
Wie aus gut unterrichteter Quelle verlautete, liegen der Polizei Erkenntnisse vor, dass eine zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Verschwinden einer in Kunstkreisen bekannten Persönlichkeit und dem Jauchegrubenmord besteht. Die betreffende Person soll überdies private Kontakte nach Christiansholm gepflegt haben. Auch scheint diese Tat möglicherweise in Verbindung mit einem weiteren Mord in Stockholm zu stehen. Hauptkommissar Stenberg von der Kripo in Christiansholm dementiert indes, dass die Leiche bereits identifiziert werden konnte. Aus ermittlungstaktischen Gründen beschränkte er sich auf die Aussage, die Polizei gehe mehreren Spuren nach. Konkretere Aussagen lasse die gegenwärtige Situation nicht zu.
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