Die unerträgliche Leichtigkeit der Schulden. Axel Stommel

Die unerträgliche Leichtigkeit der Schulden - Axel Stommel


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Ausgaben

      Der Grund ist ebenfalls leicht einzusehen: Der Staat muss seine, d. h. die öffentlichen Aufgaben auf jeden Fall erfüllen, also grade auch in schlechten Zeiten – Infrastruktur, Bildung, Sicherheit und vieles mehr je nach Kassenlage geht nicht, das wäre kontraproduktiv.

      Wenn es schon bergab geht, gibt es, vom Staat abgesehen, nichts und niemanden, der bereit und in der Lage ist, Nachfragelücken zu schließen, erst recht nicht die zusätzliche Lücke, die sein eigener Rückzug aufreißt. Deshalb gilt es genau umgekehrt, durch verstärkte staatliche Ausgaben in Infrastruktur, Bildung, Sicherheit und manches mehr dem Niedergang finanziell und materiell Einhalt zu gebieten und das Steuer herumzureißen.

      »Wer zu hohe Ausgaben hat, soll einfach weniger ausgeben«: Dieser gern zitierte Lehrsatz der privaten Hauswirtschaft führt folglich nicht aus einer ökonomischen Krise heraus, sondern tiefer in die Krise hinein. Er weitet die ökonomische zu einer politisch-ökonomischen Krise aus, macht aus der Wirtschafts- eine Staats- und Gesellschaftskrise. Das sollte seit BRÜNINGs Wirtschaftspolitik und KEYNES’ Wirtschaftstheorie allgemein bekannt sein. Stattdessen muss der Staat gegebenenfalls seine Einnahmen an die Ausgaben anpassen, und zwar vorzugsweise indem er die, die es zu tragen vermögen, die Vermögenden also, stärker besteuert. Aushilfsweise sind Kreditaufnahmen geboten. Auf die Rangfolge (erst Steuern, dann Kredite) wird noch ausführlich einzugehen sein. Hier geht es zunächst lediglich darum, eine grundlegende Eigenart staatlicher Haushaltsführung festzustellen: Beim Staat bestimmen die Aufgaben die Ausgaben, und die Ausgaben bestimmen seine Einnahmen. So sollte es jedenfalls sein.

      An dieser Stelle drängt sich ein kritischer Einwand auf: Aber es gibt doch auch unsinnige, verschwenderische Staatsausgaben. Die dürfen doch nicht die Einnahmen mitbestimmen!

      Ja, es gibt sie, die unsinnigen Staatsausgaben, z. B. in Gestalt widersinniger Subventionen für den Agrarsektor, darunter etwa für den Export von Schweinefleisch nach China und in die USA, von Hähnchenteilen nach Westafrika; es gibt sie in Gestalt von Subventionen für Flugbenzin, Förderung von Waffenexporten, einer unwirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Gelder und dergleichen mehr. In der Tat dürfen derartige Ausgaben (bzw. Einnahmeverzichte) die Staatsaufgaben und folglich auch die Staatseinnahmen nicht mitbestimmen. Der Einwand ist berechtigt.

      Aber der Einwand geht an der hier behandelten Frage vorbei. Bei unsinnigen bzw. unwirtschaftlichen Staatsausgaben geht es im Grunde um eine Aufgabenkritik; die kritischen Ausgaben sind Folgeerscheinungen falscher Aufgabenbestimmungen (oder sachwidriger Abweichungen von gesellschaftlich korrekt erfolgten Aufgabenbestimmungen). Unwirtschaftliche Ausführungen dagegen müssen mit laufenden Überprüfungen der Mittelverwendung, mit internen und externen Untersuchungen, Länderund interkommunalen Vergleichen verfolgt werden.

      33Die Möglichkeiten zur Steigerung der Einnahmen sind im Privathaushalt eng begrenzt und werden größtenteils nicht vom Haushalt selber bestimmt, sondern von äußeren Umständen wie offenen Stellen, beruflichen Fähigkeiten, familiärer Situation, Gesundheit, Alter etc.

      34JOSEPH STIGLITZ, Europa spart sich kaputt…, S. 262.

      35»Laut Bundesrechnungshof beschränkt sich ›die Misswirtschaft‹ [des Staates] aber auf ein Prozent aller öffentlichen Ausgaben.« (DIERK HERSCHEL, Die Reichen sollen zahlen, in: Süddeutsche Zeitung vom 27.5.2015.)

      36Betriebsräte benennen allenfalls ein »Missmanagement« der Geschäftsleitung als verantwortlich für bevorstehende Entlassungen; Details in die Öffentlichkeit zu tragen ist ihnen versagt. Von den Geldvernichtungen durch Banken wie der Münchner Hypo Real Estate im Rahmen der letzten Wirtschafts- und Finanzkrise soll hier deshalb erst gar nicht die Rede sein.

      5 Wer nicht investiert, verliert – am Ende gar die Demokratie

      Dass die Ausgaben die Einnahmen bestimmen, gilt, wie gesagt, beim Staat generell, also keineswegs nur in Zeiten der Krise, sondern in schlechten wie in guten Zeiten. Art und Umfang der öffentlichen Aufgaben ihrerseits werden von der Gesellschaft im Interesse des gemeinen Wohls in Anbetracht der eigenen produktiven Kapazitäten jeweils aktuell und insofern historisch bestimmt. Die öffentlichen Aufgaben wachsen mit zunehmender gesellschaftlicher Komplexität – Schule, z. B., heute im Kernbereich staatlicher Zuständigkeit gelegen, ist erst vor rund 200 Jahren zur öffentlichen Aufgabe geworden, und seitdem ist diese Aufgabe beständig gewachsen sowie immer verzweigter und komplexer, folglich immer aufwendiger geworden.

      Außerdem


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