Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Thomas Meyer

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) - Thomas  Meyer


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41), können Auffälligkeiten im EMG vollständig fehlen.

      27 Warum wird das EMG nicht bei jeder Untersuchung wiederholt?

      Das EMG (image Frage 24) dient der Diagnosestellung – in Ergänzung zu den körperlichen Symptomen der ALS-Erkrankung. Eine EMG-Untersuchung sollte nur dann wiederholt werden, wenn die körperliche Diagnose einer ALS noch unsicher ist und das EMG zur Unterscheidung gegenüber anderen motorischen Erkrankungen (z. B. Muskelerkrankungen) eingesetzt wird. Die Wiederholung von EMG-Untersuchungen wird jedoch selten durchgeführt, da die Methode als Belastung erlebt wird und zugleich keine prognostische Aussage über den ALS-Krankheitsverlauf zulässt. Für die Einschätzung der Prognose sind Biomarker (z. B. Neurofilament Light Chain, NF-L) im Blutserum und Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) methodisch besser geeignet.

      28 Ist im EMG die ALS-Prognose erkennbar?

      Das EMG (image Frage 24) ist keine geeignete Methode, um die Prognose der ALS abzuschätzen. Das EMG trägt – neben anderen Diagnosekriterien – zur Klärung bei, ob die Diagnose einer ALS vorliegt. Die Messungen sind jedoch nicht quantifizierbar, sodass mit dem EMG keine Prognoseabschätzung möglich ist. In wissenschaftlichen Untersuchungen werden derzeit Spezialverfahren einer »quantitativen« EMG-Methode entwickelt, die eine Prognoseabschätzung unterstützen sollen. Selbst bei den experimentellen Verfahren ist auch in der Zukunft unwahrscheinlich, dass mit der EMG-Methode »alleine« eine Prognosebestimmung möglich wird. Die sicherste Form der Prognoseabschätzung ist die Kombination verschiedener Kriterien, insbesondere der ALS-Funktionsskala (ALS-FRS, image Frage 72), der Vitalkapazität (image Frage 227, image Frage 228) und des Neurofilament-Biomarkers (NF-L, image Frage 33). Aber auch für die genannten Prognosekriterien gilt: Einzelne Messwerte oder Parameter sind bei der ALS – aufgrund der Komplexität der Erkrankung – nicht geeignet, die Prognose zu bestimmen. Die Berücksichtigung verschiedenster Kriterien in Kombination ist für die Bewertung von entscheidender Bedeutung.

      Die Elektrografie ist ein Diagnoseverfahren, in dem die Funktionsfähigkeit von motorischen und sensiblen Nerven vermittelt wird. Das Verfahren beruht auf der Stimulation eines motorischen oder sensiblen Nervens durch einen elektrischen Impuls und die Messung der Weiterleitung des Impulses innerhalb des stimulierten Nervens. Bei einer Schädigung von Nerven kann die Geschwindigkeit (Nervenleitgeschwindigkeit) oder das Ausmaß der Impulsweiterleitung (Summenaktionspotenzial) reduziert sein. Zusammen mit der Elektromyografie (EMG, image Frage 24) und den motorisch-evozierten Potenzialen (MEP, image Frage 30) gehört die Elektroneurografie zur elektrophysiologischen Diagnostik, um die klinische Diagnose einer ALS zu unterstützen. Die Elektroneurografie ist nicht spezifisch für die ALS, sondern wird zur Diagnostik bei einer Vielzahl neurologischer Erkrankungen eingesetzt.

      MEP steht für das Untersuchungsverfahren der »motorisch-evozierten Potenziale«, das bei der Diagnosestellung einer ALS häufig eingesetzt wird. Bei der ALS kommt es zu einer Schädigung von Nervenzellen im Rückenmark (zweites motorisches Neuron) und in der motorischen Rinde des Gehirns (erstes motorisches Neuron). Das MEP-Verfahren dient zum Nachweis einer Schädigung des ersten motorischen Neurons. Die Untersuchung wird mit einer Magnetspule (die äußerlich an eine Schaffnerkelle erinnert) durchgeführt, die vom Untersucher an eine bestimmte Stelle des Kopfes gelegt wird, an der sich die motorischen Abschnitte des Gehirns befinden. Die Spule steht mit einem Stimulationsgerät in Verbindung, das innerhalb der Spule einen elektromagnetischen Impuls generiert und (durch die Haut und die Schädeldecke hinweg) einen minimalen Impuls auf das Nervengewebe überträgt. Dieser Impuls wird durch die Nervenbahnen des Gehirns bis zu den Armen und Beinen weitergeleitet. Dort wird durch spezielle Elektroden das Stimulationssignal aufgezeichnet. Durch die Schädigung des ersten motorischen Neurons kann die Weiterleitung des elektromagnetischen Impulses vom Kopf bis zum Messpunkt an Arm oder Bein abgeschwächt oder verlangsamt und mit der MEP-Methode nachgewiesen werden. Die MEP-Untersuchung dient einer Ergänzung der klinischen Diagnose und der Objektivierung einer Betroffenheit des ersten motorischen Neurons. Der MEP-Befund erlaubt keine Prognoseabschätzung. Weiterhin sind Verlaufsformen der ALS bekannt, bei denen der MEP-Befund ohne Auffälligkeiten ist, obwohl eine ALS-Diagnose vorliegt (ALS mit überwiegender Betroffenheit des zweiten motorischen Neurons, image Frage 22).

      Liquor cerebrospinalis bezeichnet eine Flüssigkeit, die das Rückenmark und Gehirn umgibt (»Nervenwasser«). Der »Liquor« hat eine schützende Funktion, da durch die Flüssigkeitsschicht eine Polsterung der empfindlichen Nervenstrukturen erreicht wird. Weiterhin werden dem Liquor wichtige Funktionen in der Immunabwehr und dem Stoffwechsel des Gehirns zugesprochen. Bei der ALS ist der Befund des Nervenwassers »normal«. Immunzellen oder schädigende Stoffwechselprodukte sind nicht nachweisbar. Die Liquordiagnostik dient daher der Bestätigung eines Normalbefundes und dem Ausschluss von Veränderungen, die für andere Erkrankungen typisch sind (»Ausschlussdiagnostik«). Neben der Ausschlussdiagnostik von immunologischen und metabolischen Veränderungen kommt dem Nachweis von Biomarkern eine zusätzliche und wachsende Bedeutung zu. Das Eiweiß »Neurofilament light chain« (NF-L) ist ein Biomarker (image Frage 33), der die Schädigung von Nervenfortsätzen (Axon) anzeigt. Bei der Mehrheit der ALS-Patienten liegt eine erhöhte Konzentration von NF-L im Liquor vor. NF-L ist vor allem bei Patienten mit einer überwiegenden Schädigung des ersten motorischen Neurons nachweisbar. Die Analyse von NF-L ist noch keine »Routine-Diagnostik« und vor allem in spezialisierten ALS-Zentren verfügbar. Die Liquordiagnostik setzt eine Lumbalpunktion voraus und ist damit mit Belastungen verbunden. Während der Lumbalpunktion wird auf Höhe der Lendenwirbelsäule eine feine Nadel (Punktionsnadel) durch die Haut und zwischen zwei Wirbelkörpern der Lendenwirbelsäule in den Liquorraum platziert. Über die Punktionsnadel wird Liquor in Diagnoseröhrchen abgelassen und für eine anschließende Analyse gewonnen. Die Prozedur der Lumbalpunktion wird sehr unterschiedlich erlebt: Während einzelne Patienten die Untersuchung als schmerzhaft und belastend wahrnehmen, wird von der Mehrheit der Patienten dieses Verfahren gut toleriert. Vor der Lumbalpunktion erfolgt in jedem Fall eine ärztliche Aufklärung über das konkrete Vorgehen, die Risiken und die zu erwartenden Ergebnisse der Liquordiagnostik.

      32 Gibt es einen Labor-Test für ALS?

      Ein »einfacher« Labortest für die ALS ist nicht vorhanden.


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