Tierkommunikation mit Pferden. Ulrike Dietmann
Ihr Name ist Tinnia. Sie war anders als jedes andere Pferd, das ich kannte. Ich hatte vor, auszureiten, wollte auch Distanzritte machen, wofür sich arabische Pferde besonders gut eignen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass alle Trainingsmethoden bei diesem Pferd nicht funktioniert haben. Ich war ziemlich verzweifelt. Warum kam ich nicht klar mit diesem Pferd?
Hinzu kam, dass jedes Mal, wenn ich bei ihr im Stall war, ich plötzlich aus dem Nichts heraus anfing zu weinen. Ich konnte das nicht verstehen, denn mein Leben war gut. Es gab keinen Grund, traurig zu sein. Aber plötzlich kamen diese Tränen. Bis ich merkte, dass sie zu meinem Herzen sprach. Sie wollte nicht von mir trainiert werden. Sie war meine Lehrerin. Sie wollte mich etwas lehren über das Wesen der Pferde. Und immer, wenn ich mit dem Herzen zuhörte, war alles ganz einfach. Dann war das Reiten einfach, dann war die Bodenarbeit einfach. Dann klappte alles. Aber wenn mein Herz verschlossen war und ich versuchte, etwas zu bewirken, dann ging gar nichts, dann weigerte sie sich. Ich war frustriert.
Nach und nach verstand ich, dass dieses Pferd nicht zum Distanzreiten in mein Leben gekommen war. Sie lehrte mich, eine Stimme zu hören, die in Träumen zu mir kam, in Intuitionen. Es waren Dinge, die mir vertraut waren. Aber trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sie nicht aus mir kamen. Es schien etwas zu sein, was ich schon immer kannte, was ich besonders als Kind gekannt hatte. Eine Welt, nach der ich mich immer gesehnt hatte. Eine Welt, in der ich mich wahrhaft zu Hause fühlte. Wenn ich bei ihr war, hatte ich das Gefühl, ganz und gar ich zu sein. So wie ich wirklich war in meinem Wesen.
Ich habe dann versucht, mehr darüber herauszufinden, was da zwischen mir und Tinnia eigentlich passierte. So habe ich Linda Kohanov kennengelernt und bei ihr in den USA in Arizona eine Ausbildung gemacht (dazu erzähle ich später noch mehr). Anschließend habe ich diese Arbeit nach Deutschland gebracht und selbst begonnen, Menschen zu unterrichten, und ich habe viele Menschen getroffen, die genau danach gesucht haben: nach diesem Weg mit den Pferden. Ich habe gelernt, dass die Stimme der Pferde sehr fein ist. Dass man sehr genau hinschauen muss, dass es eine kleine Bewegung der Ohren ist, oder ein Schweifschlagen, oder ein Ausdruck in den Augen. Und dass der Ausdruck der Pferde oft unsichtbar ist. Dass ich die Pferde noch besser sehen kann, wenn ich sie mit dem Herzen sehe.
Aber wie kann man mit dem Herzen sehen? Hat das Herz eine eigene Sprache?
Ja.
Ich musste die Sprache des Herzens kennenlernen. Mir wurde bewusst, dass es eine Sprache ist, die ich nicht kannte, eine Sprache, die in unserer Kultur nicht unterrichtet wird, aber dass es diese Sprache gibt.
Sie ist wie Poesie, eine ganz eigene Welt. Und je besser ich mich in dieser Welt auskannte, desto besser konnte ich die Pferde verstehen, egal wo ich hinkam. Ich habe sehr viele Pferde getroffen, ich bin an viele Orte gereist. Ich konnte plötzlich ihr Wesen sehen. Ich konnte hören, was sie mir sagten und ich konnte ihre Welt immer besser kennenlernen. Es war eine seelenvolle Welt, eine Welt des Friedens, eine Welt, in der alles verbunden war. Eine Welt von großer Einfühlung.
Ich möchte dir dazu zwei Geschichten erzählen, damit du es besser verstehst.
Tanja war eine sehr empfindsame Frau, feinfühlig, einfühlsam, so wie die Pferde. Aber in der Menschenwelt kam sie nicht gut zurecht. Sie wurde an ihrem Arbeitsplatz gemobbt, sie wurde auch im Stall gemobbt, und sie wurde wegen ihrer Art belächelt. Eines Tages wurde ihr Pferd sehr krank. Es litt an einer Kolik. Der Tierarzt kam und sagte, dass eine Operation ihr Pferd vielleicht retten würde, aber Tanja konnte sich die teure Operation nicht leisten.
Sie war vollkommen verzweifelt. Es war Winter, es war kalt. Ihr Pferd lag da, auf dem Boden im Stall. Da legte sie sich neben ihr Pferd. Und in diesem einen Augenblick hörte sie die Stimme ihres Pferdes in ihrem Herzen und verstand, was es sagte: „Weißt du, all das, was du siehst und wahrnimmst, existiert. Und all die Menschen um dich herum, die sagen, dass du verrückt bist oder zu empfindlich, haben unrecht. Alles, was du wahrnimmst, ist richtig und wahr. Es macht mich so traurig, dich leiden zu sehen. Es macht mich krank. Ich kann dein Leiden nicht länger ertragen.“Und in diesem Moment gab Tanja sich ein Versprechen, sich und ihrem Pferd. Sie versprach, dass sie von jetzt an auf die Stimme ihres Herzens hören würde. Dass sie für sich einstehen würde, dass sie sich wehren würde, dass sie nicht länger dulden würde, dass sie gemobbt wurde und dass man sich über sie lustig machte.
Und ab da wurde ihr Pferd gesund. Jeden Tag ging es ihm besser. Tanja wusste, dass das Pferd die Krankheit erlitten hatte, um ihr etwas zu zeigen. Dass dies seine Stimme gewesen war und dass sie jetzt seine Stimme hören konnte. Und dass sie seiner Stimme vertrauen konnte. Dass seine Stimme ihr helfen würde, ihren Weg zu finden und für sich selbst einzustehen.
Monika war ein Mensch, der in die Herzen der anderen blicken und dort sehr viel Schmerz und Traurigkeit sehen konnte. Sie hatte so etwas wie einen Röntgenblick für andere Menschen. Und wenn sie all das sah, hatte sie das Bedürfnis, den Menschen ihre Hilfe anzubieten, ihnen zu sagen, was sie sah, was den Menschen selbst aber oft nicht bewusst war. Aber wenn sie das tat, wurde sie zurückgewiesen. Dann wurde ihr gesagt, dass sie unverschämt und aufdringlich sei, und dass sie sich täuschte. Monika verzweifelte daran, dass sie all das sehen konnte und dass die Menschen so blind waren und niemand auf sie hören wollte.
Schließlich kam ein Pferd in ihr Leben. Und mit diesem Pferd zusammen lernte sie, dass all das, was sie sehen konnte, richtig war. Sie lernte, dass dieses Pferd auf sie antwortete und dass dieses Pferd ihr Wissen, ihre Weisheit und ihre Intuition nicht zurückwies, in Gegenteil. Dass das Pferd immer, wenn sie ihrer eigenen Intuition folgte, ihre Nähe suchte und sie bestätigte. Durch das Pferd konnte sie schließlich eine andere, sanftere Art lernen, auf Menschen zuzugehen und ihnen so helfen, sich selbst zu sehen, sich wahrzunehmen und ihren Weg zu finden.
Solche Geschichten habe ich viele erlebt. Und ich möchte, dass du deine eigene Geschichte findest, dass du selbst hören kannst, was die Pferde dir zu sagen haben. Dazu habe ich dieses Buch geschrieben. Ich kenne den Weg, ich kenne die Sprache des Herzens. Ich kenne die Schritte auf diesem Weg, ich kenne die Themen, ich kenne das Wissen, das es braucht, weil ich es schon an viele Menschen vermittelt habe und weil ich gesehen habe, wie Menschen es lernen. Denn es ist wirklich erlernbar.
Ich habe gesehen, wie sehr es das Leben der Menschen verwandelt und zu Glück, Gesundheit, Erfolg und positiven Beziehungen beiträgt. Das möchte ich dir vermitteln. Ich möchte, dass du jeden Tag die Stimme der Pferde hörst, damit sie sich verankert in deinem Herzen. Ich möchte dir zeigen, was Pferde uns sagen über Gefühle, über unsere Aufgabe hier auf der Erde. Auch über Pferdetraining, über die Ausbildung von Pferden. Oder über das Reiten. Und was die Pferde uns sagen über die Liebe, über die bedingungslose Liebe, in der wir erkannt werden und in unserem Wesen gesehen werden. Das ist mein großer Wunsch. Ich möchte dich einladen in diese Welt der Pferde. Ich möchte dich einladen, im Spirit der Pferde zu leben. Das ist mein großer Wunsch. Und dabei möchte ich dich begleiten.
Die Dinge kommen zu dir.
Werde empfänglich dafür.
In diesem zweiten Kapitel möchte ich dir eine weitere Fähigkeit mitgeben, die du brauchst, wenn du die Stimmen der Pferde wirklich hören willst. Das ist ein großes Thema, eines, mit dem wir vielleicht gar nicht rechnen, weil wir uns vorstellen, dass es hier um irgendeine Technik geht. Aber es ist die Grundvoraussetzung, wenn du die Stimme eines Pferdes hören möchtest und das ist nicht