Wer keine Falten hat, hat nie gelacht. Renate Georgy

Wer keine Falten hat, hat nie gelacht - Renate Georgy


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und das ist gut so!

       Wo bleibt denn da die Würde des Alters?

       Wenn Frauen sich im Alter trauen

       Nenn mich nicht Oma, ich bin Uroma!

       Bin ich (noch) schön?

       Die Last mit der Schönheit

       Bin ich jetzt unsichtbar?

       Darf ich noch Shorts tragen?

       Die Knackigkeit kann mich mal!

       Gut aussehen heißt nicht jung aussehen

       Grey Pride

       Bin ich noch begehrt?

       Timing

       Seelengefährt*innen

       Wie meine Oma auf dem Friedhof eine neue Liebe fand

       Ich will keinen Mann, der eine Dreißigjährige will

       Sechzig, Single, glücklich

       Happy Aging statt Anti-Aging

       Bücher

       Filme

       Dank

       Über die Autorin

       Wer keine Falten will, hat nichts zu lachen

      Viele Frauen fürchten kaum etwas so sehr wie die ersten Falten. Denn sie sind Anzeichen des Alters. Frauen dürfen inzwischen vieles, bloß nicht älter werden. Jedenfalls wird uns das eingeredet. Während Männer in ihre »besten« Jahre kommen, die Ehefrau noch einmal austauschen und ihre zweite oder dritte Familie gründen, stehen ältere Frauen unbeachtet in der Ecke. Nicht mehr schön genug, nicht mehr begehrt, oft allein, nur die Kinder kommen ab und zu mit den Enkeln zu Besuch.

      Da ist es kein Wunder, dass viele Frauen alles Menschenmögliche tun, um sich ihr jugendliches Aussehen zu bewahren. Sie liegen mit Schönheitsmasken in der Gegend herum. Sie legen ihr sauer verdientes Geld auf den Tisch für winzig kleine, aber horrend teure Cremetöpfchen, die ewige Jugend versprechen. Sie lassen sich Gift unter die Haut spritzen, um faltenfrei zu werden, oder legen sich sogar unters Messer, um ihre Haut straffziehen zu lassen.

      900 000 Schönheitsoperationen sollen in Deutschland im Jahr 2019 vorgenommen worden sein. Das sind 30 Prozent mehr als im Vorjahr.

      Selbstverständlich lassen nicht nur ältere Frauen solche OPs machen, sondern Menschen aller Altersstufen. Doch ich vermute, dass mit uns älteren Frauen besonders gut zu verdienen ist. Nichts scheint zu mühselig, zu schmerzhaft und zu absurd, um die Spuren des Alters zu bekämpfen.

      Damit wir uns nicht missverstehen: Ich finde es toll, wenn Frauen sich pflegen und etwas für sich tun. Das ist ja bereits ein Gebot der Selbstliebe. Aber um jeden, wirklich jeden Preis das Altern aufhalten zu wollen leuchtet mir nicht ein. Denn was ist eigentlich so großartig daran, jung zu sein?

Ist es wirklich so toll, jung zu sein?

       Neugeborene haben den höchsten Pflegegrad

      Zugegeben, süß sind sie ja, die Babys. Diese klitzekleinen Händchen und Füßchen, diese Knubbelnäschen, diese Ärmchen und Beinchen mit Speckfalten. Man muss sie einfach knuddeln und wiegen und ans Herz drücken. Das hat die Natur mit der Erfindung des Kindchenschemas sehr klug eingerichtet. Menschen – nicht alle und nicht immer, schon klar – fliegen auf Niedlichkeit. Das Bedürfnis, etwas so Kleines und Hilfloses zu beschützen, entstammt unserem archaischen Erbe. Anders hätten Menschen sich niemals so rasant vermehren und über die Erdkugel verbreiten können. Denn so bezaubernd diese kleinen zarten Wesen sein können, auch die gewünschtesten Wunschkinder bringen ihre Eltern hin und wieder dem Wahnsinn nahe. Schlaflose Nächte, stundenlanges Mark und Bein erschütterndes Schreien und Rund-um-die-Uhr-Sorge sind dabei nur die Spitze des Eisberges, der Mutter- oder Elternschaft heißt. Es wird selten so benannt, aber Neugeborene und Babys haben allesamt den höchsten Pflegegrad. Ganz im Gegensatz zu den meisten Hochbetagten. 60 Prozent der Fünfundachtzig- bis Neunzigjährigen und 40 Prozent der über Neunzigjährigen benötigen nämlich KEINE Pflege. Von den Sechzig- bis Achtzigjährigen sind sogar lediglich 3,5 Prozent pflegebedürftig. Die Neuankömmlinge auf der Erde dagegen können zu 100 Prozent weder alleine essen noch aufs Klo gehen oder sich anziehen. Und noch gravierender: Sie wissen durchweg nicht, was sie gestern Nachmittag gemacht haben und wo ihre Nase ist.

      Während wir aber das mühsame Aufrichten und Fortbewegen einer Neunzigjährigen im Pflegeheim oft mitleidig oder gar mit Entsetzen beobachten, klatschen wir bei vergleichbaren Bemühungen eines wenige Monate alten Babys entzückt in die Hände: Guck doch mal, was dieses kleine Wunderwesen schon alles kann!

      Ja, ich weiß, zwischen etwas NOCH können und etwas SCHON können besteht ein Unterschied. Im ersten Fall meinen wir die Abwärtskurve geradezu greifen zu können, während wir im zweiten Fall von der Aufwärtsentwicklung überzeugt sind.

      Doch wer sagt eigentlich, dass das Leben eine Linie und kein Kreis ist? Wenn Babys keine für sie sorgenden Erwachsenen haben, sind sie jedenfalls komplett aufgeschmissen. Es ist gefährlich, so hilflos zu sein. Das wissen Babys zwar noch nicht, aber sie fühlen es, beispielsweise dann, wenn sie ganze Häuserblöcke zusammenschreien, weil sie sich mitten in der finstersten Nacht plötzlich verlassen glauben.

      Alles in einem Baby strebt danach, sich zu entwickeln, zu entfalten und die eigenen Fähigkeiten zu entdecken. Das ist schlicht und einfach die wirksamste Überlebensstrategie. Auch wenn das kleine Wesen Hunderte Male auf den Hintern plumpst, bevor es ein paar Schritte allein machen kann, gibt es seine Versuche, laufen zu lernen, niemals auf. Es will unbedingt selbstständig werden, was buchstäblich nichts anderes heißt, als aus eigener Kraft stehen zu können.

      Sicher, Babys, die gut versorgt werden, haben eine Menge Spaß. Sie können sich für so etwas Spannendes wie ihre eigenen Zehen begeistern, selig an der Brust ihrer Mutter saugen oder geborgen auf dem Bauch ihres Vaters schlummern. Die ganze Welt ist für sie eine einzige Wundertüte, und sie kommen aus dem Staunen kaum heraus. Doch sobald sich eines ihrer Bedürfnisse unmissverständlich meldet – essen, trinken, trockene Windeln haben, Körperkontakt –, sind sie auf wohlmeinende Erwachsene angewiesen. Sich das, was sie brauchen, selbst zu verschaffen,


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