Darkest Blackout. Justin C. Skylark

Darkest Blackout - Justin C. Skylark


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…»

      «Das sagtest du bereits.»

      Er biss sich auf die Unterlippe und fiel im Sitz nach hinten. Innerlich mahnte er sich. Wie dämlich ich mich verhalte …

      «Thor trifft überhaupt keine Schuld. In keinem Fall.»

      «Es gab eine weitere Anzeige von einem Tony Wilson …»

      Dylan lächelte gestelzt. «Mein Manager, der dramatisiert alles. Es war nichts passiert, was ich nicht wollte. Die Sache wurde schnell eingestellt.»

      Nun sah sie prüfend auf. «Der Angriff auf die Jugendlichen ist allerdings nicht zu leugnen.»

      «Thor hat sich nur gerächt, weil sie mich zuerst angefallen haben», erklärte er postwendend.

      «Diese Art von Selbstjustiz zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben.»

      «Er scheißt auf Gesetze, man kann ihm nichts verbieten», entgegnete Dylan. «Aber wenn man ihn in Ruhe lässt, passiert auch nichts.»

      Sie kniff die Augen zusammen und drückte den Stift fest auf die Akte.

      «Du kennst Thor nun schon länger», schlussfolgerte sie. «Glaubst du, dass er eine Gefahr für die Bevölkerung ist?»

      «Er ist hierhergezogen, um Konflikte zu vermeiden», antwortete Dylan. Nahezu gedankenversunken blickte er aus dem Fenster. Die Sonne schien, eine leichte Brise wehte, die die Bäume hin- und herwiegte. «Er liebt die Natur, hier findet er Ruhe, die er braucht.»

      «Du weichst meiner Frage aus», sagte sie und wiederholte eindringlicher: «Glaubst du, dass er gefährlich ist?»

      Dylan neigte den Blick. Dass mit Thor Fahlstrøm nicht leicht auszukommen war, wusste er seit dem ersten Moment, in dem er von dem Norweger gehört hatte. Er hatte ihn gefürchtet, er hatte seine Stärke und seine Gräueltaten bisweilen am eigenen Leib miterlebt. Trotzdem hatte er den Kern seiner Seele erkannt und lieben gelernt. Aber ebenso wusste er, dass die meisten Menschen mit seiner Lebenseinstellung nicht klarkamen.

      «Seine Eltern haben ihn verstoßen, sie gaben ihm Mitschuld am Tod der Großmutter. Sein Bruder hat ihn bei der Polizei angeschwärzt, er hat gesehen, wie sich Magnus umbrachte, saß fünf Jahre unschuldig im Knast deswegen. Dann die Scheiße mit mir, die Flucht von Bastøy. Er wäre fast gestorben … Das muss man erstmal verkraften.» Dylan lächelte verloren. Irgendwie wollte er standfest wirken, aber während er aufzählte, was Thor alles widerfahren war, stellte sich das altbekannte Unbehagen ein. «Ich frage mich, wie er das macht? Wo landen seine Gefühle?» Planlos schwirrte sein Blick durch den Raum. «Wie wird er damit fertig?» Er hob die Schultern und sah sie fragend an. «Irgendwann wird das Maß voll sein, oder?»

      Kapitel 1

      Die Sonne war aufgegangen und die Hunde kündigten den neuen Tag an, indem sie an der Bettdecke zogen und winselten. Thor reagierte wie jeden Morgen prompt.

      Normalweise ließ Dylan ihn walten. Er sagte nichts, wenn sich sein Partner aus dem Bett erhob, schweigend im Bad verschwand und sich anschließend ebenso geruhsam anzog. Aber die Distanz zwischen ihnen wurde von Tag zu Tag größer. Jeden Morgen hoffte Dylan, dass sich die Lage änderte, aber nichts geschah.

      Er drehte sich auf die Seite und beobachtete, wie Thor sich in ein T-Shirt kleidete und es über die Lederhose strich. Sein feuchtes Haar kringelte sich auf dem Rücken. Dylan roch Aftershave. Die Sehnsucht in ihm war kaum auszuhalten. «Warum teilen wir uns eigentlich das Bett, wenn du mich sowieso ignorierst?»

      Thor sah sich erstaunt um. «Schlaf weiter, es ist noch früh», raunte er.

      «Ja, ich will schlafen, aber mit dir!», tönte Dylan. «Und du kannst mir nicht weismachen, dass es an der Fußfessel liegt, dass du dich mir entziehst.»

      «Was willst du, Perk?»

      «Sex!», keifte Dylan.

      «Du hast zwei gesunde Hände, wenn du es so nötig brauchst.» Thor drehte sich wieder um und schloss den Kleiderschrank.

      «Das ist nicht dasselbe!», schimpfte Dylan und richtete sich auf. «Seit wir aus Amerika zurück sind, läuft überhaupt nichts mehr zwischen uns, schon gemerkt?»

      Thor stand regungslos im Raum und drehte ihm den Rücken zu.

      «Warum antwortest du nie, wenn es was zu klären gibt?»

      «Du streitest, du klärst nicht.» Thor schüttelte den Kopf. «Da hat es keinen Sinn, zu diskutieren. Das macht es nur schlimmer.»

      Entnervt fasste sich Dylan an die Stirn. Mit nötiger Sorgfalt massierte er seine Schläfen. Es beruhigte ihn nur bedingt.

      «Ich versuche, mich zusammenzureißen, wirklich», beteuerte er. «Aber da ist diese Wut in mir: Am liebsten würde ich um mich schlagen und mich besaufen.»

      «Ich bin auch wütend», antwortete Thor. «Mehr als du denkst.»

      ***

      ‹Kafé og Galleri Saarheim›, so prangte es in schnörkeligen Lettern über den breiten Fenstern der ehemaligen Kneipe. Zumindest das äußere Erscheinungsbild hatte Formen angenommen. Aber im Inneren der Räume herrschte Chaos. Dylan bahnte sich einen Weg durch Tapeziertisch und Leiter. Es roch nach Farbe und Putzmitteln. Thor hockte in der hinteren Ecke des großen Zimmers, das als Ausstellungsraum für seine Bilder fungieren sollte. Mit bloßen Händen entfernte er die Leisten vom Boden. An einigen Stellen war der Teppich herausgerissen. Überall lagen Staub und Dreck. Dylan versuchte, nirgends anzustoßen.

      «Hei», grüßte er. Nachfolgend unterdrückte er ein Husten, denn die Luft war zum Schneiden dick und stickig.

      «Was willst du hier, Perk?», raunte Thor, ohne sich umzudrehen. Mit einer schnellen Bewegung zog er die nächste Fußleiste von der Wand.

      «Ich bin noch immer dein Partner, auch wenn du es auf körperlicher Ebene anscheinend vergessen hast», erwiderte Dylan schnippisch. Demonstrativ sah er sich um. «Ich bin hier, um zu helfen.»

      Thor stieß ein dunkles Lachen hervor. «Du?»

      «Ja, warum nicht?», entgegnete Dylan postwendend.

      «Hast du schon mal Wände gestrichen oder tapeziert?», hakte Thor nach. Er rieb die Handflächen über die Oberschenkel. Staubige Abdrücke blieben auf seiner dunklen Jeans zurück. In seinen Haaren saßen helle Farbreste.

      «Nicht unbedingt.»

      «Kannst du Fliesen oder einen Teppich verlegen?», wollte Thor wissen. Nebenbei fasste er an den Bodenbelag und zerrte ein Stück davon ab.

      «Na ja …» Dylan wand sich auf der Stelle und lächelte.

      «Kannst du Lampen und Armaturen auswechseln?»

      «Das nicht.»

      «Was willst du denn hier?» Thor drehte sich um. «Wenn du nichts kannst, stehst du im Weg.»

      Dylan hob die Hände an. «Ich kann es lernen!»

      Thor kam auf die Beine. «Dafür fehlt uns die Zeit», sagte er. «Der Teppich muss heute raus und ich erwarte die Lieferung für das Parkett, das ich selbst nicht verlegen kann.»

      «Nein?»

      Thor hob die Schultern an. Nachdenklich sah er durch den Raum. «Ich will, dass es anständig wird und es gibt zu viele Ecken hier. Das sollte ein Fachmann machen.» Er zog eine Zigarettenschachtel aus der Tasche und zündete sich eine Zigarette an. «Das Problem ist, dass wir keine Handwerker finden.»

      Dylan stutzte. «Nein?»

      «Niemand ist scharf darauf, Thor Fahlstrøm zu helfen.»

      «Oh, fuck, echt jetzt?»

      Thor nickte still.

      Dylan stemmte die Hände auf die Hüften und blickte sich um. Die Galerie war stark verwinkelt und es gab zwei Stufen, die in den vorderen Bereich des Cafés führten. Rund um den


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