Und die Maus hört ein Rauschen. Martina Gross

Und die Maus hört ein Rauschen - Martina Gross


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sagte die Stimme wieder. »Ich bin es, Waschbär.« Und tatsächlich, er war es. »Was machst du denn hier ganz alleine?«, fragte der Waschbär. Die Maus errötete und senkte ihre Nase fast bis zum Boden. »Ich … ich höre ein Rauschen in meinen Ohren und bin dabei es zu erforschen«, antwortete sie verschüchtert.

       »Ein Rauschen in deinen Ohren?«, erwiderte der Waschbär, während er sich neben sie setzte. »Was du hörst, ist der Fluss.«

       »Der Fluss?«, fragte die Maus neugierig. »Was ist ein Fluss?«

      »Komm mit, und ich zeige dir den Fluss«, sagte der Waschbär.

       Die Maus hatte furchtbare Angst, aber sie war wild entschlossen, sich ein für alle Mal über das Rauschen Klarheit zu verschaffen. »Ich kann zu meiner Arbeit zurückkehren«, dachte sie, »nachdem diese Sache erledigt ist. Und wer weiß, vielleicht kann dieses Ding mir sogar bei meinen geschäftigen Mäusesachen behilflich sein. Und meine Schwestern und Brüder sagten alle, es wäre nichts! Ha, ich werde es ihnen zeigen! Ich werde den Waschbären bitten, mit mir zurückzukehren, dann habe ich einen Zeugen.«

       »Also gut, Waschbär«, sagte die Maus. »Führe mich bitte zum Fluss, ich werde mit dir gehen.«

      Die Maus ging mit, ihr Herz hämmerte in der Brust. Waschbär führte sie auf fremde Pfade, und Maus roch den Duft von Dingen, die an diesem Weg vorbeigegangen waren. Viele Male fürchtete sie sich so sehr, dass sie beinahe umgekehrt wäre. Dann, endlich, kamen sie zum Fluss.

      Er war ungeheuer groß und atemberaubend, tief und klar an manchen Stellen und trübe an anderen. Die Maus war außerstande, über den Fluss zu sehen, weil er so groß war. Der Fluss brüllte, sang, schrie und donnerte auf seinem Weg. Die Maus sah große und kleine Stücke der Welt, die auf seiner Oberfläche fortgetragen wurden.

      »Er… er ist mächtig …«, sagte die Maus, nach Worten suchend.

       »Er ist eine große Sache«, antwortete der Waschbär, »und hier, lass mich dich einem Freund vorstellen.«

      An einer ruhigeren und seichteren Stelle war ein Seerosenpolster, leuchtend und grün. Darauf saß ein Frosch, fast so grün wie das Polster, auf dem er saß. Der weiße Bauch des Frosches stand hervor.

       »Hallo«, sagte der Frosch. »Willkommen am Fluss.«

      »Ich muss dich jetzt verlassen«, unterbrach der Waschbär, »hab keine Angst, der Frosch wird sich nun um dich kümmern. Und der Waschbär ging seines Weges, am Flussufer entlang, wo er weiter Nahrung suchte, die er waschen und essen konnte.

       Die Maus näherte sich vorsichtig dem Fluss und blickte hinein. Sie sah eine verängstigte Maus dort widergespiegelt. »Wer bist du?«, fragte sie das Spiegelbild. »Hast du keine Angst so weit draußen im großen Fluss?«

       »Nein«, antwortete der Frosch, »ich habe keine Angst. Mir wurde bei meiner Geburt die Gabe gegeben, sowohl auf dem Fluss als auch in ihm zu leben. Wenn der Wintermann kommt und diese Medizin einfriert, kann ich nicht gesehen werden. Aber während der Zeit, in der der Donnervogel fliegt, bin ich hier. Um mich zu besuchen, muss man kommen, wenn die Welt grün ist. Ich bin der Hüter des Wassers.«

      »Erstaunlich«, sagte endlich die Maus, wiederum nach Worten suchend.

      »Möchtest du etwas Medizinmacht haben?«, fragte der Frosch.

       »Medizinmacht? Ich?«, fragte die Maus. »Ja! Ja, ja! Wenn das möglich ist.«

      »Dann duck dich so tief du kannst und spring so hoch wie du dazu imstande bist! Du wirst deine Medizin bekommen!«, sagte der Frosch.

      Die Maus tat, was ihr der Frosch geheißen hatte. Sie duckte sich, so tief sie konnte, und sprang. Als sie es tat, sahen ihre Augen die Heiligen Berge. Maus traute ihren Augen kaum. Aber da waren sie. Dann fiel sie zur Erde zurück und landete im Fluss. Es gelang ihr, zum Ufer zu schwimmen, nass, und zu Tode erschrocken. »Du hast mich getäuscht!«, schrie sie den Frosch an.

       »Warte«, sagte der Frosch. »Du bist nicht verletzt. Lass dich durch deine Angst und Wut nicht blenden. Was hast du gesehen?«

       »Ich«, stotterte die Maus, »ich sah die Heiligen Berge!«

      »Und du hast einen neuen Namen!«, sagte der Frosch. »Er ist Springende Maus«.

       »Ich danke dir. Ich danke dir«, sagte Springende Maus und dankte ihm abermals. »Ich möchte zu meinem Volk zurückkehren und über das, was ich gesehen habe, berichten …«

      Die Figuren aus der Geschichte möchten wir dir auf der Reise als Gefährtin und Gefährten zur Seite stellen.

      Wir alle sind im Laufe unseres Lebens immer wieder einmal Maus oder Frosch, und manche von uns sind auch Waschbär.

      Maus folgt dem Rauschen, das sie in den ErlebnisRäumen der verschiedenen Welten erforschen kann. Sie möchte es verstehen (Ich-Welt), es bebildern (Es-Welt), erleben und verkörpern (Körper-Welt) und schließlich alles miteinander verbinden oder, besser gesagt, es verbindet sich alles miteinander (Universelle Welt). Am Ende dieser Reise ist sie, und etwas in ihr, heimgekommen (Integration).

      Waschbär erforscht in den BegegnungsRäumen unterschiedliche Möglichkeiten, Mäuse auf ihren Forschungsreisen zu begleiten. Um dorthin zu gelangen, führt ihn sein Weg davor ebenfalls durch die ErlebnisRäume, um das eigene Rauschen noch besser kennenzulernen.

      Und wenn wir still lauschen, in uns hinein und um uns herum, dann sind wir auch Frosch. Frosch ist verbunden mit allem, sicher geborgen in der Unsicherheit – manchmal nur als Ahnung und auch nur für Sekunden. Er ist das Symbol für das große Ganze und vertraut darauf, dass es genauso sein soll und sein darf, wie es gerade so ist. Ganz prosaisch könnten wir schreiben, dass Frosch die Liebe verkörpert (die auch nach Meinung der Quantenphysik das Universum zusammenhält).

      Lass dich überraschen, wie die drei ihren Weg durch die Welten des Buches beschreiten, wie sie dich begleiten und welche Assoziationen sie in dir anregen. Und weil uns die drei beim Schreiben zu Freunden und Freundin geworden sind, werden wir Maus, Waschbär und Frosch wie Namen, ohne Artikel, verwenden.

       Einladung zum Erforschen des Rauschens

      Kennst du das?

      Wie ist das bei dir? Woran bemerkst du, dass »etwas im Busch ist«? Dass »etwas ansteht«? Dass »etwas Neues in die Welt möchte«? »Es nicht mehr passt?«

      Wo macht sich das bei dir bemerkbar?

      Wie spürst du es? Oder ist es mehr ein Ahnen?

      Wie sind deine bisherigen »Reisebeginne« verlaufen? Hast du rasch auf das Rauschen reagiert? Oder eher lange nachgedacht?

      Gibt es vielleicht ein bestimmtes Anliegen, für das du dieses Buch liest … oder lesen möchtest? Spür da mal nach …

      Vielleicht bist du neugierig, was diese »hippo-systematische« Beratung eigentlich ist?

      Oder vielleicht möchtest du insbesondere etwas über neue Methoden erfahren?

      Vielleicht geht es dir auch darum, als Waschbär zukünftig Mäuse auf eine andere Art zu begleiten?

      Oder du bist auf der Suche nach noch mehr Frosch-Momenten?

      Was wäre es für dich? Aus welchem Raum heraus möchtest du dich von dem Buch einladen lassen?

      Was auch immer dir gerade wichtig ist, sei herzlich dazu eingeladen, dieses »Rauschen« mit einer Reise durch das Buch zu erforschen!

       WissensRaum

      In


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