Die unerträgliche Leichtigkeit der Schulden. Axel Stommel

Die unerträgliche Leichtigkeit der Schulden - Axel Stommel


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Die Altenheime, in denen besonders viele Tote zu beklagen sind, die Krankenhäuser, die Gesundheitsämter, die niedergelassenen Ärzte…? Die bayerische Landesregierung verfügt, dass in Bayern produzierter Mundschutz ausschließlich in Bayern veräußert werden darf. In Apotheken wird Kunden anfangs empfohlen, aushilfsweise Heftpflaster der Größe 4 auf den Mund zu kleben.

      Plötzlich wird bekannt, dass Deutschland, einst die Apotheke der Welt, infolge bedenkenloser Produktionsverlagerungen in eine fatale Abhängigkeit von chinesischen und indischen Pharmaherstellern geraten ist; einzelne Medikamente werden knapp. Währenddessen fließen Krankenhauskeime ungefiltert in Kanäle und Oberflächengewässer. Die personellen Untergrenzen und Qualifikationen auf Intensivstationen, so erfährt eine erstaunte Öffentlichkeit, können schon im Normalbetrieb nicht eingehalten, die Beatmungsgeräte, soweit vorhanden, nicht rundum sachgerecht bedient werden – wie erst bei Überlast? Personalknappheit in Gesundheitswesen und Altenpflege ist eh schon Dauerthema.

      Das medizinische Personal wird in Deutschland, einem der reichsten Staaten dieser Erde, ohne auch nur halbwegs angemessene Schutzkleidung in den Kampf gegen das Virus geschickt. Weil kein Mundschutz für die Bevölkerung verfügbar ist, obwohl das Robert-Koch-Institut noch 2013 darauf hingewiesen hatte, wird dessen Sinnhaftigkeit anfangs offiziös bestritten. Gleichwohl veröffentlichen Massenmedien Bastelanleitungen für einen Basis-Mundschutz im Eigenbau – eine fast schon kuriose Variante der von Corona ins Spiel gebrachten Deglobalisierung.

      Eine Verwaltung aber, die außer Stande ist, Einreisekontrollen auf Flughäfen, Atemmasken, Desinfektions- und Testmittel zu organisieren und repräsentative Testungen u. a. durchzusetzen, ist gezwungen, entschlossene Handlungsfähigkeit mit Hilfe autoritärer Verordnungen unter Beweis zu stellen. Fabrikschließungen, Kontaktverbote, Ausgangssperren – die große Stilllegung (»Lockdown/Shotdown/Shutdown«) zu verordnen fällt ihr unter den gegebenen Umständen deutlich leichter als Atemmasken zu beschaffen, ein Tempolimit auf Autobahnen, ein Werbeverbot für die tödliche Droge Tabak durchzusetzen, den unsäglichen säkularen sanitären Notstand in deutschen Schulen zu beenden oder eine sach- und sozialgerechte Erbschaftsteuerregelung zu gewährleisten.

      Flankierend wird der Regierung die verheißungsvolle Verkündung froher Botschaften wie »Deutschland wird aus der Krise gestärkt herauskommen«, verbunden mit dem Hinweis, man mache es besser als der Nachbar, zum billigen Anfangsgebot der Stunde.

      Sowie gigantische Kreditausweitung, Staatsverschuldung und Geldflutung – auch das in der Stunde der Not ein leicht zu erfüllendes Gebot. Besonderen gesetzgeberischen Aufwand fordert es jedenfalls nicht. Vielmehr genügt gewissermaßen ein Fingerschnippen der Exekutive, um dieses Projekt von bisher einzigartiger Größe aus der Taufe zu heben.

      Dessen Für und Wider verdient, näher betrachtet zu werden. Dafür gilt es zunächst, den erwähnten zentralen und grundlegenden, den gesamten Blick verstellenden Denkfehler aus dem Weg zu räumen.

      6Bund, Länder und Gemeinden erzielten sogar einen Überschuss von zusammengerechnet 37,6 Milliarden Euro. Quelle: Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/08/PD19_322_813.html, zuletzt aufgerufen am 19.2.2020.

      7Exportüberschuss-Weltmeister, wohlgemerkt, nicht Exportweltmeister. Für nähere Ausführungen zur Exportüberschuss-Weltmeisterschaft und den Problemen, die sie schafft, s. z. B. AXEL STOMMEL, Basics…, S. 227–262.

      8Der Tagesspiegel vom 3.2.2020, Seite 1. Ein paar Seiten weiter hinten, im Lokalteil, kommt das nächste Versagen einer ausgemergelten Verwaltung ans Licht der Öffentlichkeit: »Bei der Ausschreibung für das Schulessen der nächsten vier Jahre ist ein Fehler passiert, der gravierende Auswirkungen haben könnte.« (Ebd., S. 8.) Eigentlich erstaunlich, wie viel trotzdem immer noch klappt. »Routine hält den Laden zusammen«, bieten gestresste Insider als Erklärung an. Leider versagen Routinen gegenüber Neuem, ja sie verhindern angemessenes Handeln. Am Ende droht der Anschluss verloren zu gehen.

      9Der Tagesspiegel vom 4.3.2020, S. 8.

      10»Spreeradweg verläuft im Sande – Seit 40 Jahren wird über die wichtige Verlängerung nach Spandau diskutiert. Nun soll es losgehen – im Jahr 2024.« (Der Tagesspiegel vom 12.4.2020, S. 12)

      11Foundational Economy Collective, Die Ökonomie des Alltagslebens – Für eine neue Infrastrukturpolitik,


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